Fortbildungsreihe "Philosophie und Naturwissenschaften" der Stiftung Pfalzmetall
"Philosophie und Informatik" am Sickingen-Gymnasium Landstuhl

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Die Stiftung Pfalzmetall hat es sich zur Aufgabe gemacht, die sogenannten MINT-Fächer an den Schulen in der Pfalz durch das Angebot interessanter Fortbildungen für Lehrkräfte zu fördern. Ein ganz besonderes Fortbildungsangebot stellt dabei die Reihe „Philosophie und Naturwissenschaften" dar, zu deren dritter Veranstaltung mit dem Titel „Philosophie und Informatik“ Dipl.-Volkswirt Felix Mayer von der Stiftung Pfalzmetall interessierte Lehrkräfte an das Sickingen-Gymnasium eingeladen hatte. Das SGL ist als Veranstaltungsort ausgewählt worden, weil hier als einziger Schule in Rheinland-Pfalz das Fach Philosophie in der Oberstufe als Leistungsfach gewählt werden kann.
Dipl.-Inf. Torsten Nieland von der Universität Göttingen, der die Fortbildungsveranstaltung leitete, ist studierter Informatiker und unterrichtet als Dozent in Göttingen unter Anderem Wissensmanagement und Lernstrategien, nachdem er vorher längere Zeit als Informatiker, Unternehmensberater und Projektleiter, z.B. in Mexiko für Volkswagen, gearbeitet hatte. Nieland unterstrich im Hinblick auf seine Erfahrungen, wie wichtig die fächerübergreifende Bildung im Berufsleben sei, da insbesondere bei interkultureller Zusammenarbeit oft alles schiefgehe, was schiefgehen könne, wenn alle Beteiligten vom Studium und von der Ausbildung her nur die naturwissenschafltich-technische Perspektive kennengelernt haben
Torsten Nieland begann seinen Vortrag mit einer überraschenden Feststellung: „Zwei der mit der Bezeichnung MINT gemeinten Fächer sind keine Naturwissenschaften, sondern Geisteswissenschaften, nämlich Mathematik und Informatik.“ Schon die alten Griechen hätten gewusst, dass die Mathematik die Welt und die Natur nicht so erfasse, wie sie materiell sei, sondern nur so, wie sie sich im Experiment ideell darstelle. Ein Schal und ein Apfel, wenn man sie von einem Turm fallen lässt, kommen zu unterschiedlichen Zeiten unten an, auch wenn das mathematische Gesetz aus der Physik besagt, dass sie gleichzeitig ankommen müssen. Das tun sie aber nur unter experimentellen Bedingungen, durch die die Mathematik die Welt scheinbar berechenbar machen kann. Einige Gebiete der Mathematik als Wissenschaft dagegen haben (anders als das Schulfach) mit Anwendungen nichts zu tun, sondern nur mit der Erforschung geistiger Strukturen, wobei es den Mathematikern, wie in den anderen Geisteswissenschaften, primär um das „Verstehen“ geht.
Genauso geht es in Informatik nicht um Technik, auch nicht um Computer, sondern um "Informationen" und um Möglichkeiten, diese in Computersprachen zu kodieren. Was eine Information ist, lässt sich nur geisteswissenschaftlich bestimmen. Die Definition, die zum Beispiel die Wirtschaftswissenschaften für "Information" verwenden, kann man nur als „metaphysisch“ und auf keinen Fall als naturwissenschaftlich bezeichnen: Informationen werden "aus Daten hergestellt", die ein „immaterielles, wirtschaftliches Gut“ sind.
Die aktuellen Entwicklungen der Informatik im Bereich der Künstlichen Intelligenz und der Virtuellen Realität sind schon jetzt weltweit dabei, die Lebens- und Arbeitswelt der Menschen grundlegend zu verändern: Anwendungen der Informatik im Bereich Medizin, Autonomes Fahren, Lernen, Robotik etc. werden schon in naher Zukunft unseren Alltag in nicht vorhersehbarer Weise verändern und viele Arbeitspätze obsolet werden, andere aber entstehen lassen. Um die Schülerinnen und Schüler auf diese Entwicklung vorzubereiten und um diese bewältigen zu können, wird es sicher nicht reichen, dass nur einige Schülerinnen und Schüler mehr als bisher Informatikunterricht erhalten. Auch Studium und Ausbildung werden sich verändern. Ein fächerübergreifender Unterricht wird genauso notwendig, der die Schülerinnen und Schüler auch in die Lage versetzt, in größeren Zusammenhängen zu denken und mit Veränderungen und Unsicherheiten besser umgehen zu lernen.
Die Fortbildungsveranstaltung machte deutlich, dass es verheerende Folgen haben könnte, wenn die Naturwissenschaftler, Techniker und Ingenieure die Perspektive der Geisteswissenschaften auch in Zukunft ganz vernachlässigen. Sonst könnten sie etwa glauben, dass sie durch Messen Autos sauberer bekommen können, weil sie außer Acht lassen, dass man zunächst die Zusammenhänge verstehen muss, die auch nicht nur die Chemie und die Technik, sondern z.B. auch die Ökologie, die Gesundheit, das Zusammenleben, die Ethik etc. betreffen. Es ist auch nur schwer zu verstehen, warum dem Fach Philosophie sonst in Deutschland nur eine ganz geringe Bedeutung beigemessen wird, so dass die große Mehrheit der Schülerinnen und Schüler noch nicht einmal die Möglichkeit hat, an Philosophieunterricht teilzunehmen, während Bildung andererseits allgemein als unser wichtigster "Rohstoff" gilt.
Der Philosophielehrer Achim Jung, der im Rahmen seines Philosophiestudiums in Frankreich auch Informatik studiert hat, hielt schließlich noch einen Vortrag zum Thema „Virtuelle Realität“. Er machte am Beispiel von Platons Höhlengleichnis und der Monadologie von Leibniz deutlich, dass es diesen Begriff in der Philosophiegeschichte schon lange gibt. An konkreten Beispielen erläuterte er Chancen und Risiken, die mit der Realisierung virtueller Welten einhergehen und vor welche philosophischen Fragen und Probleme uns die Virtuelle Realität stellt.
Die Veranstaltungsreihe wird im April 2019 in Neustadt an der Weinstraße mit einer Veranstaltung zur „Philosophie der Technik“ fortgesetzt. Leiter der Tagung wird Prof. Dr. phil Dr.-Ing. Jürgen Franz von der Hochschule Düsseldorf sein.

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Autor:

Achim Jung aus Landstuhl

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