Jugendorchester Grünstadt trifft französisches Jugendorchester aus Carrières
Orchesterfahrt nach Saint Mihiel und Freundschaftskonzert mit vielen Eindrücken
Von Valerie Philippsen
Leiningerland. Vom 9. bis 11. November trafen sich französische und deutsche Musikerinnen und Musiker von zehn bis zwanzig Jahren, um bei einem gemeinsamen Konzert in Saint Mihiel (nahe Verdun) aufzutreten. Die Orchestermitglieder aus den Partnerstädten Grünstadt und Carrières sur Seine reisten zunächst zu einem intensiven Arbeitswochenende an. Nach vorbereitenden Proben jeweils zuhause vereinten sie sich zu einem großen Klangkörper mit über siebzig Teilnehmern, dem „Orchestre de l“amitié“. Neben dem musikalischen Schwerpunkt des länderübergreifenden Projekts gab es aber auch viel Historisches für die Jugendlichen zu verdauen: Die geschichtsträchtige Region hat bis heute noch sichtbare Narben von dem zermürbenden Stellungskrieg des Ersten Weltkriegs vorzuweisen. So zerpflügten über achtzig Millionen Granaten regelrecht ehemals blühende Landschaften und von der Gegend um Verdun existierten nach den Schlachten nur noch endlose Schlammwüsten. Von ganzen Dörfern blieb nichts mehr übrig – kein Stein stand mehr auf dem anderen. Richard Martin als Orchesterleiter auf deutscher Seite führte die jungen Teilnehmer auf der Hinreise behutsam in die schwierige Thematik ein, um sie auf die kommenden Eindrücke vorzubereiten. Von französischer Seite aus – vor allem in Saint Mihiel – wurde das Konzert des „Orchestre de l“amitié“ als wichtiges Symbol für die inzwischen langjährige deutsch-französische Freundschaft und für den dauerhaften Friedenswillen beider Völker verstanden. Es fand am 101. Gedenktag zum Ende des Ersten Weltkriegs statt – für Frankreich ein wichtiger Nationalfeiertag.
Nachfolgende Auszüge aus dem Erlebnisbericht einer 13 Jahre jungen Teilnehmerin aus Grünstadt geben einen kleinen Eindruck des dicht gepackten Wochenendes wieder:
9. November 2019
Um 6.45 Uhr trafen wir uns vom Jugendorchester Grünstadt (eine Kooperation des Orchesters der Musikschule Leinigerland mit dem Schulorchester des Leininger-Gymnasiums) an der Musikschule zur Abfahrt nach Saint Mihiel. (…) Wir kamen gegen 11 Uhr dort in der Jugendherberge an. Die Zimmer waren bereits eingeteilt und meist waren Franzosen und Deutsche gemischt, um sich besser kennenzulernen. Nach dem gemeinsamen Mittagessen gingen wir gleich los, aber nicht etwa zu den Proben: Zunächst fuhren wir mit dem Bus in den nahegelegenen Wald und besichtigten dort bei einer geleiteten Führung die Schützengräben der französischen und deutschen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Dadurch wurde uns die damalige Zeit anschaulich und sehr plastisch nahe gebracht. Nach den erschreckenden, aber dennoch auch für uns Schüler interessanten Eindrücken kehrten wir zurück nach Saint Mihiel und begannen mit den gemeinsamen Orchesterproben. (…) Sowohl die französische Dirigentin, Anne Marie Mosser, als auch unser Dirigent, Richard Martin, lobten die gute Konzentration der Schüler in der Probe. Der Abend klang mit gemeinsamen Spielen und ein paar Runden Tischkicker aus, um die französisch-deutsche Freundschaft zu stärken.
10. November 2019
Am nächsten Tag begannen wir gleich nach dem Frühstück gemeinsam intensiv zu proben. Beim gemeinsamen Mittagessen konnten wir uns erholen und stärken, denn der Nachmittag versprach wieder spannend zu werden. Mit dem Bus fuhren wir nach Verdun, um die Zitadelle aus Kriegszeiten zu besichtigen. Zunächst gab es eine Stadtrundfahrt, während ein Reiseleiter geschichtliche Fakten über das an der Maas liegende Verdun erzählte. Danach besichtigten wir die Zitadelle: In Neunerguppen fuhren wir mit einem elektronisch gesteuerten Wagen die unterirdischen, dunklen Gänge entlang, wobei wir an verschiedenen Stellen durch nachgestellte Szenen, kurzen Videos oder nachgebauten Gegenstände in die Zeit und Lebensweise der Soldaten im Ersten Weltkrieg entführt wurden. Es war wie in einem Kino mit fahrenden Sitzplätzen. Anschließend wurden noch Ausstellungsstücke von preußischen Pickelhauben über Wurfgranaten bis hin zu Schuhbürsten gezeigt. Es war eine sehr gelungene Art und Weise, uns die Zeit zwischen 1914 und 1918 näherzubringen und ich denke, wir alle haben dadurch viele erschütternde wie auch interessante Eindrücke mit auf unseren Weg genommen. (…)
11. November 2019
An unserem letzten Tag stand das Konzert bevor. Nach dem Frühstück wurde wieder gemeinsam geprobt. Und danach stand wieder etwas Besonderes auf dem Programm: Wir gingen alle zu einer Zeremonie, denn heute war ja der französische Nationalfeiertag zum Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Opfer. Die Zeremonie begann mit Ansprachen, während französische Männer mit Fahnen vor einem Kriegsdenkmal standen. Zwischendurch spielte die Saint Mihieler Blaskapelle. Für uns war es sehr interessant, zu sehen, wie die Zeremonie den Opfern zu Ehren ablief, denn diese militärische Art kannten wir aus Grünstadt bisher nicht. Nach der Rückkehr in die Jugendherberge aßen wir zu Mittag, räumten anschließend unsere Zimmer und luden das Gebäck schon einmal in den Bus. (…) Das Konzert begann um 15.00 Uhr. Der Konzertsaal war reichlich besucht und nachdem die Saint Mihieler Blaskapelle ein Stück zu Beginn des Konzerts gespielt hatte, boten wir den „Winter“ aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ dar. Der erste Satz wurde von Amelie Kleber (14 Jahre) als Solistin an der Violine vorgetragen, im zweiten Satz zeigte Isabella Krassnitzer (11 Jahre) ihr Können und im dritten Satz durfte ich, Valerie Philippsen (13 Jahre), den Part der Solovioline übernehmen. Weiter im Programm ging es mit Musik aus dem Ballett „Schwanensee“ von Peter Tschaikowsky. Wir präsentierten auch noch „Crystallize“ von der Pop-Geigerin Lindsey Stirling, vier kurze Filmmusikstücke und „La Vie Parisienne“ von Jaques Offenbach. Als freundschaftlichen Höhepunkt spielten wir „Ode an die Freundschaft“, arrangiert von Volker Gütermann, angelehnt an Beethovens „Ode an die Freude“ sowie einer Mischung aus der französischen und deutschen Nationalhymne und einem Hauch von Musik der Beatles. Die drei Dirigenten wechselten sich beim Dirigieren ab und hatten sichtlich ihren Spaß. Das Publikum sparte nicht mit Beifall und das letzte Stück spielten wir einfach nochmal als Zugabe (…).Nach dem Konzert gab es noch ein paar Kleinigkeiten zum Essen und Trinken, Handynummern wurden zwischen Deutschen und Franzosen ausgetauscht und gegen halb sechs sind wir dann aus Saint Mihiel abgereist. ps
Autor:Franz-Walter Mappes aus Bad Dürkheim |
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