„Türöffner“ für nachhaltigen Erfolg
Vor 10 Jahren hat die Südpfalzwerkstatt ihr Logistikzentrum in Betrieb genommen
Zur Seite! Der LKW kommt. Als sich das Rolltor brummend hebt, steht jeder an seinem Platz. Ralf Henkel steigt aus dem Fahrerhaus und schlägt die Plane zurück. Jürgen Walachovits nähert sich bereits mit dem Frontstapler. Routiniert hievt er eine Gitterbox voller Möbelbeschläge und eine Europalette mit Kartonagen in die Höhe. Sekunden später verschwindet knapp eine Tonne vor Ort kommissionierter Waren im Schlund des Fahrzeugs. Dann wird die Fracht sorgfältig gesichert.
„Der LKW hat Platz für bis zu 34 Europaletten. Er kommt gerade aus Germersheim, wo wir Bestellungen unserer Kunden Mercedes-Benz und Nolte ausgeliefert haben. Gleich fährt Herr Henkel zurück ins Werk Wörth“, berichtet Thomas Deck. Als Lagerleiter hat er die Vorgänge im Logistikzentrum der Südpfalzwerkstatt genau im Blick – und das seit der Inbetriebnahme vor zehn Jahren. „Bevor wir ein eigenes Logistikzentrum hatten, gab es zuletzt angemietete Flächen in sechs unterschiedlichen Lägern. Die damit verbundenen Kosten, die vielen Fahrten und der hohe organisatorische Aufwand gingen zulasten der Effizienz“, erinnert sich der heute 61-Jährige, der 1999 zur Südpfalzwerkstatt kam und dort Verantwortung im Bereich Logistik übernahm.
„Vor dem Hintergrund voller Auftragsbücher, steigender Anfragen und einer wachsenden Produktvielfalt insbesondere unserer Eigenmarke max4car war es sinnvoll, selbst ein Logistikzentrum zu errichten“, erläutert Martin Heger, Geschäftsbereichsleitung Arbeit. Mitte 2011 begannen die Bauarbeiten auf einem 6.500 Quadratmeter großen Grundstück im Offenbacher Industrie- und Gewerbepark Interpark. Am 14. April 2012 folgte die offizielle Einweihung der 55 mal 50 Meter großen und acht Meter hohen Durchfahrtshalle. „Dieser Professionalisierungsschritt war ein wichtiger Türöffner für weitere attraktive Aufträge, zum Beispiel aus dem Bereich Automotive“, betont Martin Heger. Zunächst entstanden 4.800 Palettenstellplätze. Zudem kam ein über eine Bedieneinheit ansteuerbares, automatisch verfahrbares Regalsystem zum Einsatz, das eine optimale Materialbereitstellung ermöglichte. „Eine Empore in fünf Metern Höhe mit 900 Quadratmetern Lagerfläche wurde ebenfalls integriert. Kompakter konnte man die Grundfläche kaum nutzen“, so Martin Heger.
Zusätzliche Flächen geschaffen
Doch die Nachfrage wuchs weiter – und mit ihr der Platzbedarf. Die Verantwortlichen nutzten die Erfahrungen aus dem Logistikzentrum und planten für das 2018 nur wenige Hundert Meter entfernt eröffnete Werk Offenbach 3 neben Produktions- auch Logistikflächen ein. Dort erfolgt die Beladung der LKW über Rampen an der Nordseite des Gebäudes. Insgesamt stehen der Südpfalzwerkstatt im Bereich Logistik heute rund 12.000 Palettenstellplätze und über 4.000 Quadratmeter Fertigungs- beziehungsweise Kommissionierfläche zur Verfügung. Mehr als 7.000 Europaletten können zeitgleich über die Regalsysteme eingelagert werden. Durch Überladebrücken zum Be- und Entladen von Gliederzügen, Aufliegern, Megalinern und Überseecontainern ist die Südpfalzwerkstatt bestens für Warenumschläge aufgestellt.
