BriMel unterwegs
Präventionsvortrag „Betrug am Telefon“ bei den LandFrauen
Böhl-Iggelheim. Am 29. März hatten die LandFrauen Böhl-Iggelheim einen ganz besonderen Gast, nämlich Polizeihauptkommissar Rayk Schomburg von der Zentralen Prävention des Polizeipräsidiums Rheinpfalz mit Sitz in Ludwigshafen. Es ging um die brisanten Themen
- Überblick über Call-Center-Betrug allgemein
- Enkeltrick
- WhatsApp- bzw. Messengerbetrug
- Falsche Polizeibeamte
- sowie falsche Europol- / Interpolanrufe
Während seines Vortrages beantwortete Herr Schomburg nach den jeweiligen Themenbereichen die von den 28 anwesenden Damen gestellten Fragen. Ich fragte mich, wieso kein einziger Herr zuhören wollte. Bei den „LandFrauen“ sind doch auch Herren willkommen. Das kann doch nur Frauen passieren, dass sie auf so einen Betrug hereinfallen? Weit gefehlt, das geht alle an. Da die Damen sich nun aufklären ließen, sind Frauen wohl cleverer als Männer.
Herr Schomburg war vor kurzem auch beim Präventionstheater in Schifferstadt mit dabei (siehe Bericht https://www.wochenblatt-reporter.de/schifferstadt/c-lokales/premiere-kein-enkel-zu-viel-rate-mal-wer-dran-ist_a450569), das erfolgreich gestartet war. Inzwischen gibt es mehrere Anfragen von anderen Gemeinden, welche das Präventionstheater der Schifferstadter Senior: innen buchen möchten.
Die Leute am anderen Ende der „Telefonschnur“ sind keine Gelegenheitsbetrüger, sondern professionelle Banden aus Call-Centern im Ausland. Gut ausgebildet und gut geplant agieren die Betrüger zumeist aus Polen und der Türkei. Reagieren Angerufene skeptisch haben die Anrufer auf alle möglichen Fragen eine plausible und überzeugende Antwort.
Unter den anwesenden Besucherinnen war die ein oder andere, die bereits Erfahrungen mit solchen Anrufen gemacht hat, aber die Dunkelziffer ist wohl sehr hoch, nicht nur bei den Anrufen, welche ohne Schaden enden – sondern in einigen Fällen wohl auch, weil Scham und Selbstzweifel die Opfer schweigen lassen. Ältere Menschen haben gegenüber Polizei und anderen Behörden noch anerzogenen größeren Respekt als Jüngere – und genau das nutzen die Täter aus - und geraten so ins Visier der Telefonabzocker.
In den meisten Fällen suchen die Betrüger im Telefonbuch nach älter klingenden Vornamen. Dem kann man entgegenwirken, indem man sich aus dem Telefonbuch streichen lässt oder zumindest keine Vornamen genannt werden. Auch Todesanzeigen werden gelegentlich genutzt, um den Hinterbliebenen zu ihrem schmerzlichen Verlust auch gleich noch Angst einzujagen. Und die entsprechenden Daten werden auch gerne von den Betrügern (illegal) gekauft.
Nach einem Rückgang der Zahlen des Enkeltricks in den Jahren vor Corona sowie einem deutlich steigenden Aufkommen von Anrufen Falscher Polizeibeamter ist auch der Enkeltrick wieder sehr in Mode gekommen und bewegt sich beinahe auf dem Niveau der Falschen Polizisten. Und die Schadenshöhen bewegen sich bei all diesen Telefonbetrugsmaschen auf hohem Niveau – allein bei den Falschen Polizisten lag die durchschnittliche Schadenshöhe im vergangenen Jahr bei etwa 29.000 Euro.
Mit „Rate mal, wer dran ist?“ – mit diesen Worten wollen die Enkeltrickbetrüger Vertrauen aufbauen. Reagiert ein Angerufener mit „Sagen Sie erstmal, wer Sie sind!“ hat er schon mal gut reagiert. Auf keinen Fall sollte man mit einer Gegenfrage antworten und Namen raten: „Bist Du das Paul?“ Ja, klar, er ist der Paul, weil den scheint er zu kennen. In dem Fall ist es dann der Enkel oder ein anderer naher Verwandter, der sich in einer angeblichen finanziellen Notlage befindet und dringend Geld Hilfe braucht.
