BriMel unterwegs
Flutkatastrophe öffnet Herzen ganz weit
Otterstadt. Am 18. Juli wurde ich von Bianca Staßen (Erste Beigeordnete des Rhein-Pfalz-Kreises in den Bereichen Jugend und Soziales) kontaktiert, um über die kolossale Hilfsbereitschaft in ihrem Ort zu berichten. Und das kam so:
Initiatorin der Hilfsbereitschaftswelle ist Ramona Eichert aus Waldsee, die über die Plattform Facebook einen Aufruf zum Spenden gemacht hatte. Ihr Mann Daniel Walther sei als Feuerwehrmann mit der Feuerwehr Offstein im stark vom Hochwasser in Mitleidenschaft gezogenen Bad Neuenahr-Ahrweiler im Einsatz. Er kam erst letzte Nacht zurück und hilft bereits hier wieder bei der Sortierung der Sachspenden. Die ersten beiden Lastkraftwagen fuhren bereits nach Ahrweiler. Ob die nächsten Lieferungen wieder dorthin kommen oder in einen anderen Katastrophenort muss erst noch kooperiert werden. Der ursprüngliche Aufruf von Ramona Eichert war, dass man die Sachen zu ihr in die Schlichtstraße bringen solle. Dann wurde es bei ihr aber dermaßen voll, dass sie nach einer anderen Lagermöglichkeit suchen musste. Das bekam Bianca Staßen mit und handelte sofort, indem sie am 17.07. zwei Anhänger organisierte, die die Sachen in Waldsee abholten. Eigentlich wollten es die Feuerwehrmänner abholen, obwohl sie ja bereits tatkräftig im Einsatzgebiet ihre Kräfte lassen. Denn es hatte niemand damit gerechnet, dass so viele Menschen Anteil an dem Schicksal der gebeutelten Bewohner nahmen und spendeten. Die ganze Schlichtstraße sowie Parkmöglichkeiten waren voller Autos und Kisten gestanden. Stau! So setzte Bianca Staßen alles daran, die Sommerfesthalle in Otterstadt zur Verfügung gestellt zu bekommen. Nun mussten nur noch gespendeten Sachen abgeholt werden; diese Aufgabe übernahm ein Freund mit einem großen Transporter.
Nun wird hier alles sortiert nach Spielsachen, Schuhen, Kleidung, Hygiene, diversen Babysachen und Nahrungsmitteln. Zum Glück ist die Halle sehr groß. Beim Sichten der Spenden fallen einem auch skurrile Dinge ins Auge wie zum Beispiel ein Staubsauger, leider kein Nasssauger, und ein Hochzeitskleid ist auch dabei. Jesses, dort ist momentan bestimmt niemandem nach heiraten zumute. Goldwert hingegen ist ein gespendeter Stromgenerator! Tausend Dank dafür!
Ganz besonders fand es Bianca Staßen, dass die Leute nicht nur immens viele Sachen brachten und noch bringen, sondern auch sogleich ihre Hilfe anboten und geblieben sind zum Auspacken und Sortieren. Die Hilfsbereitschaft geht zu Herzen! Es sind nicht nur Menschen aus Otterstadt, sondern aus den ganzen umliegenden Dörfern bis hin nach Ludwigshafen-Ruchheim. Die vielen benötigten Umzugskartons und Paletten wurden ebenfalls gespendet vom Bauhaus, Hornbach und Privatleuten. Mit der Fahrschule Steffen Gebhart hatte man einen Spender für Paletten und LKW gefunden. Hiermit fuhr er Hygieneartikel und Lebensmittel nach Ahrweiler. Die Umzugsfirma Abendland hatte Wechselbrücken zur Verfügung gestellt. Hier in der Halle gibt es helfende Hände im Alter von 10 bis 76 Jahren. Gestern war sogar ein Waldseer Senior im stolzen Alter von 94 Jahren als Helfer dabei.
Es sind einfach Gänsehautmomente, wenn dir zu Ohren kommt, dass sogar Kinder sich von ihrem lieb gewonnenen Fußballtrikot trennen, um einem anderen notleidenden Kind eine Freude zu bereiten. Oder wenn eine Frau erzählt, dass sie selbst als Hartz-IV-Empfängerin nichts spenden könne, aber ihr Enkel gerne Gummistiefel abgibt.
Aber es gibt auch die andere Kehrseite der vermeintlichen Spender, die eigentlich nur ihren alten Plunder loswerden wollen: Kaputte Kleidungsstücke, Backmischungen, uralter Wein und Sektflaschen. Hallooo? Meint irgendjemand ernsthaft, den Leuten dort ist nach Feiern zumute? Was gebraucht wird, sind haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Dosenwurst, eigentlich alles, was in Dosen ist, 1,5-Liter-Wasserflaschen, da in dieser Größe besser stapelbar. Perfekt wäre es, wenn alles in beschrifteten Kartons angeliefert werden würde. Die Kartons müssen alle hier noch mit Klarsichtfolie umwickelt werden.
Was alles durch einen kleinen Facebook-Aufruf entstehen kann, sieht man an dieser Aktion. Aber nicht nur hier in Otterstadt wird geholfen, auch in meinem Heimatort Böhl-Iggelheim hilft man in vielen privaten Haushalten, wo gesammelt und in die notleidenden Gebiete gebracht wird. Es ist eine unbeschreibliche Welle der Hilfsbereitschaft, die durch ganz Deutschland geht. Vielleicht sind wir alle durch Corona ein bisschen sensibler geworden. Wer weiß?!
(mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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