Zur gleichen Zeit wie das Werk Offenbach 3 erhielt das Logistikzentrum ein hochmodernes Warehouse-Management-System. „Jedes Produkt hat seinen festgelegten Platz. Alle Einlagerungs- und Entnahmevorgänge werden über Scanner erfasst und die Bestände automatisch im System aktualisiert“, umreißt Bernhard Keller einige wesentliche Vorteile dieser effizienten Form der Lagerverwaltung, die auch bei der jährlichen Inventur die Arbeit erleichtert. „Unsere vorhandenen Flächen müssen wir optimal nutzen, schließlich lagern bei uns ganz unterschiedliche Waren. Teilweise liefern wir Just-in-Time, erledigen also exakt terminierte Kundenaufträge. Es gibt aber auch Produkte, die bei Bedarf abgerufen werden – etwa hochwertiges Autozubehör aus unserem max4car-Sortiment oder Teile, die unsere Werke zur Verarbeitung benötigen“, führt der 54-Jährige aus, der als Produktionsleiter von Werk Offenbach 2 auch für das Logistikzentrum verantwortlich ist. „Noch wichtiger als sonst sind optimale Abläufe während der Hochsaison zwischen August und Januar. Dann öffnet und schließt sich das Rolltor im Viertelstundentakt.“
Vorausschauend und flexibel
Um die Waren an ihren jeweiligen Bestimmungsort zu bringen, arbeitet die Südpfalzwerkstatt mit Speditionen zusammen, unterhält jedoch auch eigene Fahrzeuge. „Allein unsere vier LKW legen pro Jahr eine Strecke von insgesamt rund 150.000 Kilometern zurück. Sie fahren also in zwölf Monaten fast vier Mal um den Globus“, rechnet Thomas Deck vor. Er koordiniert den gesamten logistischen Fuhrpark. „Die Lieferungen müssen jeweils beim Kunden avisiert und die Routen entsprechend geplant werden. Zugleich brauchen wir ein hohes Maß an Flexibilität. Wie gehen wir zum Beispiel vor, wenn ein Fahrzeug in Reparatur ist oder die Ladung mehr Platz braucht? Gerade diese Mischung macht den Beruf für mich so spannend.“
Vielfältige und komplexe Aufgaben erwarten auch die Auszubildenden in dieser Einrichtung der Lebenshilfe Südliche Weinstraße: „Von der Lieferscheinerfassung über die Ausstellung von Frachtbriefen und Zollpapieren bis zum Versand durchlaufen die angehenden Fachkräfte für Lagerlogistik unterschiedliche Stationen. Unter anderem durch die Nutzung von EDI – elektronische Datenübertragung – mit einer Vielzahl unserer Kunden werden digitale Kompetenzen weiterentwickelt“, erklärt Martin Heger. „Nach abgeschlossener Ausbildung übernehmen viele von ihnen Verantwortung in der Südpfalzwerkstatt.“
Von einem professionell aufgestellten Logistikbereich, der mit der Einweihung des Logistikzentrums vor zehn Jahren einen wichtigen Meilenstein verbuchen konnte und sich seither stetig weiterentwickelt, profitieren alle Menschen in der Südpfalzwerkstatt. Davon ist Lebenshilfe-Vorstand Marina Hoffmann überzeugt: „Die damit verbundenen Aufträge unserer langjährigen Partner, aber auch von immer mehr Neukunden tragen nicht nur nachhaltig zur Zukunftssicherung der Südpfalzwerkstatt bei. Sie unterstützen die Lebenshilfe Südliche Weinstraße dabei, Menschen mit Behinderung durch anspruchsvolle und sinnstiftende Tätigkeiten die dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen.“
Neben den spezifischen Anforderungen der Auftraggeber, unterstreicht Martin Heger, berücksichtigen die Verantwortlichen jederzeit und in allen Bereichen die individuellen Voraussetzungen der Mitarbeiter mit Behinderung. Oft lernen diese den Logistikbereich aktiv kennen: „Während ihrer zweijährigen Zeit im Berufsbildungsbereich sammeln sie hier wertvolle Erfahrungen. Das kann ihnen zusätzliche Perspektiven eröffnen – zum Beispiel die Aussicht auf einen Außenarbeitsplatz in der freien Wirtschaft.“
Autor:Dennis Christmann aus Offenbach |
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