Weit mehr als Hanteln stemmen – Gewichtheberin Lisa Karp über Vorurteile und hartes Training für Europa- und Weltmeisterschaft
Grünstadt/Kirchheimbolanden. Joggen, Aerobic-Kurse, Wandern –das antworten viele Frauen auf die Frage, wie sie sich körperlich fit halten. Ähnliches hat Lisa Karp aus Kirchheimbolanden vor einigen Jahren auch noch geantwortet, nun geht sie einem für Frauen recht außergewöhnlichen Hobby nach: Die 39-Jährige ist Gewichtheberin beim KSV Grünstadt. In dieser Sportart ist sie nicht nur in ganz Europa, sondern weltweit erfolgreich. Redakteurin Cynthia Schröer hat mit der Sportlerin, die derzeit in Uster in der Schweiz wohnt, über ihr schweißtreibendes Hobby und Vorurteile gesprochen. Wie sie sagt, erfordert dieser Sport weit mehr als pure Muskelkraft.
Frau Karp, wie kamen sie zum Gewichtheben?
Karp: Zu der Sportart bin ich erst sehr spät erst mit Anfang dreißig übers Crossfit gekommen, denn Gewichtheben ist ein Bestandteil davon. Ich habe schnell gemerkt, wie sehr ich das Gewichtheben mag, der technische Aspekt dahinter, die mentale Stärke, die man gemeinsam mit dem Körper trainieren muss. Mir wurde klar, dass ich mich nur dann wirklich verbessern und erfolgreich werden kann, wenn ich mich ausschließlich darauf konzentriere. Daher bin ich zum reinen Gewichtheben gewechselt.
Haben Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?
Karp: Meine Familie und Freunde waren zuerst skeptisch, da es gerade für eine Frau keine gewöhnliche Sportart ist. Es gibt sehr viele Vorurteile, die über das Gewichtheben kursieren wie: Man macht sich den Rücken und die Knie kaputt, Frauen sehen irgendwann aus wie Männer und so weiter. Diese mussten natürlich widerlegt werden. Aber sie haben gemerkt, wie viel mir der Sport gibt und bedeutet, wie er mich körperlich und vor allem mental gestärkt hat. Mittlerweile sind Freunde und Familie richtige Fans geworden und fiebern immer mit, wenn es zu Wettkämpfen geht.
Welche Disziplinen gibt es beim Gewichtheben und welches Gewicht stemmen Sie?
Karp: Zum einen gibt es das Reißen. Dabei liegt die Langhantel horizontal vor den Beinen des Hebers. Sie wird mit den Handflächen nach unten gefasst und in einer einzigen Bewegung vom Boden mit ausgestreckten und senkrecht stehenden Armen über den Kopf gestemmt. Zum anderen gibt es das Stoßen. Das besteht aus zwei Teilabläufen: Erst wird die Langhantel auf die Schultern umgesetzt, dann über den Kopf gestemmt.
Im Reißen stemme ich aktuell 70 Kilogramm, im Stoßen 86 Kilogramm.
Wie sieht Ihr reguläres Training aus?
Karp: Normalerweise trainiere ich viermal pro Woche. Eine Einheit dauert inklusive Aufwärmen und dehnen am Schluss zweieinhalb bis drei Stunden. Wenn größere Wettkämpfe wie die Masters EM/WM anstehen, stellt mein Trainer dafür einen Trainingsplan zusammen, damit ich optimal vorbereitet dort starten kann. Wenn ich in der Schweiz bin, trainiere ich allein und sende meinem Trainer Videos zur Analyse. An meinen freien Tagen bin ich meist bei meiner Familie in der Pfalz und trainiere in Grünstadt beim KSV mit meinem Trainer John Attilo.
Was müssen Sie vor großen Wettkämpfen zusätzlich beachten?
Karp: Da ich bei internationalen Wettkämpfen in der Gewichtsklasse bis 64 Kilogramm starte, muss ich schon ein bis zwei Monate vorher einen sehr strikten Ernährungsplan einhalten, um zum Wettkampf das Gewicht zu erreichen. Meist trainiert man zwei bis drei Kilogramm über der Gewichtsklasse, um die besten Ergebnisse zu erzielen, und reduziert dann das Gewicht über den Ernährungsplan zum Wettkampf hin.
Zusätzlich ist Erholung ein wichtiger Punkt: Viel Schlaf, Sauna und Massage gehören in den Wochen vor dem Wettkampf einfach dazu. Genügend Schlaf ist für mich als Schichtarbeitende nicht immer einfach zu erreichen, aber meine Firma und die Kollegen unterstützen mich da immer sehr.
Was waren bisher die größten Erfolge in Ihrer Sportlerkarriere?
Karp: Der größte Erfolg war sicher der Gewinn der Silbermedaille im Juni in Norwegen bei den European Masters Weightlifting Championships in der Altersklasse 35- bis 40-Jährige bis 64 Kilogramm.
Auf der WM vergangenes Jahr in Krakau habe ich den vierten Platz belegt und ich bin Südwestdeutsche Meisterin meiner Alters- und Gewichtsklasse.
Was sind ihre sportlichen Ziele?
Karp: Definitiv mit dem KSV Grünstadt weiterhin erfolgreich zu sein und die Mannschaft mit meinen Punkten zu unterstützen. Eine Medaille bei der Weltmeisterschaft in Finnland im September wäre auch ein Traum. Und am wichtigsten natürlich: Gesund bleiben, damit ich dem Sport noch lange nachgehen kann.
Autor:Cynthia Schröer aus Landstuhl |
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