Historische Zeitzeugen in "neuem Glanz"
Kilometersteine um Mutterstadt restauriert und wieder aufgestellt
Die drei Steine an den Landstraßen von Mutterstadt nach Limburgerhof, Schifferstadt und Dannstadt sind nicht zu übersehen. Es sind sogenannte Kilometersteine. Auf Anregung des Historischen Vereins Mutterstadt hat die Gemeinde vor drei Jahren die noch vorhandenen Kilometersteine in der Gemarkung Mutterstadt als Flurdenkmale restaurieren und wieder setzen lassen. Die Steine wurden weiß gestrichen, ohne einen „schwarzen Hut“, wie anderswo in der Pfalz oft zu sehen ist. Die Rundumschrift wurde erneuert und ist nun wieder lesbar. Es handelt sich um Kilometersteine, sogenannte „Stundensteine“, wie sie Mitte des 19. Jahrhunderts im Königreich Bayern, zu dem damals die Pfalz gehörte, aufgestellt wurden. Die Stelen aus behauenem Sandstein wurden mit Entfernungshinweisen versehen und wurden in der Regel im Abstand von jeweils einer Fuß- bezw. Fuhrwerksstunde an den seinerzeitigen Landesstraßen aufgestellt.
Überliefert ist, dass Ende des 18. Jahrhunderts die Fußstunde allgemeine Maßeinheit für kleinere Entfernungen war. In dieser Zeit bestand zum Beispiel eine Anordnung des Kurfürsten Carl-Theodor, „dass an neu zu bauenden Chausseen im Abstand von einer Wegstunde jeweils ein steinerner Anzeiger gesetzt werden sollte“, also ein sogenannter Wegstundenstein neuen Straßen.
Der Kilometerstein Ortsausgangs auf der westlichen Seite der Speyerer Straße Richtung Limburgerhof erhielt im Zuge des Radwegeausbaues einen neuen Standort.
Ein weiterer Stein wurde wegen der Straßenbaumaßnahmen an der L 524 versetzt und steht jetzt auf der Westseite der Schifferstadter Straße, zwischen Ortsausgang und ehemaliger „Rheinperle“. Der Stein ist 1,78 Meter hoch mit einem mittleren Umfang von 1,60 Meter. Die Schrift informiert über die Entfernung nach Mutterstadt-Ortsmitte und nach Schifferstadt mit folgender Beschriftung: S-Seite „1,0 nach Mutterstadt“, auf der N-Seite „5,0 nach Schifferstadt“ und auf der O-Seite „5 Kilometer“.
Der dritte Stein steht in Richtung Dannstadt, ca. 250 Meter nach dem Ortsausgang, auf der Nordseite, ist 1,88 Meter hoch und hat einen mittleren Umfang von 1,40 Meter. Er hat folgende Entfernungsangaben: auf der W-Seite „1,0 nach Mutterstadt“, auf der O-Seite 18,6 nach Neustadt“ und auf der S-Seite „15 Kilometer“.
Über den Verbleib der früher ebenfalls vorhandenen Stundensteine an den Straßen nach Maudach, Oggersheim und Ruchheim ist nichts mehr bekannt. Sie sind entweder wg. Straßenbaumaßnahmen, Anlage von landwirtschaftlichen Wirtschaftswegen und Radwegen entfernt oder auch als nicht mehr notwendiges Überbleibsel aus einer früheren Zeit entsorgt worden.
Straßensteine gab es bei uns aber schon zu römischer Zeit. Die von Kaiser Augustus eingerichtete kaiserliche Post und die römischen Legionstruppen informierten sich an entlang den Straßen aufgestellten Meilensteine; in den gallischen und germanischen Provinzen hießen sie Leugensteine. 1 keltische Leuge waren 2,2 Kilometer. Die Steine waren aufwendig bearbeitet mit Entfernungsangaben zur nächsten Station und mit dem Namen und der vollständigen Titulatur des jeweils regierenden Kaisers versehen. Die Römerstraße von Basel nach Mainz führte auch an Mutterstadt vorbei; ungefähr auf der Höhe westlich der früheren B 9. Zwei solcher Leugensteine aus unserer Gemarkung stehen als Nachbildung im Historischen Rathaus.
Einer dieser Leugensteine aus den Jahren 306/307 n.Ch. trug die
lateinische Inschrift: Übersetzung:
IMP Für Kaiser
FLAV Flavius
VAL Valerius Constantinus
PIO NOB den frommen rechtschaffenen
CAESARI Cäsar
DIVI des göttlichen
CONSTANTI Constantinus
PII AUG des frommen Augustus
FILIO Sohn
Es gab Ende des 18. Jahrhunderts auch noch Hinweissteine zwischen den Ortschaften. So stand an der Straße Oggersheim-Mutterstadt, etwa 200 Meter vom alten Wasserwerk auf Oggersheimer Gemarkung, im Straßengraben ein 60 Zentimeter hoher Straßenstein, wie in der Zeitung „Heimatblätter“ von 1913 berichtet wird. er Stein bedeutete, dass die Mutterstadter im Jahr 1771 vom Stein aus südlich oder nördlich ein „Schosestick“, also ein Straßenstück, von 598 Ruden Länge durch Frondienst herstellen mussten. Die „Rute“ war eine alte deutsche Längenmaßeinheit und entsprach, je nach Land, einer Entfernung von zwischen drei und fünf Meter. In unserem Bereich waren es etwa knapp drei Meter. Die von den Mutterstadtern 1771 gebaute Straße war demnach zirka 1, 8 Kilometer lang. Aber auch dieser Stein ist nicht mehr vorhanden.
Text: Volker Schläfer, Historischer Verein der Pfalz, Ortsgruppe Mutterstadt
Autor:Michael Hemberger aus Mutterstadt |
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