Neues aus der Gemeinde Mutterstadt
80. Jahrestag des Bombenangriffes auf Mutterstadt
Gemeinde gedenkt den Opfern
Am vergangenen Samstag, dem 1. Februar 2025, gedachte die Gemeinde den Opfern des verheerenden Bombenangriffes auf Mutterstadt, der vor genau 80 Jahren stattfand. Dabei fanden 38 Zivilisten, 33 allein im Luftschutzkeller der Friedensstraße 1, und 14 Soldaten den Tod. Die Zerstörung des Dorfes war gewaltig: Die Zeppelinstraße, die Friedrich-Ebert-Straße, Teile der Ringstraße und viele weitere Orte wurden schwer getroffen. Wohnhäuser, Straßen und ganze Straßenzüge lagen in Trümmern. Noch Jahre später waren viele Gebäude nicht wiederaufgebaut, sei es aus finanziellen Gründen oder wegen fehlender Baumaterialien. Die Gemeinde verzeichnete insgesamt 96 zerstörte Wohnhäuser und 163 obdachlose Familien.
Neben den materiellen Schäden sind es vor allem die menschlichen Verluste, die berühren. Uli Valnion, Sänger und Liedermacher aus Mutterstadt, spielte und sang einleitend das nachdenklich stimmende Lied „Wenn die Lichter wieder brennen“ von Louis Fürnberg:
„Als die schweren Jahre waren,
jede Stunde voll Gefahren,
und der Keller wurde uns zum Hauptquartier,
wenn du dann nach Angst und Beben
wieder rauskamst mit dem Leben,
schwurst du da nicht hoch und heilig dir und mir:
Wenn die Lichter wieder brennen,
wenn wir wieder lachen können,
wenn die Erde nicht von Kriegsgeschrei mehr gellt,
dann hat unsre Not ein Ende
und wir regen Herz und Hände
für den Frieden, für den Frieden in der Welt.“
Bürgermeister Thorsten Leva begrüßte anschließend die über 50 Gäste, die auf den Alten Friedhof gekommen waren, insbesondere diejenigen, die den Luftangriff miterlebt haben und dabei Freunde und Bekannte verloren.
„Die Gemeinde Mutterstadt trauert auch 80 Jahre danach um die Zivilpersonen, die durch Kriegseinwirkungen ums Leben kamen, unter ihnen viele Frauen und Kinder. Wir erinnern heute an diese Menschen. Ihre Namen zu nennen, ist Ausdruck unserer Anteilnahme und unseres Respekts.
Wir gedenken folgenden Opfern:
Anna Bär, Wilhelm Batzler, Wilhelm Becker, Friedrich Wilhelm Eberspach, Trude Eberspach, Gisela Fassot, Adolf Feldner, Georg Flick, Friedrich Frosch, Paul Funk, Philippina Gaa, Renate Gaa, meinem Urgroßvater Jakob Gräf, Barbara Heinrich, Luise Elisabeth Ipson, Lothar Keller, Luise Keller, Hermann Kißler, Helga Maria Klespies, Wilhelm Klespies, Margot Knappenberger, Matthias Knobloch, Friedrich Kolb, Elisabeth Krieg, Katharina Krieg, Käthchen Krieg, Wilhelm Krieg, Adolf Werner Leicht, Emil Richard Leicht, Kunigunda Barbara Leicht, Anna, Elisabeth Lill, Waltraud Matheis, Emma Massot, Karolina Massot, Sofia Elisabetha Massot, Wilhelm Massot, Emmi Marie Margarethe Müller, Gerd Erich Müller, Marie Helene Naumer, Inge Lieselotte Reeb, Anna Reinhard, Anna Elisabeth Reinhard, Wilhelm Reinhard, Johann Adam Repp, Anna Röll, Walter Hermann Schalk, Ludwig Schaßner, Anna Maria Schnebel, Valentin Schnebel, Georg Schneider, Adolf Alwin Schwarz, Jakob Spoor, Maria Spoor, Gerda Wagner, Josephine Wagner, Ludwig Wagner, Anna Regina Weinacht, Günter Hans Weinacht, Friedrich Karl Weinacht, Dr. Wilhelm Friedrich Weiß, Ernst Wessa, Elisabeth Wohlfahrt.“
Ein Kranz zu Ehren aller Opfer wurde am Grabmal der Familie Massott niedergelegt, denn fast die ganze Familie starb bei dem Bombenangriff.
Thorsten Leva erinnerte daran, dass sein Amtsvorgänger Hans-Dieter Schneider vor zehn Jahren hervorhob, wie dankbar wir für den Frieden sein können, in dem wir heute leben. „Dieser Frieden“, so Bürgermeister Leva, „war lange selbstverständlich. Doch die Welt hat sich verändert. Heute ist Krieg nicht mehr nur eine dunkle Erinnerung an die Vergangenheit, er ist wieder näher gerückt. In der Ukraine und in vielen anderen Teilen der Welt leben Menschen in genau der Angst, die auch die Mutterstadterinnen und Mutterstadter in jener schrecklichen Nacht des 1. Februar 1945 empfunden haben müssen. Der Krieg, von dem wir dachten, er sei für immer aus Europa verbannt, ist zurückgekehrt. Auch politisch erleben wir eine besorgniserregende Entwicklung: Die Zusammenarbeit der Nationen, die Jahrzehnte lang Frieden gesichert hat, wird immer öfter infrage gestellt. Nationale Interessen gewinnen wieder die Oberhand, anstelle von Dialog und Kooperation treten zunehmend Misstrauen und Konflikte. Das macht mir Angst! Deshalb ist dieser Gedenktag nicht nur ein Tag des Erinnerns, sondern auch eine Mahnung. Eine Mahnung, dass wir uns mit aller Kraft für Frieden, für Gerechtigkeit und für Menschlichkeit einsetzen müssen. Gerade in einer Zeit, in der die Werte der freiheitlichen Demokratie an vielen Orten herausgefordert und bedroht werden.“
Schließlich ergriff Pfarrer Heiko Schipper das Wort und sprach ein Gebet in Gedenken an die Opfer aus. Die Zeitzeugin Irmgard Metzger berichtete, wie sie in dieser Nacht voller Angst im Keller ihres Wohnhauses in der Oggersheimer Straße saß.
Uli Valnion griff zum Schluss wieder zu seiner Gitarre und sang das bekannte Lied „Die Gedanken sind frei“. Einige der Anwesenden stimmten mit ein. Herr Leva bedankte sich noch einmal bei allen für Ihr Kommen.
Text: Dr. Christina Wolf
Autor:Michael Hemberger aus Mutterstadt |
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