Aus der Pfalz in die Welt
Mehr Gottesdienstbesucher in Heßheim durch Streaming
Mehr als 1200 Menschen haben an der Osternachtfeier 2020 in St. Martin teilgenommen, dabei fasst die kleine Kirche in Heßheim nicht einmal ein Fünftel davon. Wegen der Einschränkungen aufgrund der Corona-Bekämpfungsverordnung werden die Gottesdienste aus der Kirche, die zur Pfarrei Hl. Petrus in Norden des Rhein-Pfalz-Kreises gehört, weltweit als „Gottesdienst-livestream“ über Youtube verbreitet. „Wir haben regelmäßig Teilnehmer aus Italien, der Schweiz und Polen und auch mal aus Pakistan, die meisten kommen aber natürlich aus der Pfarrei und der näheren Umgebung“, so Pfarrer Michael Baldauf (59), der die Livestreams ins Leben gerufen hat, „ein Teilnehmer aus Brasilien steht sogar jeden Sonntag um 4:00h Ortszeit auf, um an unserem Gottesdienst teilzunehmen.“
Begonnen haben die Livestreams mit dem Gottesdienst zum Josef-Fest am 19.03.2020, an dem gleich über 600 Personen teilnahmen. „Sofort als öffentliche Gottesdienste verboten wurden, habe ich eine E-Mail an die Gemeindemitglieder geschrieben und um Unterstützung gebeten. Schon in der ersten Woche nach dem Verbot waren wir online“, berichte Pfr. Baldauf stolz. Aufgebaut hat er das Streaming gemeinsam mit Christoph Trifterer aus der Gemeinde St. Martin, zunächst mit dem einigen Laptop, einer vorhandenen Webcam und einem geliehenen Mikrofon, welches sie vor einem der Lautsprecher in der Kirche aufgestellt haben. Kaufen mussten Sie lediglich 80m Ethernet-Kabel, um den Laptop in der Kirche mit dem Internetzugang im Pfarrbüro zu verbinden. Erfahrungen mit Livestreaming hatten sie beide nicht, dennoch blieben die technischen Probleme überschaubar. Die „Hänger“ beim Gottesdienst in der Osternacht führt Pfr. Baldauf eher auf die hohe Auslastung des Internets zu Ostern als auf Probleme vor Ort zurück. Inzwischen haben sie eine bessere Kamera und ein anderes Tonübertragungssystem gefunden, so dass Rauschen und Lichtprobleme der Vergangenheit angehören.
Die Akzeptanz der Gottesdienstübertragung im Internet ist gut, erläutert Silke Fink (51), Vorsitzende des Gemeindeausschusses in St. Martin: „Die Messdiener wollen z.B. alle mitmachen, obwohl sie anfangs wegen der Abstandsregelungen eigentlich fast nichts tun durften.“ Sie selber ist als Lektorin mit im Livestream, was allerdings nicht alle Lektoren mitmachen mochten. „Es ist schon etwas anderes zu einer Kamera zu sprechen und anfangs war man sehr angespannt, aber man gewöhnt sich daran“, so Fink. Rückmeldungen zu den Gottesdiensten kommen über den YouTube Chat, über Facebook und E-Mail oder auch auf der Straße. „Gerade Ältere sind oft noch sehr vorsichtig und mögen auf Furcht vor Ansteckung noch nicht wieder in die Kirche zum Gottesdienst gehen“, erläutert sie. Aus den Rückmeldungen ist auch bekannt, dass kaum jemand allein vor dem Computer sitzt, um dem Gottesdienst zu folgen. Die offiziellen YouTube Zahlen sind also eher niedriger als die tatsächlichen Teilnehmerzahlen.
Durch die vorsichtige Öffnung der Gottesdienste für Besucher hat die Anzahl der Online-Teilnehmer inzwischen um ca. ein Drittel abgenommen, aber immer läuft an jedem Sonntag der Gottesdienst aus Heßheim auf etwa 100 Bildschirmen. Die Messen am Donnerstag sind mit 20 – 40 online – Teilnehmern deutlich weniger besucht, aber immer noch folgen mehr Menschen dem Gottesdienst online, als vor Corona in der Kirche dabei waren. Diese Beobachtung teilen die Hessheimer mit vielen anderen Gemeinden, die in der Corona Zeit Livestreams von ihren Gottesdiensten angeboten haben. Das Bistum Regensburg, dessen Gottesdienste aus dem Dom sonntags mehr als 10.000 Zuschauer hatten, hat das Streaming inzwischen wieder eingestellt. In Heßheim will man aber zumindest bis zum Ende der Corona-Einschränkungen weitermachen, auch wenn die aktuelle Absprache zwischen den deutschen Bistümern und der GEMA Livestreaming nur bis zum 15.September 2020 vorsieht. Hier hoffen Baldauf und Fink auf eine entsprechende Verlängerung der Regelungen.
Die Gottesdienstvorbereitung für einen Livestream geschieht anders als für einen „normalen“ Gottesdienst, erläutert Pfr. Baldauf, denn man müsse zu Leuten sprechen, die man nicht sehe. Daher muss man anders erklären, langsamer und deutlicher sprechen und ist ganz anders angespannt. Schon einige Tage vorher muss er die Voranzeige in YouTube erstellen, damit der Link auf der Livestream-Webseite der Pfarrei gesetzt werden kann. Außer über Youtube kann man dem Livestream auch über den facebook-Account der Gemeinde St. Martin folgen. Die Organisten müssen frühzeitig ihre Liedauswahl schicken, denn diese wird ebenfalls auf der Webseite veröffentlicht, so dass online-Teilnehmer auch mitsingen können. Außerdem baut Pfr. Baldauf jeden Sonntag passend zum Sonntagsevangelium vor dem Altar mit biblischen Erzählfiguren eine Szene auf, die dann über den gesamten Gottesdienst im Bild ist, und zu einem Wahrzeichen des Heßheimer Livestreams geworden sind.
Gottesdienste aus St. Martin, Heßheim werden jeden Donnerstag um 18:30h und jeden Sonn- oder Feiertag um 10:30h gestreamt. Für den 30.08.2020 plant die Pfarrei Hl. Petrus einen Open Air Gottesdienst mit dem Thema „Komm zu uns“ live vom Adolph-Kolping-Platz zu übertragen. Interessierte finden die aktuellen Informationen zu Terminen und Links zu vergangenen Gottesdiensten unter gottesdienst.pfarrei-heiliger-petrus.org .
Autor:Hermann J. Feise aus Lambsheim-Heßheim |
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