Die Außenwohngruppe Offenbach der Lebenshilfe Südliche Weinstraße feiert ihr 40-jähriges Bestehen. Bewohner gewähren Einblicke in ihren Alltag.
Aktiv und selbstbestimmt

Annika Damps ist gerne mit dem Fahrrad rund um Offenbach unterwegs. | Foto: Lebenshilfe Südliche Weinstraße/Christmann
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Streuselkuchen. Einfach köstlich. Annika Damps nippt an ihrem Kaffee. Dann stellt sie die Tasse ab und schließt für einen Moment die Augen. Lächelnd blinzelt sie zwischen den Mitbewohnern, die mit ihr am Tisch sitzen, hindurch über die Terrasse hinweg in die Septembersonne. Aus dem fast verwaisten Gemeinschaftsraum dringen Oldie-Klänge nach draußen. Nur im Aquarium lugt ein gelber Fisch aus der Wasserpflanze hervor.

Annika Damps lebt seit November 2006 in der Außenwohngruppe (AWG) Offenbach der Lebenshilfe Südliche Weinstraße. „In der Jakobstraße 47a gibt es zwei Wohneinheiten mit insgesamt 18 Plätzen. Hier finden Frauen und Männer eine betreute Lebensform, die ein Mehr an Selbstbeständigkeit bei der eigenen Versorgung und bei der Gestaltung der eigenen Freizeit ermöglicht“, erläutert Hausleitung Joachim Graf. „Die Mitglieder der Wohngemeinschaften übernehmen Aufgaben im Haushalt sowie Verantwortung für Sauberkeit und Ordnung im eigenen Zimmer. Darüber hinaus gibt es vor Ort keine Nachtwache.“

2021 feiert die Außenwohngruppe ihr 40-jähriges Bestehen. „Vier Jahre nach der Gründung des Stammhauses des Konrad-Lerch-Wohnheims sind zunächst fünf Bewohner in das Gebäude eingezogen, das damals noch ein Bungalow war“, erinnert sich Anni Hinterlang. Von 1981 bis 1987 war die Mitarbeiterin der ersten Stunde in der Außenwohngruppe tätig, später in anderen Wohneinrichtungen der Lebenshilfe Südliche Weinstraße. 1990 erhielt das Gebäude in der Jakobstraße 47a ein Obergeschoss, um dem wachsenden Bedarf an individuellem Wohnraum gerecht zu werden. Gleich nebenan, in der Jakobstraße 47c, gibt es inzwischen vier weitere Plätze. „Dabei handelt es sich um eine Lebensform, die einen noch höheren Grad an Selbstständigkeit erreichen kann. Der Bedarf an Pflege und praktischer Hilfe ist deutlich reduziert“, berichtet Joachim Graf.

Nicht nur baulich und mit Blick auf die Anzahl der Bewohner stellt Anni Hinterlang, die seit 2005 wieder in der Außenwohngruppe arbeitet, gewisse Veränderungen gegenüber den Anfangsjahren fest: „Menschen, die damals in der AWG wohnten, wurden auf ein Leben in möglichst vollständiger Autonomie vorbereitet. Viele von ihnen haben inzwischen eine eigene Wohnung.“ Heute unterstützen Fachkräfte des Assistenz-Begleiteten Wohnens der Lebenshilfe Südliche Weinstraße Menschen mit einem besonders hohen Maß an Selbstständigkeit dabei, ihren Alltag in den eigenen vier Wänden zu meistern. Verantwortungsbewusstsein und Engagement bleiben indes eine wichtige Voraussetzung für ein gelingendes Miteinander in der Außenwohngruppe. „Wir haben zum Beispiel einen Küchendienst, einen Putzdienst und einen Wäschedienst. Dabei wechseln wir uns jede Woche ab“, erklärt Annika Damps. „Mir gefällt das. Eigenständig zu sein, ist mir wichtig. Ich bin gerne aktiv und bringe mich ein.“ Das gilt auch für die Arbeit in der Südpfalzwerkstatt, einer weiteren Einrichtung der Lebenshilfe Südliche Weinstraße: Im angrenzenden Werk Offenbach 2 arbeitet die 42-Jährige in der Küchengruppe. „Zweimal ums Eck – und schon bin ich zu Hause“, freut sich Annika Damps. „Man muss ja auch entspannen können.“

Ausgleich wichtig
Anni Hinterlang breitet auf dem Tisch ein in hellbraunes Leinen gebundenes Fotoalbum aus. Einige der Bilder zeigen die erste Freizeit der Außenwohngruppe im Herbst 1981. „Mit drei Mitarbeitern und den fünf Bewohnern sind wir nach Rauris in Österreich gefahren. Dort haben wir in einem umgebauten Heustadel übernachtet.“ Die Mitarbeiterin lacht, als diese Erinnerung in ihr aufsteigt. Aber nur für einen Augenblick. „Es ist sehr schade, dass wir vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie aktuell keine gemeinsamen Urlaube machen können“, bedauert Anni Hinterlang. „Während der zurückliegenden 18 Monate mussten die Bewohner unserer Wohneinrichtungen angesichts der geltenden gesetzlichen Vorgaben erhebliche Einschränkungen in ihrem Alltag verkraften. Umso wichtiger ist es da, einen positiven Ausgleich zu haben“, ergänzt Joachim Graf.

„Ich freue mich schon darauf, wenn wir wieder zusammen wegfahren können“, sagt Walter Foltz. Der frühere Mitarbeiter der Südpfalzwerkstatt zog 1984 zunächst ins KLW-Stammhaus und bald darauf in die Außenwohngruppe. Im Laufe der Jahre nahm er immer wieder an gemeinsamen Freizeiten teil. Auch die Feste in der Region, die pandemiebedingt abgesagt werden, vermisst der 69-Jährige. Früher war Walter Foltz bei solchen Gelegenheiten mit vollem Einsatz dabei: „Ob Bier zapfen oder Gläser spülen, das hat mir immer viel Spaß gemacht.“ Heute lebt er, wie alle AWG-Bewohner, in einem Einzelzimmer. „Es ist schön, in einer WG zu sein. Aber manchmal brauche ich Zeit für mich – zum Zocken.“ Was für Walter Foltz die Spielekonsole ist, ist für Annika Damps das Fahrrad. Regelmäßig ist sie rund um Offenbach unterwegs: „Vor allem zum See fahre ich gerne, manchmal aber auch nach Landau.“ Eine weitere Leidenschaft von Annika Damps ist das Puzzeln, gerne auch zusammen mit anderen AWG-Bewohnern.

Untätig sein? Für Anni Hinterlang kommt das ebenfalls nicht infrage. Seit 2019 ist sie in Rente, arbeitet aber immer noch an mehreren Tagen im Monat in der Außenwohngruppe. „Ein Leben ohne die Menschen dort kann ich mir nicht vorstellen“, betont die 67-Jährige. Die Bewohner sind darüber sehr froh, auch Annika Damps: „Anni ist schon so lange bei uns. Ich habe sie fest ins Herz geschlossen.“

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Autor:

Dennis Christmann aus Offenbach

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