Die Spitzklicker
40 Jahre Kabarett vom Feinsten – Hut ab, Spitzklicker!

Auf gehts !
Daniel Möllemenn,  Susanne Mauder, Markus König,und Franz Kain | Foto: Wolfgang Neuberth
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    Daniel Möllemenn, Susanne Mauder, Markus König,und Franz Kain
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(BT) „Wenn ein Löffelchen von Zucker, bittre Medizin versüsst…“. Diese berühmte Liedzeile aus dem Musical „Mary Poppins“ kann wahrlich bei den Spitzklickern umgedichtet werden in „Wenn ein Löffelchen von Humor, bittre Wahrheiten entschärft…“. Und dieses Kunstwerk vollbringen die Spitzklicker in der Region seit nunmehr 40 Jahren, zwar nicht mehr in der Originalbesetzung, aber diese Truppe, die gestern auf der Bühne stand, ist tatsächlich bereits in dieser Konstellation seit nunmehr 25 Jahren zusammen, in Deutschland einmalig. Chapeau oder auf gut Deutsch „Hut ab“, kann man da nicht oft genug betonen. Im Januar haben diese vier Kabarettakrobaten Franz Kain, Markus König, Susanne Mauder und Daniel Möllemann ihr Jubiläumsprogramm in ihrer Heimat der „Alten Druckerei“ in Weinheim gestartet und sind nun im Franziskussaal auf dem Mannheim-Waldhof im Rahmen der Kulturtage Waldhof auf der Zielgerade angekommen mit den beiden vorletzten von 40 Veranstaltungen, während die letzte Vorstellung die Jubiläumstour wieder in Weinheim beendet. Das Jubiläumsprogramm war einmal mehr gespickt von sketchartig oder musikalisch vorgebrachter Alltagssatire und gesellschaftlichen und politischen Seitenhieben auf das aktuelle Zeitgeschehen. Kommt „Mutter Erde“ zum Arzt … und klagt bitterlich über ihr diversen Problemchen. Sie hat Homo Sapiensitis, auf gut deutsch Menschenbefall, was sich insbesondere in den letzten 200 Jahren zunehmend verschlimmert habe und sich äußere durch globalen kreisrunden Baumausfall, zunehmende Atemnot, Hitzewallungen und anderen heftigen Symptomen. Als Therapie empfiehlt der Arzt, um das Problem baldmöglichst in den Griff zu bekommen, die Selbstheilungskräfte durch vermehrte Klimakatastrophen zu mobilisieren. Außerdem würden die Menschen irgendwann autoaggressiv und das Problem erledige sich von ganz allein. Mit dem Lied „Tschüß, mach’s gut, mein lieber Regenwald“ nimmt das Quartett der Darbietung ein wenig von der bitteren Schärfe. Bittere Wahrheiten nur mit einem Löffelchen voll Humor erträglich. Aber auch das aktuelle politische Geschehen wurde satirisch aufs Korn genommen. In einem mit köstlichen Soundeffekten (Markus König) verstärkten Live-Spiel zieht Robin Hood, Held im gleichnamigen mittelalterlichen Epos und Retter der Armen, in der heutigen Zeit eigentlich von der Sozialdemokratie verkörperte Tugenden, kurzerhand das Geld von den eigentlichen Bedürftigen (Susanne Mauder) ab und beglückt stattdessen die reichen Lords Lord Laschet, Sir Merz und Lord Söder (Daniel Möllemann) damit. Verkehrte Welt. Aber Rettung ist in Sicht, die neue Rächerin Sahra Wagenknecht ist nicht weit.
In dem Programmpunkt „Kurpfälzer Harmonists“ ziehen die Vier in dem 20er-Jahre-Medley Vergleiche zwischen der politischen Situation der derzeitigen Zwanziger Jahre mit den „Goldenen“ Zwanzigern der Weimarer Republik vor genau 100 Jahren und stellen erstaunliche und erschreckende Parallelitäten fest, sei es das herrschende Parteienchaos, die überbordene Größe des Kabinetts, der allgemeine Rechtsruck, Desinformation und Hetzrede („Wir sind von Kopf bis Fuß auf Hetze eingestellt“), Kriegstreiberei, Inflation, außenpolitische Bedrohung („Veronika, der Russ‘ ist da“) und ziehen daraus zum Schluss die Erkenntnis, dass der Mensch nix dazugelernt hat („Was kann die Menschheit denn dafür, dass sie so blöd ist“). Aber das Proletariat begehrt auf mit Forderung auf Arbeitszeitverkürzung („Wochend‘ ab Donnerstag“). Und auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach, mutiert von der „Corona-Knalltüte“ zur „Cannabis.Qualmtüte“, erhält eine eigene Hymne: „Ein Joint, ein guter Joint, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“. Die krasse Ungleichbehandlung lassen tief in die deutsche Seele blicken beim Aufeinandertreffen einer Rentnerin und eines Pensionärs ebenso wie in einem anderen Sketch das Aufeinandertreffen eines ukrainischen Kriegsflüchtlings und eines wohlhabenden deutschen „Steuerflüchtlings“ am Flughafen, der sich bitterlich darüber beschwert, dass er nicht mal mehr in der Schweiz vor „Verfolgung“ sicher sei. Und auch des Deutschen liebstes Spielzeug und Allzeitbegleiter, das Smartphone, wird auf die Schippe genommen. Bei der hitzigen Diskussion, welche der diversen angebotenen Wetter-Apps, denn die Beste sei, verprutzelt derzeit die Wurst auf dem Grill. Die Erkenntnis daraus, die „Fenster-App“ ist immer noch die Zuverlässigste. Und da waren noch die Möchtegern-Häcker, die bei einem Häcker-Computerkurs für Einsteiger mit diebischer Freude lernen wollten, welche der nervigen Werbeunterbrechungen man denn am besten hacken und löschen sollte. Ja, begeistert geklatscht und gelacht wurde sehr viel an diesem Abend, bei diesen hier vorgestellten, aber auch bei den anderen hier nicht genannten Sketchen, mal kurios, mal von bittersüßem schwarzem Humor geprägt, der doch auch starke Betroffenheit und Nachdenklichkeit bei einigen Darbietungen auslöst und die Euphorie etwas gedämpft zurückhält. Aber das war bei dieser grandiosen Darbietung sicherlich auch so beabsichtigt und von den Spitzklickern gewollt.
Noch einmal: Hut ab!
Text: Beate Tilg Bilder: Wolfgang Neuberth

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Autor:

Wolfgang Neuberth aus Mannheim-Nord

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