Dagmar Gilcher erhält Hermann-Sinsheimer-Plakette
Von Cynthia Schröer
Freinsheim. Am Sonntag, 17. März, um 11 Uhr, zeichnet Stadtbürgermeister Matthias Weber die Kulturredakteurin der „Rheinpfalz“ Dagmar Gilcher mit der Hermann-Sinsheimer-Plakette aus. Die promovierte Musikwissenschaftlerin hat so manche Überraschung parat, beispielsweise, wenn sie eine ihrer Pfalzgeschichten mit dem Satz beginnt: „In (fast) jedem Pfälzer steckt ein Schweizer.“ Mit der Plakette werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich um Literatur verdient gemacht haben. Gilcher lade ihre Leserschaft ein, dem Pfälzischen mit einem anderen, wacheren Blick zu begegnen, urteilt die Jury. „Die Neugier ist geweckt und ein Aha-Erlebnis garantiert, wenn wir zu Ende lesen.“
Die Berichte von Dagmar Gilcher gehen den Lesern besonders nah, weil sie von Lebenswegen erzählt und Namen nennt. Wie den von Hans Heinrich Lattschar, einer der vielen Schweizer, die nach dem 30-jährigen Krieg in der Pfalz Wurzeln schlugen und Höfe gründeten.
Ein Teil der deutschen Kultur verschwindet
Ein Thema, das Gilcher am Herzen liegt, sind die Pfälzer Juden und ihre Geschichte. „Es liegt in unserer Verantwortung, gerade darauf einzugehen“, betont Gilcher. Mit den Juden sei auch ein großer Teil der deutschen Kultur verschwunden, unter anderem seien viele jüdische Komponisten zu Unrecht vergessen worden.
„Das ist ein Unding.“ Doch Vorwürfe macht sie vielen Menschen von damals nicht: „Unsere Großväter und Urgroßväter lebten in einem anderen Umfeld. Sie wussten es oft nicht besser, waren indoktriniert“, merkt sie an. Mit ihrer Aufarbeitung der einzelnen Schicksale will sie für die Thematik sensibilisieren und dazu beitragen, dass sich ähnliche Muster in der Geschichte nicht wiederholen.
Auch der Blick über den Zaun zu anderen Ländern – vor allem zu den französischen Nachbarn – ist ihr wichtig. „Es gilt, alles zu tun, dass die Verbindung zwischen Pfälzern und Franzosen freundschaftlich gestärkt wird. Irgendwelche Landesgrenzen sollen kein Grund sein, Menschen zu entzweien“, erklärt Gilcher ihre Intention.
Gilcher hegt Begeisterung für Frankreich
Gefragt, worauf sich ihre Begeisterung für Frankreich beziehe, antwortet sie: „Die Musik, die Lebensart, die Kultur, die Sprache, das Essen und Trinken.“ Dieses Zitat erinnert an ein anderes, das von Hermann Sinsheimer stammt und seine Freude über seine Pfälzer Heimat zum Ausdruck bringt: „Das pfälzische Dorf Freinsheim, in dem ich geboren bin, fließt über von Geschichte, Wein und Obst.“
Über viele berühmte Pfälzer Köpfe hat Dagmar Gilcher geschrieben, so auch über Rafik Schami und den verstorbenen Roland Paul, die beide vor ihr eine der beiden die Hermann Sinsheimer gewidmeten Ehrungen erhielten. Mit dem Elsässer Martin Graff, der auf „der anderen Seite“ wirkte, den Freinsheimern wohlbekannt und 2022 verstorben, hat sie vieles gemeinsam – vor allem den kritischen Blick auf Grenzen, die die emotionale Verbundenheit zwischen den Deutschen und Franzosen nicht repräsentieren.
Am Samstagabend, 16. März um 19 Uhr, erinnert Dagmar Gilcher auch an den ihr Seelenverwandten. Ihre Lesung stellt sie unter das Motto „Lob des Gedankenschmuggels“ und nimmt uns mit auf eine Reise, auf der sie die Zuhörer zu Grenzgängern macht, die der Vergangenheit und Zukunft nachspüren, auf der einen und der anderen Seite.
Der Eintritt für die feierliche Preisverleihung ist frei. Die Laudatio hält der Mundartautor und Liedermacher Volker Galle, Plakettenträger 2022. Musikalische wird die Verleihung von der Band „Immergrün“ begleitet. Einen Text von Hermann Sinsheimer aus seiner Autobiografie „Gelebt im Paradies“ liest Schauspielerin Anja Kleinhans.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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