Modell schlummerte im Dunklen:
Wie sah die Ursprungs-Eremitage 1729 aus?
Waghäusel/Hockenheim. Wie hat die Eremitage im Lußhardtwald in ihrer ursprünglichen Bauweise ausgesehen? Das wissen die Wenigsten. Anders als heute standen - nach Abschluss der Arbeiten 1729 - in der Parkanlage ein sechzehneckiger Hauptbau und acht Eremiten-Pavillons in einem von Mauern umgebenen Wegestern.
Einen Blick auf die Vergangenheit des Waghäuseler Barocks gewährt jetzt ein gut zwei Quadratmeter großes Modell, das eine kuriose Geschichte aufzuweisen hat.
1981 kam es zur Gründung des Heimatvereins Wiesental. Um 1983 entwickelte Mitinitiator Bruno Heißler, ein langjähriger sachkundiger Heimatforscher, die Idee, ein Modell von der Eremitage zu fertigen, und fand in dem Hockenheimer Mediengestalter und Buchgrafiker Manfred Bender den geeigneten Hobbykünstler. Zeitzeugen erinnern sich an die Überlegung Heißlers, den Nachbau der Ursprungseremitage zunächst für die 150-Jahrfeier der Zuckerfabrik 1987 und dann für das anvisierte Heimatmuseum im alten Wiesentaler Rathaus zur Verfügung zu stellen.
Der Miniatur-Baumeister aus dem Rhein-Neckar-Kreis machte sich mit Heißlers Hilfe und Detailkenntnisse ans Werk, holte sich überall Informationen bei und bat auch um Hinweise bei Uta Hassler, Professorin für Denkmalpflege und Fachfrau für fürstbischöfliche Architektur, die später die Sanierung des Schlösschens und der drei verbliebenen Kavaliershäuser im Auftrag der Stadt Waghäusel übernehmen sollte. Als wichtigste Grundlage für Benders Ausfertigung um 1987 dienten die alten Baupläne im Generallandesarchiv Karlsruhe. Zwischenzeitlich erkrankte und starb Protagonist Bruno Heißler. Niemand kümmerte sich weiter um das angestoßene Projekt.
Nach langwieriger Arbeit übergab der Modellbauer sein Werk an die Stadt Waghäusel, die es gerne entgegennahm, aber kein Interesse an einem käuflichen Erwerb zeigte, so erinnert sich der damalige Rathausarchivar Michael Zimmermann. Um den sperrigen Besitz loszuwerden, vermachte es Bender der Kommune notgedrungen als Geschenk. Aus Platzmangel landete es zunächst in einer Abstellkammer der Eremitage, dann auf dem dunklen Dachboden des neuen Rathauses. Dort schlummerte das Modell jahrzehntelang vor sich hin – bis 2020.
Zur Eröffnung des Eremitage-Museums erschien auch der Bauherr der Kleineremitage und erkundigte sich nach dem Verbleib seiner Ausfertigung. Bei den Nachforschungen kam das eingestaubte kleinformatige Waghäuseler Wahrzeichen zum Vorschein. Antje Gillich vom „Fachbereich Kultur und Museum“ kümmerte sich um die Modellauffrischung und ließ eine Vitrine fertigen, die Platz in der Rotunde finden soll. Wenn Corona vorüber ist, wird das Unikat den Besuchern zugänglich sein.
Modell von der Eremitage schlummerte 33 Jahre im Dunklen Auf den hilfsbereiten Kurpfälzer wartete 2020 ein halbes Jahr beschwerliche handwerkliche Arbeit, die er umsonst für Waghäusel leistete. Inzwischen beschädigte Kleinteile mussten repariert und ersetzt werden. Denn die Gebäude bestehen aus Papier und Schaumstoff. Einige wichtige Ergänzungen, etwa die unzähligen Bäumchen, musste er kaufen.
Bereits 1730 waren die ursprünglichen acht Eremitenhäuschen durch vier zweistöckige Kavalierspavillons ersetzt worden. Die Erweiterung des Hauptbaues um vier Flügel, auch „Ohren“ genannt, erfolgte 1747 unter Fürstbischof Christoph von Hutten.
Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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