Warum auf Gemeindeflächen „Unkraut“ erwünscht ist
Naturschutz durch Nichtstun
Haßloch. Es ist ein Thema, bei dem die Meinungen weit auseinandergehen: Für manche kann Straßenbegleitgrün nicht häufig genug gemäht werden, andere freuen sich, wenn sich die Natur frei entfalten darf und Insekten und anderen Lebewesen wieder mehr Lebensraum gegeben wird.
Das Umweltdezernat ist sich bewusst, dass für manch einen diese unordentlich anmutenden Flächen ein Dorn im Auge sind und Nachlässigkeit vermuten lässt. Die Gemeinde hat sich jedoch vor Jahren bewusst entschieden, ihre Flächen deutlich seltener zu mähen, denn seit Jahren ist bekannt, dass es deutschlandweit einen starken Insektenrückgang zu verzeichnen gibt. Darunter leiden auch andere Tiere, wie zum Beispiel Vögel, die sich von Insekten ernähren. Die einfachste Gegenmaßnahme ist, auf besagten Flächen entlang des Straßenrandes (dem sog. Begleitgrün) der Natur ihren freien Lauf zu überlassen. „Denn diese von vielen als Unkraut bezeichneten Pflanzen, sind häufig nichts anderes als unsere heimische Flora, die durch den Ordnungswahn vieler und das Anpflanzen exotischer Arten zurückgedrängt werden“, so die Umweltbeauftragte Hannah Bolz.
Doch gerade heimische Pflanzenarten sind für heimische Tierarten überlebenswichtig, denn Pflanzen und Tiere haben sich in der sogenannten Co-Evolution gemeinsam entwickelt. Manche Bienenarten sind abhängig von bestimmten Pflanzen, da sie sich nur von deren Pollen ernähren. Die Efeu-Seidenbiene ernährt sich beispielsweise nur von Pollen des Efeus. Deshalb kann sie auch nur im Spätjahr während der Blüte des Efeus beobachtet werden.
Neben der Bereitstellung von Pollen und Nektar für Bienen und andere Bestäuber wie Schmetterlinge, Käfer und Fliegen hat das gewachsene „Unkraut“ auch noch eine andere wichtige Aufgabe: Es bietet verschiedenen Tierarten Deckung und schützt sie damit vor Fressfeinden und dient ihnen auch im Winter als Schutz vor der Kälte.
Ein weiterer Vorteil, der in Zeiten des Klimawandels und der zunehmenden Hitze an immer größere Bedeutung gewinnt, ist, dass durch die hohe Vegetation Flächen beschattet werden und durch die Verdunstung von Wasser die Umgebung abkühlt. Manche Flächen muss die Gemeinde Haßloch dennoch einer regelmäßigen Mahd unterziehen, da die Funktion der Fläche erhalten bleiben muss. Zum Beispiel, wenn eine Fläche wichtig für den Wasserabfluss ist. Außerdem dürfen Straßenschilder nicht zuwachsen oder der freie Blick an Einmündungen verdeckt werden, um die Verkehrssicherheit zu gewähren.
„Naturschutz durch Nichtstun kann so einfach sein!“ – denkt sich übrigens auch die Gartenakademie RLP, die den „Mähfreien Mai“ ausgerufen hat. Diese Aktion kommt ausgerechnet aus England, dem Land des englischen Rasens. „Probieren Sie es doch einfach mal zu Hause aus. Sie werden erstaunt sein, was für wunderschön blühende Pflanzen auf einmal bei Ihnen wachsen, ganz ohne Arbeit“, so die Umweltbeauftragte Hannah Bolz. Dadurch steigt auch bewiesener Maßen die Insektenvielfalt, was sich wiederum positiv auf andere Tierarten auswirkt. ros
Autor:Eva Bender aus Neustadt/Weinstraße |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.