Herta Müller erhält den Hermann Sinsheimer-Preis 2019
In ihren Texten setzt sie dem Schmerz eine Erinnerung
Freinsheim. Die Sinsheimer-Jury der Stadt Freinsheim hat der Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Herta Müller den Hermann-Sinsheimer-Preis für Literatur und Publizistik zugesprochen. Stadtbürgermeister Matthias Weber überreicht ihr den Preis am Sonntag, 24. März 2019 um 11 Uhr im Freinsheimer von-Busch-Hof.
Die Jury ist beeindruckt, wie Herta Müller dem Schmerz, den totalitäre Machthaber mit ihren menschenverachtenden Kontrollmechanismen und Schindereien der Psyche zufügen, eine Erinnerung setzt: In ihren Texten thematisiert sie die destruktiven Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen und erzählt davon, wie Vertrauen und Würde verloren gehen und Freundschaften zerbrechen. Sie schildert eindrücklich, wie die Agitatoren Menschen im täglichen Leben demütigen, wie sie sie ausgrenzen und verfolgen und so eine Atmosphäre von chronischer Bedrohung, Verunsicherung und Angst erzeugen, um ihre Macht zu stabilisieren.
Herta Müller musste die Grauen der Ceaucescu-Diktatur bis zu ihrer Ausreise 1987 aus Rumänien erleben. Ihren Erfahrungen jener Zeit hat sie schonungslos und poetisch zugleich Ausdruck verliehen. In ihren öffentlichen Auftritten stellt sie sich gegen jegliche Form der Unterdrückung und fordert auf, sich selbst treu zu bleiben und sich für Freiheit und Menschenrechte einzusetzen. Als Initiatorin und Schirmherrin für ein Museum des Exils engagiert sie sich dafür, dass Überlebende faschistoider Systeme ein Forum haben, um ihre Erfahrungen der Nachwelt weiterzugeben.
Mit ihrem Werk und ihrem Wirken fügt sich Herta Müller ein in die Reihe der bisherigen Preisträger und Preisträgerinnen, die menschenverachtendes Gedankengut und Handeln verabscheuen. Sie sensibilisiert ihre Leser dafür, hellhörig zu bleiben, die manipulative Kraft der Diktatoren rechtzeitig zu erkennen und sich ihr mutig auf der Basis unserer humanistischen und demokratischen Werte zu widersetzen.
50 Jahre vor der Einreise Herta Müllers nach Deutschland sah Hermann Sinsheimer keine andere Möglichkeit mehr, den Nationalsozialisten zu entkommen und verließ schweren Herzens seine Heimat und Sprachwelt. Wegen seiner jüdischen Herkunft behinderte ihn das Naziregime in seiner Berufsausübung als Journalist bis hin zum Berufsverbot. Mit dem Literaturpreis hält die Stadt Freinsheim das Andenken an ihn und sein Schicksal wach, stellvertretend für all die anderen Opfer.
Am Vorabend der Preisverleihung, am Samstag, 23. März, um 19 Uhr, können Interessierte die zukünftige Preisträgerin Herta Müller und ihr Werk im Gespräch mit Jürgen Wertheimer, Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaften an der Universität Tübingen, näher kennen lernen. Er hält auch die Laudatio am Sonntagmorgen.
Termine und Eintritt:
Karten für beide Veranstaltungen können ab sofort reserviert werden.
Die Veranstaltung am Samstagabend, 23. März, 19 Uhr, kostet 10 Euro Eintritt.
Die Preisverleihung am Sonntag, 24. März, 11 Uhr, ist kostenfrei.
Reservierung über den i-Punkt Freinsheim, Telefon: 06353 98 92 94 erforderlich.
Autor:Franz-Walter Mappes aus Bad Dürkheim |
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