BriMel unterwegs
Florian Kaiser und "Der Teufel mit den drei goldenen Haaren"
Heidelberg. Am Wochenende 20.-21. August war die Bundesstraße B37 zwischen Alter Brücke und Bauamtsgasse wegen des Events „Sommer am Fluss“ gesperrt. Kein Wunder, dass Parkplätze mehr als rar waren, aber ich schaffte es trotzdem pünktlich um 14 Uhr zum Krahnenplatz zur Aufführung der Wanderbühne „Theater Carnivore“. Angekündigt war die Premiere eines ganz tolles Erzähltheaterstück, nämlich „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ mit Garn gesponnen und aus dem Nähkästchen geplaudert unfrei nach dem Text der Brüder Grimm von Florian Kaiser. Neben den aufgebauten Bänken zum Lauschen der Geschichte war noch eine Hüpfburg aufgebaut, so dass Florian Kaiser etwas lauter mit seiner Stimme dagegenhalten musste. Er las nicht etwa aus dem Buch der Gebrüder Grimm, nein, er schauspielerte mit Herzblut und zog alle Register seines Könnens. Seine Mimik und Gestik passten sich seinen Worten hervorragend an. Er performte die Geschichte mit eigener Wortwahl sehr witzig und kindgerecht. Viele Kinder mit ihren Elternteilen lauschten begeistert seiner Darbietung.
Er begann mit den Worten „Die Leute sind früher nicht so alt geworden wie heute und haben mit 14 Jahren geheiratet.“ Er zog das Glückshemd an, das er für die Geschichte brauchte. „Jedoch ein bisschen heißt heute! Vielleicht könnt ihr euch das Glückshaut einfach vorstellen. Ich zieh es besser wieder aus.“
Es war einmal eine arme Frau, die ihren Sohn mit Glückshaut zur Welt brachte. – Er schaute im Lexikon nach dem Begriff „Glückshaut“. „Die wissen es auch nicht genau und so muss man es sich vorstellen.“ Er begann nochmal von vorne. „Es war einmal eine arme Frau, die gebar ein Kind und das hatte eine Glückshaut. Es begab sich, dass der König in das Dorf kam und keiner wusste, dass es der König war. Er suchte das Kind mit der Glückshaut, denn so etwas hatte er noch nie gehört. Es wurde geweissagt, dass er im Alter von 14 Jahren die Königstochter heiraten würde. Der König aber hatte ein hartes Herz und kaufte den armen Leuten ihr Kind ab, legte es in eine Schachtel und warf es in den Graben. Florian Kaiser grübelte beim Betrachten seiner Schachtel „Waren die Kinder früher kleiner?“ Die Schachtel hatte nämlich recht kleine Ausmaße. Aber die Schachtel ging nicht unter, sondern schwamm den Graben entlang bis zu einer Mühle. Zwei Meilen vor der Hauptstadt fischte der Müllersbursche die Schachtel aus dem Wasser und fand den Jungen. Die Müllersleut‘ nahmen das Kind wie ihr eigenes an und zogen es auf.
Es passierte noch allerhand, aber ich möchte ja nicht die ganze Geschichte erzählen. Nur in Stichpunkten: Es kamen noch Räuber ins Spiel, ein Fährmann, der eine große Rolle in dem Stück spielen sollte, ein versiegelter Brief, der umgeschrieben wurde und darin nicht getötet sondern geheiratet werden sollte, nämlich die Königstochter.
Die Königin ließ eine große Feier vorbereiten. Der König rief wutentbrannt „Hast du noch alle Zacken in der Krone?“ Er rief „Wenn jemand meine Tochter heiraten will, der soll mir drei Haare aus der Hölle des Teufels bringen.“ Das Glückskind traf auf seinem Weg zum Teufel auf den Fährmann, um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen, denn die Hölle ist immer auf der anderen Seite des Flusses. „Ist die Hölle im Neckar?“ rief Florian. Da wird das Glückskind von der Ellermutter* (hier hatte ich Fragezeichen in den Augen) in eine Ameise verwandelt. Der Teufel riecht es aber trotzdem und ruft „Ich rieche, rieche Menschenfleisch!“ Dabei schnuppert Florian in der Zuschauermenge nach dem „Corpus Delicti“. Die Ellermutter riss dem schnarchenden Teufel nach und nach jeweils ein Haar aus. Der Teufel flippte aus, was ihr denn einfiele. Sie nahm die Ameise aus ihrer Rockfalte und gab ihr die drei Haare. Ende gut, alles gut und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute.
Den tosenden Applaus nach der Vorstellung hatte er sich redlich verdient. Er gab noch den Hinweis auf folgende Vorstellungen hier auf dem Platz und dass er Morgen nochmal um 16 Uhr den „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ spielen wird.
(mel)
*Im Niederdeutschen sind auch die Bezeichnungen Ellermutter (Eldermutter) für die Großmutter sowie Eldervater für den Großvater üblich. Ellermutter wurde auch außerhalb des niederdeutschen Sprachraums durch das Grimmsche Märchen Der Teufel mit den drei goldenen Haaren bekannt.
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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