Es folgte ein dreiminütiger Kurzfilm zu dieser Situation zur besseren Veranschaulichung. Der Täter greift den geratenen Namen auf. Gehen Sie auf keinen Fall darauf ein! Besser sollte man es wie in Frankreich einfach nur mit „Hallo!“ versuchen und sich nicht mit Namen zu melden. Hat man Zweifel an der Identität des Anrufers, so kann man Fragen nach Dingen stellen, welche nur der echte Verwandte beantworten kann, oder man ruft ihn unter einer bereits länger gespeicherten Nummer an. Niemals Details zur finanziellen Fragen preisgeben!
Allein in Rheinland-Pfalz sind im vergangenen Jahr 5.495 Fälle des Enkeltricks insgesamt bekannt geworden, und 803 davon führten für die Täter zum Erfolg. Der Gesamtschaden lag bei fast 3.150.000 Euro.
Während es den Enkeltrick am Telefon seit 1998 gibt, versuchen die Betrüger seit 2021 ihr Glück auch über WhatsApp und neuerdings sogar über SMS und andere Messenger. Hier gibt man sich als Kind oder Enkel aus und behauptet, eine neue Handynummer zu haben. Diese sollen die Angeschriebenen nun speichern. Anschließend spinnen die Täter ihre Lügengeschichte fort – angeblich müssen sie dringend eine Überweisung ausführen, jedoch ginge ihr Online-Banking auf dem neuen Handy noch nicht. Daher bitten sie ihre Opfer darum, für sie das Geld zu überweisen. Natürlich wird behauptet, man bekäme das Geld bald zurück. Tatsächlich ist es für immer weg und landet im Ausland.
Beim Falschen Polizisten am Telefon geht es meist darum, dass man dem Angerufenen von einem angeblich bevorstehenden Einbruch berichtet und deshalb angeboten wird, Geld- und Wertsachen abzuholen und bei der Polizei sicher zu verwahren.
Auch wenn jemand antwortet, dass er weder Geld noch Wertsachen zuhause hat ist vor den Betrügern nicht sicher – dann nämlich wird ergänzt, dass auch Mitarbeitende der Hausbank korrupt seien und mit den Einbrechern zusammenarbeiten. Angeblich bestünde die Gefahr, dass das Bankschließfach ausgeräumt wird oder illegal Geld vom Konto abgebucht wird. Gerne bieten die Täter auch an, ein Taxi für die Fahrt zur Bank vorbei zu schicken – genau wie auch beim Enkeltrick. In allen Fällen weisen die Täter ihre Opfer darauf hin, dass sie mit niemandem über die Situation sprechen dürfen.
Die Bankmitarbeitenden sind dahingehend sensibilisiert, bei größeren Bargeldabhebungen älterer Menschen nachzufragen, was der Grund dafür ist. Die wollen Ihnen nichts Böses, sondern vor einem Betrug bewahren. Also nicht etwa auf Anweisung der Gauner den Kauf eines Autos oder Reparaturen am Haus vortäuschen!
Am liebsten ist den Tätern eine „kontaktlose“ Übergabe – Geld und Wertsachen sollen am Besten in einer Tasche oder Tüte im Mülleimer vor der Tür oder im Gebüsch abgelegt werden. Das liegt daran, dass die Abholer, die von den Anrufern vorbeigeschickt werden, oft kaum deutsch sprechen und auch in den meisten Fällen allein wegen ihres Auftretens kaum echte Polizisten durchgehen würden.
Es folgte ein fünfminütiges Video zum Thema Falscher Polizist am Telefon. Schließlich ging Herr Schomburg noch auf die aktuelle Masche der Schockanrufe ein. Die Zahl dieser Anrufe steigt seit 2020 kontinuierlich an – allein 2022 ergaunerten die Täter in Rheinland-Pfalz über vier Millionen Euro auf diese Art und Weise, angerufen wurden über 3.500 Personen, von denen 126 auf den Trick hereingefallen sind. Auch hier in der Vorderpfalz gab es in den letzten Monaten mehrere Fälle dieser Art, teilweise mit Schadenshöhen von etwa 80.000 Euro, in wenigen Fällen sogar noch mehr. Die Täter behaupten immer, dass ein naher Angehöriger einen schweren Verkehrsunfall, meist mit Todesfolge, verursacht habe. Daher sei eine Kaution zu zahlen, um eine Untersuchungshaft abzuwenden. Die Polizei würde niemals eine Kaution fordern, da es so etwas in dieser Form in Deutschland gar nicht gibt. Und bei solch dramatischen Sachverhalten würde die Polizei auch nicht anrufen, sondern persönlich vorbeikommen.
Die Zeit verging bei dem interessanten Vortrag wie im Fluge und wurde mit viel Applaus der anwesenden Damen belohnt wurde. (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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