BriMel trifft
die „Vulkanier“ Yannick Scherthan und Dr. Oliver Schwenn
Albersweiler: Nach einer kurzen Island-Reportage in der SWR-Landesschau hatte ich großes Interesse, die beiden Pfälzer Fotografen, Yannick Scherthan und den promovierten Geografen Oliver Schwenn zu einem Gespräch zu treffen. Diese Reise zum Fagradalsfjall auf Island hat eine Menge Aufsehen erregt und Yannick Scherthan sieht seitdem in einen ziemlich vollen Terminkalender. Aber am 14. Mai war es dann so weit und ich konnte ihm und dem in Aarhus/Dänemark lebenden Auswanderer Oliver Schwenn via Telefon meine Fragen stellen.
??? Unternehmt ihr beiden öfter solche abenteuerlichen Reisen oder seid ihr auch in größeren Gruppen unterwegs?
Schwenn: Das ist für uns beide die erste gemeinsame Tour ins Ausland, die wir jetzt und vor allem sehr spontan gemeinsam unternommen haben. In der Vergangenheit haben wir viele kleinere Touren gemacht und sind meist morgens zum Sonnenaufgang zu den schönsten Plätzen im Pfälzerwald aufgebrochen.
??? Wie kam es, dass ihr in diesen ungewissen Corona-Zeiten und genau zu diesem Zeitpunkt reisen konntet? Wie lange war es schon geplant?
Scherthan: Wir haben von dem Vulkanausbruch auf Island am 19. März in den Medien gehört und dann gingen auch schon relativ schnell Bilder um die Welt die uns unglaublich fasziniert haben. Wir liebäugelten beide mit dem Gedanken den Vulkan zu besuchen, waren uns aber zeitgleich bewusst, dass in Corona-Zeiten eine solche Reise nicht ganz einfach umzusetzen war.
Schwenn: Für mich als Geografen war es schon lange ein großer Traum einmal einen aktiven Vulkan aus nächster Nähe zu beobachten und als Fotograf dieses Erlebnis in der spektakulären Landschaft Islands quasi vor der Haustür zu haben, das i-Tüpfelchen. Der Vulkan hatte uns natürlich sofort in seinen Bann gezogen, nur wie sollten wir gerade in dieser Zeit so schnell da hinkommen? Die Einreisebestimmungen für Island sahen für Ungeimpfte eine fünftägige Quarantäne vor. Das war zumindest für mich unumgänglich.
Scherthan: Ich hatte ja den großen Vorteil schon geimpft zu sein, somit mussten wir nur die Anreise entsprechend aufeinander abstimmen. Oliver ist ja als Fotoguide und Reiseveranstalter ständig in Skandinavien unterwegs und so haben wir uns gegenseitig motiviert das Projekt irgendwie umzusetzen. Die Flüge haben wir dann nach ein paar Telefonaten sehr kurzfristig gebucht.
??? Also ein aktiver brodelnder heißer Vulkan hat Euch eher angezogen als dass ihr Angst hattet?
Schwenn: Definitiv JA, Angst wäre hier völlig fehl am Platz gewesen. Eher Respekt vor der doch recht komplizierten Logistik. Der Vulkan selber ist zwar immer ein Naturereignis, dessen Entwicklung nur bedingt vorhersagbar ist, aber eben doch so gut von den Experten vor Ort einschätzbar, dass da Angst unangebracht gewesen wäre. Uns hat das extrem angezogen und so waren die fünf Tage im Quarantänehotel zwar lang, aber auf jeden Fall lohnend, diese Zeit zu investieren.
??? Ihr habt Euch ja im Vornherein intensiv mit Vulkanen befasst denke ich.
Schwenn: Ja, schon während meines Studiums. Vulkane sind mir daher nicht unbekannt. In dem Fall war es so, dass man natürlich viel dazu gelesen hatte und wusste, aber so etwas live und mit allen Sinnen zu erleben eben doch noch einmal etwas völlig anderes ist. Wo hat man schon die Gelegenheit einem aktiven Vulkan so dicht gegenüber zu stehen, ohne sich in große Gefahr begeben zu müssen.
??? Wie lange wart ihr dort und wie habt ihr übernachtet? Doch nicht im Zelt oder?
Scherthan: Nein, das war so, dass wir natürlich unterschiedlich lange Zeit auf Island verbracht haben. Oliver ist 5 Tage vor mir angereist um die Quarantäne „abzusitzen“ und dann sind wir gemeinsam am 26. April gestartet und hatten insgesamt vier Tage bzw. Nächte am Vulkan. Oliver musste danach leider schon wieder zurückfliegen, während ich noch zwei Tage auf Island zum Fotografieren nutzen konnte. So hatte ich effektiv eine Woche und Oliver vier Tage, es hat sich aber absolut gelohnt.
Wir haben in Hotels in der Hauptstadt übernachtet bzw. Oliver im erwähnten Quarantänehotel, wo er auch wirklich streng überwacht wurde und am Tag nur maximal 30 Minuten Ausgang hatte. Als seine Quarantäne-Zeit vorüber war sind wir dann nach Grindavik gefahren – das ist ungefähr 10 Minuten vom „Vulkanparkplatz“ entfernt – und haben uns hier ein kleines Appartement gemietet, wo wir dann während der Tage am Vulkan übernachtet haben. Tagsüber waren wir eigentlich durchgehend fotografieren. Morgens nach dem Aufstehen wurden noch die Bilder der vorausgegangenen Nacht gesichtet und alles gespeichert. Dann ging es aber wieder zügig hoch zum Vulkan, so dass wir auch viele verschiedene Lichtstimmungen mitnehmen konnten.
