Grüne Kreuze an der B9
Bauernprotest in Bobenheim-Roxheim
Die Bauern sind sauer über die Politik von Julia Klöckner, CDU: Nicht nur vor dem CDU-Landesparteitag in Neustadt an der Weinstraße protestieren die Bauern heute (16. November 2019), sondern auch vor Ort ist man über die Agrarpolitik der Bundeslandwirtschaftsministerin aufgebracht. Sichtbares Zeichen des Protestes sind sechs Grüne Kreuze entlang der alten B9 zwischen Worms und Frankenthal, die die Bauern aus Bobenheim-Roxheim aufgestellt haben. „Die aktuelle Agrarpolitik macht die kleinen Höfe kaputt. Demonstrationen sind wichtig, um Aufmerksamkeit zu bekommen, doch die grünen Kreuze zeigen den Leuten, dass es um die Höfe hier im Dorf geht.“, so Rainer Knies aus Bobenheim-Roxheim. Deutschlandweit stehen inzwischen mehr als 10.000 grüne Kreuze, um auf das Höfesterben aufmerksam zu machen.
Initiator der Grünen Kreuze Aktion ist eine Gruppe mit dem Blogger und Landwirt Willi Kremer-Schillings (Bauer Willi). „Wir werden ihnen erzählen, dass dieses ‚Agrarpaket“ (?) nicht nur die Existenz unserer Betriebe gefährdet, sondern auch die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Lebensmitteln.“ schrieb er am 7. September 2019, vgl. "Was einer alleine nicht schafft" In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Zahl der Höfe halbiert. Von den noch verbliebenen Betrieben wirtschaftet die Hälfte im Nebenerwerb, weil das Einkommen aus der Landwirtschaft nicht ausreicht. Gerade bei den Tierhaltern müssen viele Betriebe schließen, weil die neuen Vorgaben Investitionen erfordern, die nur Großbetriebe stemmen können.
„Immer wird die Landwirtschaft verantwortlich gemacht, auch wenn wir überhaupt nichts damit zu tun haben“, sagt Knies, der auch im Bundesausschuss Gemüse des Bauernverbandes mitarbeitet. Im Bobenheim-Roxheim sollten die Bauern z.B. 2018 für die Algenprobleme im Nachtweideweiher verantwortlich sein, was sich aber nach Meinung der mit dem Abfischen beauftragten Berufsfischer als eine Folge der Überfütterung durch Mitglieder des Angelsportvereines herausgestellt hat, vgl. Die Rheinpfalz
Besonders stören Knies die pauschalen Vorgaben. „Wie in der neuen Düngeverordnung gefordert, 20% weniger zu düngen als die Pflanze braucht, kann bei Zwiebeln vielleicht gelingen, aber der Spinat wird dann gelb, bevor man ihn z.B. für Tiefkühlspinat ernten kann“, so Knies. Bobenheim - Roxheimer Böden haben nach seinen Worten in 30 Jahren Bodenanalyse gezeigt, dass sie kaum Stickstoff enthalten. Darum sind hier Sondergenehmigungen notwendig, um überhaupt genügend Dünger für das Wachstum des Gemüses einbringen zu dürfen. Die Proteste kommen keineswegs nur von konventionell wirtschaftenden Betrieben. Auch die Biolandwirte protestieren, denn auch dort muss Pflanzenschutz gemacht und Dünger gestreut werden, was durch die neuen Vorgaben zu Gewässerabständen und Düngung auch für sie schwieriger wird.
Knies will in den kommenden Jahren seinen Betrieb, der sowohl konventionellen als auch Bio-Anbau betreibt, komplett auf Bio-Landwirtschaft umstellen, denn wegen der niedrigen Preise (Zwiebeln kosten 2019 im Mittel genau soviel wie in den 1970-er Jahren) wird die konventionelle Landwirtschaft für kleine und mittlere Betriebe immer weniger auskömmlich. „Ohne die Zuckerrübe fehlt uns z.B. eine wichtige Komponente für die Fruchtfolge, doch die bringt wegen der aktuellen Zuckermarktordnung nur noch wenig Einkommen. Bei manchen Produkten muss man sich vielleicht auch abschotten, um eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen.“, so Knies.
Die Grüne Kreuze Aktion startete im September 2019. Seitdem ist der Protest der Bauern in Deutschland häufiger und lauter geworden. Während sich die Aktion Grüne Kreuze um eine konstruktive Diskussion und den Rückhalt in der Bevölkerung bemüht, treten die Veranstalter der großen Bauerndemonstration in Bonn und anderen Orten in Deutschland am 14. Oktober an, um jenseits von Bauernverband und Lebensmittelindustrie die Politik auf die Nebenwirkungen der aktuellen Agrarpolitik aufmerksam zu machen.
Die Umweltminister der Länder nahmen am Donnerstag von den mit 3500 Treckern nach Hamburg gekommenen Bauern eine Resolution entgegen, die eine Agrarpolitik basierend auf Kooperation und Freiwilligkeit im Natur- und Umweltschutz satt Verboten und Repressalien fordert. Am Samstag überreichten Kinder von Landwirten aus Rheinland-Pfalz am Rande des CDU-Landesparteitages in Neustadt/Weinstraße eine Liste mit Forderungen an Bundesagrarministerin Julia Klöckner. „Mit jedem Landwirt, der seinen Betrieb aufgibt, verschwindet nicht nur fachliches Know-how, sondern auch ein Stück Vielfalt im ländlichen Raum“, so die Veranstalter unter dem Motto „Land schafft Verbindung - Wir rufen zu Tisch“.
Autor:Hermann J. Feise aus Lambsheim-Heßheim |
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