Gedenktafel zum 75. Jahrestag des Luftangriffs auf Wiesental enthüllt
"Es war als ob der Himmel einstürzte"
Waghäusel. Am 21. Januar 1945 erlebte Wiesental einen der schlimmsten Momente seiner über 700-jährigen Geschichte: Kurz nach dem Mittagsläuten kamen am jenen Sonntag die Bomber der Alliierten und es begann, was für das Dorf der schlimmste Luftangriff des Zweiten Weltkrieges werden sollte. 37 Todesopfer, darunter 14 Kinder, unzählige Verletzte und über 540 beschädigte Gebäuden die schreckliche Bilanz dieses Tages.
Am Dienstag nun, exakt zur gleichen Zeit, enthüllte die Große Kreisstadt Waghäusel eine Gedenktafel zum 75. Jahrestag des Luftangriffs. Die über 100 interessierten Bürger, die sich zur Feierstunde an der Heimatstube eingefunden hatten, - darunter auch Schüler der ortsansässigen Gemeinschaftsschule - zeigten sich tief ergriffen und berührt, als Oberbürgermeister Walter Heiler Wohnort, Name und Alter der Todesopfer verlas. Er erinnerte in seinem Rückblick auf die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs an die 75 Jahre im Frieden, die auf die Schrecken des Krieges folgten. "Diese Tafel ist auch ein Appell an die Menschlichkeit, deshalb gedenken wir auch aller Opfer der heutigen Kriege weltweit." Die Tafel befindet sich an der Wiesentaler Heimatstube, einem der ältesten Gebäude des Stadtteils. "Es hat in seinen über 225 Jahren alle Kriege überstanden und muss hoffentlich nie wieder einen erleben", so Heiler weiter. Auch Pfarrer Peter Bretl erinnerte an die Schrecken des Krieges, an die brennende Kirche St. Jodokus und die zahlreichen Verletzten, die damals im Pfarrsaal behandelt wurden. "Frieden kann man nur gemeinsam erreichen", sagte er. "Über alle Grenzen hinweg und über alle Religionen hinweg."
Bewegender Zeitzeugenbericht
Bei der Gedenkfeier sprach auch Hugo Mahl, Ehrenvorsitzender des Heimatvereins Wiesental und Zeitzeuge, der den Bombenangriff als Neunjähriger erlebt hat. "Wir waren wie an jedem Sonntag in der Kirche und haben uns gerade zum Mittagessen an den Tisch gesetzt. Da gingen die Alarmsirenen los und schon landeten die ersten Bomben in den Flakstellungen vor dem Dorf. Es war als ob der Himmel einstürzte, wir rannten um unser Leben - alle rannten in die Keller", berichtete der 84-jährige eindrucksvoll und emotional. Ob es nun amerikanische oder britische Flugzeuge waren, ob die Bomben eigentlich für Mannheim oder Stuttgart bestimmt waren, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden und ist auch unwichtig. Warum sie ausgerechnet auf Wiesental landeten und dort so viel Leid brachten, weiß man nicht. "Ich habe mich immer gefragt, warum die Hälfte der Bomben auf den Äckern vor Wiesental landeten und dann habe ich mir gesagt: Vielleicht wussten die Piloten um die strategische Unwichtigkeit Wiesentals und vielleicht wollten sie die Menschen in diesem kleinen, unbedeutenden Dorf so gut es ging verschonen", so der Zeitzeuge in seinem eindringlichen Bericht.
Das Ergebnis jener zehn Minuten am 21. Januar 1945 war dennoch dramatisch. "Es war ein Bild des Entsetzens. Überall Trümmer, Rauch, Feuer, Verletzte und Tote. Angst, Tränen und Verzweiflung. Und ohne die mutigen Frauen, die mit Putzeimer und Kehrwisch die Brandbomben aus den Häusern nach draußen in den Schnee transportiert haben, wäre der Schaden noch viel größer gewesen", berichtete Mahl. Der abschließend einen dringenden Appell an die Menschen richtete: "Freuen wir uns heute aber auch über 75 Jahre Frieden in Deutschland. Möge er ewig währen, hier und überall."
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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