Wallfahrtskirche Waghäusel:
Flammen waren bis nach Mannheim zu sehen
Waghäusel. Zeitzeugen gibt es heute keine mehr. Aber vor etwa 40 Jahren erinnerten sich noch etliche Bürger an das Ereignis von 1920, als die Wallfahrtkirche Waghäusel in Flammen stand und bis auf die Grundmauern niederbrannte.
Damals rätselten noch viele, ob es sich seinerzeit um einen Kurzschluss als Auslöser handelte oder um Brandstiftung, wofür es einige Anhaltspunkte gab.
Im Juli 1920 waren die Kapuziner in ihr ehemaliges Kloster eingezogen, nachdem die Männerorden im Herbst 1918 - 115 Jahre nach der Säkularisation - wieder zugelassen worden waren. Etwa vier Monate nach der Ankunft der Ordensleute ereignete sich eine der schlimmsten Katastrophe in der Wallfahrtsgeschichte.
Als Augenzeuge schrieb Superior Pater Dominikus seine Erlebnisse nieder. Gegen 0.30 Uhr sei er durch Geräusche aus dem Schlaf gerissen worden. Als die Geräusche nicht nachließen, schaute er auf dem Gang des Klosters dem Rechten. Da klopften bereits Passanten, die vom Kirchweihfest aus Oberhausen kamen, und riefen: „Es brennt auf eurem Speicher, die Kirche brennt.“
In der Tat: Als Pater Dominikus den oberen Chor erreichte, stand der Bischofsaltar bereits in Flammen.
Ebenso brannte das mit Ölfarbe gestrichene Deckengewölbe. Verzweifelt rief Bruder Bertrand die Nachbarn zu Hilfe und alarmierte die Werksfeuerwehr der Zuckerfabrik. Pater Coloman versuchte zusammen mit Passanten – vergeblich - die Bibliothek zu retten.
Rasend schnell griff das Feuer um sich. In dem alten ausgetrockneten Gebälk fand es reichlich Nahrung, so dass keine Chance bestand, mit Wassereimern das Flammenmeer zu bekämpfen. Mutig wagten sich Dominikus und Bertrand in das Inferno und retteten das Gnadenbild der Wallfahrt – die Marienfigur von 1435.
Zwischenzeitlich trafen die Feuerwehr der Zuckerfabrik und die Mannschaften aus Kirrlach und Wiesental ein. Bis nach Mannheim war der gewaltige Feuerschein zu sehen. Erst gegen 6 Uhr morgens konnte der Brand gelöscht werden. Fast das gesamte Inventar mit Altären, Kanzel, Kirchenbänke und Decke wurde ein Opfer der Flammen. Das Kloster blieb verschont.
In der Ortschronik vermerkte Martin Roth, auch der eingemauerte Behälter mit dem Herz von Fürstbischof Christoph von Hutten sei gerettet worden.
Elf Jahre dauerte der komplette Wiederaufbau. Relativ spät bekam die Kirche neue Fenster. An den kahlen Wänden hingen übergangsweise bemalte Kartons. Auf 200.000 Mark beliefen sich die reinen Baukosten.
Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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