Symposium mit rund 150 Teilnehmenden
Maßregelvollzug

Intensive Diskussion beim Symposium.  | Foto: Pfalzklinikum
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Klingenmünster. Ob fünf Prozent der Patienten des Maßregelvollzugs rückfällig werden oder ob 95 Prozent es schaffen, nach der Entlassung straffrei zu bleiben, ist eine Frage der Perspektive: Ist das Glas halb leer oder ist es halb voll? „Nicht nur was ich sage, sondern auch wie und in welchem Kontext ich es sage, kann einen feinen Unterschied machen“, erinnerte Dr. Eva Biebinger, Chefärztin der Klinik für Forensische Psychiatrie des Pfalzklinikums, bei ihrer Einführungsrede zum Symposium Maßregelvollzug (MRV) mit dem Schwerpunkt Kommunikation und Trialog. Bei der ganztägigen Veranstaltung am Standort Klingenmünster diskutierten rund 150 Teilnehmende aus den Bereichen Justiz, MRV-Kliniken, Sozialarbeit und der Zivilgesellschaft, aber auch Mitarbeitende des Pfalzklinikums und Mitglieder des Beirats Maßregelvollzug darüber, wie man mit der richtigen Kommunikation Stigmatisierung von (ehemaligen) Patienten des Maßregelvollzugs abbauen und wie ihre Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft gelingen kann. Das hänge nicht nur von den Betroffenen selbst, sondern auch vom Denken und Handeln aller Beteiligten ab, waren sich die Teilnehmenden einig: „Wir sind alle nur Menschen und jeder hat eine zweite Chance verdient.“
Wie Stigmatisierung entsteht, welche Rolle Denkmuster und Medien dabei spielen und mit welcher Sprache man ihr entgegenwirken kann, erklärte Dr. Eva Baumann, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Um unseren Alltag zu vereinfachen, denken wir automatisch in sogenannten „Frames“, sagte sie. Auf der Grundlage individueller Erfahrungen ordne man Situationen und Personen in gedankliche Schubladen ein. Eine differenzierte, inklusivere und positivere Sprache über den Maßregelvollzug sowie über die Patienten, die dort behandelt werden, könne helfen, den Blickwinkel der Menschen darauf zu verändern.
Unterschiedliche aktuelle Blickwinkel, zum Beispiel aus Sicht der Presse, der Politik, von Betroffenen selbst, aber auch von Mitarbeitenden und Nachbarn des Pfalzklinikums hörten die Teilnehmenden, bevor sie ihre eigene Meinung bei den Tischdiskussionen am Nachmittag einbringen konnten. Den Wunsch der Teilnehmenden nach mehr öffentlicher Diskussion, Begegnung mit Betroffenen und Berichterstattung über Erfolgsgeschichten machten die Ergebnisse einer Live-Abstimmung deutlich. Das sei nötig, um Ängste abzubauen und das Verständnis zu fördern, lauteten Stimmen aus dem Publikum. Eine Erfolgsgeschichte konnte schon auf der Tagung bewundert werden. Patienten aus dem Maßregelvollzug des Pfalzklinikums hatten eine Ausstellung mit ihrem Blick auf Gesellschaft und den Umgang mit den Menschen, die im Maßregelvollzug behandelt werden, gestaltet. Ein von Patienten gestaltetes Café war ein oft besuchter Ort für den Austausch am Rande des Symposiums.
Für die Zukunft des Trialogs zwischen Betroffenen, Behörden, Behandelnden und der Zivilgesellschaft skizzierten die Teilnehmenden des Symposiums das Wunschbild eines freundlichen und alltäglichen Kontakts und der unvoreingenommenen Betrachtung und Annahme (ehemaliger) Patienten des Maßregelvollzugs. Bei dem abschließenden Vortrag von Dr. Christa Pfafferott, Autorin und Regisseurin, formulierte sie einen unüberhörbaren Appell an die Einrichtungen des Maßregelvollzugs: „Öffnen Sie Ihre Einrichtungen für den Dialog mit den Medien und Journalistinnen und Journalisten, seien Sie mutig.“ ps

Autor:

Britta Bender aus Annweiler

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