Wärmebilddrohnen gegen den qualvollen Mähtod - mit den Kitzrettern unterwegs
Berg. Es ist fünf Uhr früh, an einem Wiesenrand bei Berg - die Drohne ist startbereit, die ehrenamtlichen Kitzretter aus dem Landkreis Germersheim sind es auch. Es dauert nicht lang, da schlägt Drohnenpilot Matthias Metz Alarm, ein kleiner schwarzer Punkt auf dem Schirm der Wärmebildkamera zeigt an: hier könnte sich - gut versteckt im hohen Gras - ein Tier befinden. Per Funkgerät werden die Retter durch die Wiese zum Zielpunkt geführt. Langsam und leise nähern sie sich - und finden nur noch wenige Schritte entfernt ein kleines Rehkitz, das sich kauernd im schützenden Gras versteckt. Mit Handschuhen, Grasbüscheln und sicherem Griff packt Dominik Gehrlein schnell zu und setzt das Tier in eine luftdurchlässige Plastikkiste, die - mit einem Deckel verschlossen - an einen sicheren Ort gebracht wird. Hier verbleibt das Kitz bis die Wiese gemäht ist und wird dann in sicherer Umgebung in der Nähe des Fundortes ausgesetzt, damit die Mutter es schnell wieder aufspüren kann.
"So ist das bei den Rehen. Während die Mutter ihrem Fluchtinstinkt folgt und wegrennt, lässt sie ihre Jungtiere im Schutz des hohen Grases geduckt zurück. Vor ihren Fressfeinden sind sie so sicher, die scharfen Klingen der Mähwerke bedeuten jedoch den sicheren Tod", erklärt Dominik Gehrlein, Jäger und ehrenamtlicher Kitzretter. "Ich mache das hier aus Überzeugung und gehe danach direkt zur Arbeit ins Büro. Es ist mir ein Anliegen, die Tiere vor dem qualvollen Leid zu bewahren. Jetzt, in der Hauptzeit kann es schon sein, dass wir mehrmals am Tag rausmüssen, aber jedes Tierleben, das wir retten, ist diesen Einsatz wert", sagt er.
Der Mähtod bedeutet großes Leid für die Tiere
Oft sind die beim Mähen angefahrenen Tiere nicht gleich tot, verlieren Beine oder werden durch Schnitte schwer verletzt und müssen qualvoll leiden. Das bleibt ihnen nun durch den Einsatz der ehrenamtlichen Retter erspart. Auch für viele Landwirte ist das Leid der Tiere nur schwer zu ertragen. Ulrich Maier, dem die Wiese in Berg gehört, ist deshalb froh, dass es die Kitzrettung nun auch im Landkreis Germersheim endlich gibt. "Das ist eine riesige emotionale und psychische Belastung - jedes Mal beim Mähen. Das Leid der verletzten Tiere mit ansehen zu müssen ist schrecklich und dann die Mutter, die noch tagelang später auf die Wiese zurückkommt und nach ihrem Kind sucht, das sind unerträgliche Bilder. Ich bin froh, dass ich dem nun selbst entgegenwirken kann, indem ich die Wiese vor dem Mähen abfliegen lasse. Denn während des Mähens ist es fast unmöglich, die Tiere rechtzeitig zu erspähen."
Für ihn war es deshalb selbstverständlich, vor dem Mähen die Kitzretter zu verständigen. Innerhalb weniger Tage war ein Termin gefunden. Um 5 Uhr morgens wird die Wiese abgeflogen, dann ist es noch kühl genug, um die Tiere mit der Wärmebildkamera zu lokalisieren. Danach muss gleich gemäht werden. Denn findet man ein Kitz, soll das ja nicht stundenlang in einer Kiste ausharren müssen, sondern schnellstmöglich wieder an den ursprünglichen Platz zurück.
Noch agieren nicht alle Landwirte so vorbildlich wie Ulrich Maier. Auch wenn es das Tierschutzgesetz mittlerweile eigentlich vorschreibt, sind noch nicht alle für das Thema sensibilisiert. Aber die Kitzretter hoffen, dass sich ihr Angebot weiter herumspricht und immer mehr Landwirte von dem Angebot Gebrauch machen. Denn die Drohnen-Tierrettung war von Tag eins ein voller Erfolg. Bereits am ersten Einsatztag der Kitzretter wurden unter Mitwirkung von Landwirten und Pächtern in Leimersheim und Zeiskam insgesamt fünf Rehkitze und ein Entengelege mithilfe der Drohnen aufgespürt und vor dem sicheren Mähtod gerettet. Seither sind noch viele mehr dazu gekommen - Rehkitze, Feldhasen, Fasane und andere Tierarten. "Wir arbeiten mittlerweile in zwei Gruppen, mit den zwei Drohnen", berichtet Matthias Metz, der die Kitzrettung im Kreis Germersheim koordiniert. "Vernetzt sind wir über eine WhatsApp-Gruppe, so dass immer schnell Helfer für die Einsätze gefunden sind." Er freut sich über die große Hilfsbereitschaft der Menschen und das Entgegenkommen der meisten Arbeitsgeber. "Wir treffen da auf viel Verständnis", berichtet er. So wurde die Kreisgruppe der Jäger bei der Anschaffung der beiden Drohnen, die jeweils rund 7.500 Euro kosten, unter anderem auch von der Sparkassenstiftung unterstützt.
Weiterführende Information
Die Jäger der Kreisgruppe Germersheim beteiligen sich seit diesem Jahr mit zwei Wärmebilddrohnen aktiv an der Wildtierrettung. Nachdem sechs Drohnenpiloten ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, sind sie seit einigen Wochen in den frühen Morgenstunden mit den neu angeschafften Drohnen und freiwilligen Helfern unterwegs, um Wildtiere und Gelege in Wiesen vor dem Mähen aufzuspüren.
Wer seine Wiesen mähen möchte hat dafür Sorge zu tragen, dass bei der Mahd der landwirtschaftlichen Flächen möglichst keine Wildtiere zu Schaden kommen. Insbesondere in der Brut- und Setzzeit bis 15. Juni sind Jungtiere stark gefährdet. Junge Feldhasen und auch Rehkitze zeigen keinen Fluchtreflex, sondern ducken sich bei Gefahr tief ab. Was vor Raubtieren wie dem Fuchs eine gute Tarnung verspricht, schützt nicht vor großen Kreisel- oder Balkenmähern.
Bei den morgendlichen Einsätzen zur Kitzsuche sind Helferinnen und Helfer jederzeit willkommen. Ansprechpartner bei der Jägerschaft der Kreisgruppe Germersheim ist Matthias Metz per E-Mail an Kitzretter-GER@gmx.de
Die Landwirte werden gebeten sich mit dem zuständigen Jagdpächter in Verbindung zu setzen.
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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