Interessantes von und mit Volker Schläfer
22. März 1945: In Mutterstadt ist der Krieg zu Ende
Mit dem Einmarsch der US-Truppen in die Pfalz endet im März 1945 auch in Mutterstadt der 2. Weltkrieg und damit die nationalsozialistische Gewaltherrschaft.
Zum Gedenken der Opfer des Krieges und des Nationalsozialismus, Mutterstadt hatte 417 Kriegs- und Zivilopfer zu beklagen, sollte am 18. April auf dem alten Friedhof eine Feierstunde mit Kranzniederlegung stattfinden, die aus aktuellem Anlass aber auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden muss.
Volker Schläfer, Mitglied im Historischen Verein Mutterstadt und Orts-Chronist, hat deshalb für das Amtsblatt eine kurze Zusammenstellung der damaligen Ereignisse verfasst.
Rückblick: 1945 kehrt der Krieg, den Nazi-Deutschland nach ganz Europa getragen hat, nach Deutschland zurück. Der ungleiche Kampf war aussichtslos geworden, den Zusammenbruch des 3. Reiches konnten auch letzte verzweifelte Anstrengungen nicht mehr aufhalten, trotzdem wurde er, und damit mit weiteren Opfern, fortgesetzt. Hier die Amerikaner mit einer bestens ausgerüsteten Armee auf ihrem Vormarsch vom Westen kommend durch die Pfalz; auf deutscher Seite der verzweifelte Versuch, mit den letzten Reserven die US-Truppen am Rhein aufzuhalten.
Dafür legte die Wehrmacht mit dem Volkssturm und mit 1.000 Fremdarbeitern am Waldrand Erdbefestigungen an und baute, vom Forsthaus aus Richtung Norden, den Floßbach, den Scheidgraben und den Neugraben bis an den Fußgönheimer Weg als Panzergraben aus.
An den Ortseingängen wurden zwei Meter hohe Panzersperren aus Eisenschienen, Betonblöcken und Baumstämmen errichtet. Den Ort wollten deutsche Panzer und Kampftrupps mit Panzerfäusten verteidigen.
Im Laufe des 21. März 1945 rückten Truppen der 12. US-Panzerdivision aus Richtung Fußgönheim und Ruchheim kommend, auf Mutterstadt zu. Über Funk kam die Drohung, Mutterstadt beim geringsten Widerstand dem Erdboden gleichzumachen. Viele Zivilisten flohen auf Grund der bedrohlichen Lage in Nachbardörfer.
Nach Schließung der Panzersperren begannen die Amerikaner mit massivem Artilleriebeschuss, der auf deutscher Seite nochmals fünf Tote und zahlreiche Verletzte forderte sowie erhebliche Gebäudeschäden verursachte.
Die deutschen Soldaten, die den Ort verteidigen wollten, ließen sich durch einsichtige Bürger aber dann dazu bewegen, „das Feld zu räumen“; so konnte das schlimmste noch abgewendet werden.
Am Abend des 21. März, es war ein Mittwoch, erreichten die US-Truppen dann den Ortsrand und rückten gegen 21 Uhr mit Infanterie und Panzern an den von Mutterstadter Frauen beseitigten Panzersperren vorbei in den Ort ein. Weil die Amerikaner nicht wissen konnten, dass es keinen Widerstand mehr gab, beschossen sie aber bei ihrem Vorrücken Straßen, Häuser, Höfe; der Gebäudeschaden war erheblich.
In der Nacht des 22. März 1945 begrüßten Mutterstadter Einwohner die US-Truppen mit weißen Tüchern. Der Krieg und die Nazizeit war vorbei.
Nach der vollständigen Einnahme des Orts durch die US-Armee erfolgte deren Truppeneinquartierung in die Häuser. Bei den Requisitionen hatten die Menschen, die ihre Wohnungen dafür räumen mussten, in der Regel nur bis zu zwei Stunden Zeit, um das wichtigste zusammenzupacken und irgendwo anders unterzukommen. Persönliche Gegenstände, Möbel, oder Gebrauchsgegenstände verblieben zur Verfügung der Sieger in den Gebäuden.
Wer an diesen Tagen des Kriegsendes als „Ortschef“ fungierte, ist nicht mehr genau nachzuvollziehen: Einmal heißt es, dass der geschäftsführende Bürgermeister August Steiger noch im Amt war, in anderen Unterlagen ist zu lesen, dass er zwei Tage vor dem US-Einmarsch aus dem Gemeindedienst ausgeschieden ist und der Beigeordnete Otto Steiger die Amtsgeschäfte führte. Beide gehörten in jedem Falle zu den führenden örtlichen NSDAP-Funktionären und waren so für die Sieger untragbar.
Am 24. März setzten die Amerikaner deshalb einen „unbelasteten“ Bürger als Bürgermeister ein: Es war der damals 60jährige Heinrich Hartmann, SPD-Mitglied und bis 1933 Schriftleiter der „Pfälzischen Post“.
Eine schwierige Angelegenheit war in diesen Tagen die Unterbringung von fast 1.000 Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen; dafür wurde (fast) die ganze Schulstraße geräumt.
Die Wohnungsnot, die Beseitigung der Kriegsschäden an den Häusern, die Versorgung der Einwohner mit Lebensmitteln; das waren auch in Mutterstadt die vordringlichsten Themen in den ersten Monaten nach diesem Kriegsende 1945.
Benutzte Quellen:
Gemeindearchiv; Eyselein: Ortschronik 1967; Maier/Zibell/Ledig/Schläfer: Ortschronik 2017 und Fotoarchiv Renner
Autor:Michael Hemberger aus Mutterstadt |
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