The Power of Color - Rita Rohlfing und Heiner Thiel: Installation, Wandobjekte und Reliefs
Ladenburg. Die galerie linde hollinger zeigt in der Ausstellung „ The Power of Color“ Malerei, Bildobjekte und eine raumbezogene Installation von Rita Rohlfing sowie Reliefs von Heiner Thiel. Das bildnerische Mittel Farbe steht im Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung beider Kunstschaffenden. Die Ausstellung wird Samstag, 27. April, 18 bis 21 Uhr eröffnet und läuft bis Samstag, 22. Juni.
Die Wirkkraft der Farbe wird zum Ausgangspunkt der künstlerischen Gestaltung, wenn Rita Rohlfing in der galerie linde hollinger den Raum mit der Fensterfront zur Hofseite in eine Installation aus Farbe und Licht verwandelt. Folien in verschiedenen Rottönen werfen ihr farbiges Licht auf silberne, reflektierende Flächen. In den drei Dimensionen des begehbaren Bildes ist dem Betrachter die Möglichkeit geboten, sich ganz und gar auf das Phänomen Farbe und dessen Wirkung auf Körper und Geist einzulassen.
In Rohlfings Environment scheinen durch die Reflexionen und Transparenzen von Farbe und Licht die Koordinaten der Räumlichkeit, wie man sie kennt und in der man sich normalerweise sicher von A nach B bewegt, teilweise aufgehoben zu sein. Sie erzeugen eine situative Irritation, die darüber hinaus auch eine philosophische Fragestellung aufwerfen könnte: Inwieweit sollten Erfahrungen und die daraus gewonnenen Standpunkte und Sichtweisen sowohl real als auch ideell immer wieder hinterfragen und gegebenenfalls revidieren?
Irritierend sind auch die Wandobjekte aus Rohlfings Serie „secret spaces“. Auf den ersten Blick scheint es sich um Reliefs zu handeln. Doch weit gefehlt! Die scheinbare Plastizität ist illusorisch und allein der Konzeption und Gestaltung geschuldet. Die völlig plane Fläche simuliert ein räumliches Objekt. Der Eigenfarbe des Aluminiums wird eine weitere Farbe auf der größeren Fläche kontrastierend gegenübergestellt. Die Lackierung wurde in mehreren Schichten aufgetragen und geschliffen. Die Oberflächenstruktur ist somit leicht porös und wirkt samtig. Da sich die Lackfarbe aus verschiedenen farbigen Pigmenten zusammensetzt, erzielt Rohlfing ein Aufschimmern verschiedener Farbtöne.
Rohlfings Werkgruppe „color spaces“ hat dagegen etwas Geheimnisvolles. Wesentlich für diese Arbeiten ist die Ambivalenz von Form und Nichtform. In diesen räumlichen Wandobjekten zeigen sich Farbe und Nichtfarbe. Welche Trägermaterialien die Künstlerin verwendet hat und wie sie in diesem Raumgebilde angeordnet wurden, wird durch die Verwendung von milchigem Glas undeutlich und verklärt. Das „Wie“ im Inneren dieser Raumplastik bleibt ein Geheimnis. Die Valeurs der Farbe und die Hell-Dunkel-Kontraste werden somit zu immateriellen Phänomenen, die sich im Zusammenspiel von Licht und Perspektive permanent ändern.
Die Wandobjekte von Heiner Thiel ziehen den Betrachter ebenfalls in ihren Bann, da auch hier die einzelne Farbe in Interaktion mit Licht und Perspektive einerseits der Intention seines eigenen Werkverständnisses und andererseits der Definition der Radikalen Malerei entspricht: Geometrische Formen, wie das Quadrat oder das Rechteck, aber auch freie Formen aus Aluminium, die er sowohl dünn- als auch dickwandig ausführt, biegen sich konkav nach vorne in den Realraum, so dass auch das Metall an den Rändern und der gekrümmten Rückseite weiterhin zu sehen ist. Die Wölbung dieser Reliefs ist nicht zufällig, sondern es sind mathematisch berechnete Segmente gedachter Kugeln.
Die sogenannte Eloxalfarbe, die Heiner Thiel verwendet, wird durch ein besonderes technisches Verfahren aufgetragen, wodurch sie gleichmäßig monochrom die Innenfläche des Segments bedeckt. Die Größe seiner Farbobjekte variiert von gerade mal 15 auf 15 Zentimeter bis zu eineinhalb Quadratmeter. Aus der Formgebung und der Objektgröße wird auch eine Tiefe gewonnen, die auf die stereometrische Figur der Kugel schließen lässt und deshalb progressiv zunimmt. Die Wandobjekte reichen in die dritte Dimension, wodurch sie je nach Distanz mehr oder weniger einen Farbraum mit lichten und verschatteten Partien präsentieren.
Rita Rohlfing wurde 1964 in Bad Oeynhausen geboren. Die Malerin, Fotografin, Bildhauerin und Installationskünstlerin lebt und arbeitet in Köln. Von 1985 bis 1991 studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. 1992 wurde sie von Bernd Minnich und Roland Dörfler zur Meisterschülerin ernannt. Im selben Jahr erhielt sich das Dragoco-Stipendium für junge Künstler im Rudolf-Jahns-Haus Holzminden. 1994 erhielt sie ein DAAD-Stipendium für die USA und studierte an der School of Visual Arts in New York City. 2002 war sie Stipendiatin der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, 2004 wurde sie als Nachwuchsstipendiatin von der Kunststiftung NRW gefördert. Sie ist Preisträgerin des 10. Leo-Breuer-Förderpreises 2018.
Heiner Thiel wurde 1957 in Bernkastel-Kues geboren. Der Bildhauer lebt und arbeitet in Wiesbaden. Von 1978 bis 1982 studierte er Bildende Kunst und Kunstgeschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Sein Studium setzte er von 1983 bis 1985 an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste, Städelschule Frankfurt am Main unter anderem in der Bildhauerklasse von Prof. Michael Croissant fort. 1987 und 1996 lehrte er an der California-State-University Chico (USA). 1985 erhielt er den Förderpreis für bildende Künstler der Stadt Mainz, im folgenden Jahr den des Landes Rheinland-Pfalz. 1988 folgte der erste Preis, Förderpreis junge Künstler der Saar-Ferngas AG, Saarbrücken und der ESWE-Kunstpreis für Plastik in Wiesbaden (dritter Preis).
Rita Rohlfing und Heiner Thiel sind national und international sehr erfolgreich. Ihr Schaffen wurde über die Jahrzehnte ihrer künstlerischen Tätigkeit mehrfach in Einzel- sowie in Gruppenausstellungen präsentiert und gewürdigt. Werke von ihnen befinden sich sowohl in öffentlichen Sammlungen und Museen als auch in bedeutenden Privatsammlungen. hät/red
Autor:Kristin Hätterich aus Mannheim |
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