??? Und dann seid ihr jeden Tag dort hoch? Bepackt mit der ganzen schweren Kameraausrüstung?
Schwenn: Ja, wir hatten jeder so zwischen 18 bis 20 kg Gepäck auf dem Rücken, also Kameraausrüstung mit Stativ, Drohne, Verpflegung usw. und sind dann diese gut 1 bis 1,5 Stunden Wanderung vom Parkplatz aus hoch marschiert, um uns dort oben dann die entsprechenden Locations auszusuchen, von wo aus wir die besten Perspektiven bekamen.
??? Also ich muss sagen, dass mir sowohl die Filmaufnahmen als auch die Fotos wahnsinnig gut gefallen. So etwas live zu sehen wird auch einer der Höhepunkte in Eurem Leben sein. Stimmts?
Scherthan: Definitiv ja. Da sind wir uns beide uneingeschränkt einig. Das ist mit Sicherheit ein absolutes Lebenshighlight. Hinzu kommt, dass man wirklich das Ganze mit allen Sinnen erleben konnte. Nicht nur, dass es ein spektakulärer Anblick ist; man hat wirklich das Dröhnen von der Lava, die ausgeworfen wird, im Ohr, man hat den Rauch, der nach Schwefel riecht, in der Nase und fühlt die Hitze, die der Vulkan und die Lava abstrahlt, auf der Haut. Es ist wirklich ein unbeschreibliches Gefühl und etwas, an das wir uns mit Sicherheit ein Leben lang erinnern werden.
??? Wie sehen denn nun die Pläne aus? Ihr wollt doch bestimmt auf Tour gehen und Vorträge über eure spektakuläre Reise halten. Wird das deutschlandweit sein oder bleibt ihr eher so in der Pfalzregion?
Scherthan: Es war im vornherein schon klar, dass der SWR einige Bilder davon im Rahmen vom Natürlich! – Magazin nutzen wird. Im Nachhinein muss man wirklich sagen, dass die Bilder so spektakulär geworden sind, dass ganz viele Fachmagazine und Fernsehsender darauf aufmerksam wurden, so dass wir da schon viel drüber gesagt haben. Da wird es auch in Zukunft das ein oder andere geben. Wir haben geplant, in der dunkleren Hälfte des Jahres, also im Winter, dann auch einen größeren Vortrag zu halten, der zum einen zum Vulkan berichten soll, aber zum anderen auch speziell über Island an sich als Reiseland für Fotografen. Oliver ist Polarlichtexperte und hat diese in nahezu jeder erdenklichen Situation schon fotografieren können. Da wird er auch mit Sicherheit noch einiges dazu berichten können, so dass wir denken, dass das ein richtig toller Vortrag werden kann.
??? Also wo kann man entsprechende Termine über so einen Vortrag finden?
Scherthan: Wir halten die Menschen über unsere Websites yannickscherthan.com und arcticpictures.de auf dem Laufenden. Zudem gibt es Neuigkeiten immer wieder auch über die sozialen Netzwerke.
??? Wo geht denn die nächste Reise hin? Gibt es schon Pläne?
Schwenn: Ich bin als Reiseveranstalter und Reiseleiter mit meinen Fotogruppen oft im Norden unterwegs. Aktuell stehen die Chancen gut, die nächste geplante Tour im September auf die Lofoten und Vesterålen mit meinen Kunden durchführen zu dürfen. Privater Natur gibt es noch keine Pläne. Da ich im Februar nach Dänemark ausgewandert bin, gibt es im Moment auch hier viel Neues, was entdeckt und erschlossen werden kann.
??? Habt ihr auch mal angedacht, das Erlebte als DVD-Film herauszubringen? Oder vielleicht ein Buch darüber zu schreiben?
Scherthan: Ein Kurzfilm ist sicherlich eine spannende Möglichkeit, das Erlebte den Menschen zu zeigen. Oliver hat bereits einen Kurzfilm auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht. Sicherlich wird es da noch einen gemeinsamen Film von uns geben. Ob dieser jedoch auf DVD erscheinen wird, wissen wir noch nicht.
??? Also ich freu mich schon sehr auf Vulkane und alles andere, was ihr uns Daheimgebliebenen zeigt. Als wir 2010 in Urlaub auf Island waren hatte der Eyjafjallajökull bereits seinen Ausbruch beendet. Aber ich wäre auch nie so mutig gewesen wie ihr, sondern hätte mich in Sicherheit gebracht. Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei euren weiteren Reisen.
Scherthan: Vielen Dank (beide). Uns hat die Reise wahnsinnig Spaß gemacht und es macht auch große Freude, die Erlebnisse mit allen hier zu teilen.
Schwenn: Ein solch einschneidendes Erlebnis, und das war es für uns definitiv, live dabei zu sein wie Landschaft und Erde entsteht, das wird man nie vergessen. Wenn ich heute meine Bilder anschaue und immer wieder noch neue entwickle, dann bekomme ich Gänsehaut. Einfach Momente für die Ewigkeit.
(mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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