Kolumne zur Arbeitswelt
Gedanken zum zweiten Advent: Arbeit und Leben
Höchstleistung ist kein Dauerzustand. Der Advent fordert uns alle heraus, zur Ruhe und zur Besinnung zu kommen, innezuhalten und uns auszuruhen. Gerade im Berufsalltag sind wir oft auf einer Marathonstrecke und glauben, immer 100 Prozent Leistung bringen zu müssen. Aber das schadet der Gesundheit. Ein Marathonläufer darf seine Leistung niemals als Maßstab für Normalläufer nehmen, denn wenn der Marathon zum Normalzustand wird, macht das krank.
Es ist kein Selbstzweck von morgens bis abends zu arbeiten, rund um die Uhr erreichbar zu sein und nach Perfektionismus zu streben. Gerade Workaholics neigen dazu, sich über ihre Arbeit zu definieren. Sie verlieren den Sinn zur Realität und vermitteln Kollegen das Gefühl, zu wenig zu arbeiten und damit auch weniger wert zu sein. Schlimmer aber noch: Sie vermitteln ihren Vorgesetzten das Gefühl, es sei normal, ständig für den Arbeitgeber unterwegs zu sein und zu arbeiten. Wie fühlen sich Kollegen, die gute Arbeit leisten, wenn der Workaholic trotzdem ständig das Gefühl vermittelt, es werde zu wenig gearbeitet? Wie fühlt sich der Kollege, der neben dem Beruf ein Leben hat und deshalb ständige Verfügbarkeit ablehnt? Wie fühlt sich genau dieser Mitarbeiter, wenn Vorgesetzte den Workaholic stets loben, aber den normalen Arbeitenden für seine Leistung kritisiert? Das Wir-Gefühl geht verloren im Betrieb.
Innehalten und sich Zeit für schöne Dinge nehmen
Der Advent lädt uns zum Innehalten ein. Die viel zitierte Work-Life-Balance einzuhalten und sich bewusst Zeit zu nehmen, für die schöne Adventszeit. Mit der Familie in ein Adventskonzert zu gehen, mit Freunden oder den Kollegen Glühwein trinken zu gehen oder einfach einen schönen Weihnachtsfilm anzuschauen – genau dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Denn nur wer ausgeruht ist und ein ausgeglichenes Leben führt, kann auch im Arbeitsleben funktionieren. Kein Workaholic kann seinen Marathon auf Dauer durchhalten. Um wieder in den Sport zurückkehren. Auch jeder Marathonläufer braucht nach einem Marathon eine Erholungszeit. Das Problem ist, dass Workaholics oft nach Arbeit und Anerkennung süchtig sind. Sie arbeiten sieben Tage in der Woche, sie schlafen und Essen, aber sie haben oft keine Freunde, sind vielleicht geschieden, haben keinen Partner und haben den Kontakt zu Kindern, Eltern und Geschwistern reduziert. Oft sind es schwierige Persönlichkeiten, die bei anderen stets anecken.
Weniger ist mehr
Gerade in der Adventszeit gilt: Weniger ist mehr. Durch das Smartphone sind wir rund um die Uhr online und erreichbar. Ein Facharbeiter kann in der S-Bahn über eine App noch einmal in die Steuerung seiner Maschine eingreifen. Der Manager kann seine E-Mails auch am Frühstückstisch mit der Familie checken und beantworten. Selbst im Urlaub sind heute viele Menschen im Stand-by-Modus, bloß um nichts zu verpassen. Aber warum arbeiten Menschen viel mehr, als laut Arbeitsvertrag vorgesehen ist? Sie fühlen sich verpflichtet, ständig für den Arbeitgeber da zu sein und glauben, ihre persönliche Arbeit ist „kriegsentscheidend“. Das ist falsch.
Das digitale Zeitalter begünstigt dies, denn Arbeiten kann man heute auch von der Couch zu Hause. Arbeitszeiten sind flexibel geworden und viele Arbeitgeber geben sich großzügig, wenn der Mitarbeiter zwischendrin das eigene Kind zum Sport fährt oder mit der Mutter zum Arzt fährt. Aber gerade da besteht auch eine Gefahr drin, denn man kann dies auch so auslegen, dass der Mitarbeiter – eben flexibel – rund um die Uhr im Einsatz ist und die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen. Die meisten Arbeitgeber wünschen dies gar nicht, aber Menschen mit übersteigertem Arbeitsverhalten, verstehen dies nicht.
Spätestens wenn man noch kurz vor dem Schlafengehen oder direkt nach dem Aufstehen die News oder Mails checkt, sollte man sich überlegen, wohin das führen soll. Den meisten Chefs ist es egal, wann die Arbeit erledigt wird, solange das Ergebnis stimmt. Und es macht in der modernen Arbeitswelt auch Sinn, den Angestellten Freiheiten einzuräumen. Trotzdem ist es eine Frage der Zeit, bis übertriebener Arbeitseifer Folgen hat. Ein guter Chef weiß, dass aus Übereifer gesundheitliche Probleme entstehen können. Er merkt, wenn sein Mitarbeiter ein übersteigertes Arbeitsbewusstsein hat und sein Privatleben vernachlässigt. Ein gesunder Mitarbeiter findet die Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Übereifer kann dazu führen, dass ein Unternehmen nicht mehr davon profitiert, denn zu viel Arbeit macht krank. Und auch für die Atmosphäre im Betrieb ist der leuchtende Stern unter den Kollegen nicht gut, denn oft wird diese Person übernatürlich gelobt. Um in den Sport zurückzukommen. Der Marathonläufer wird ständig gelobt, während der normale Läufer das Gefühl bekommt, er sei nicht genug.
Aus Sicht des normalen Läufers ist es wichtig zu wissen, dass eine ausgewogene Balance – nicht nur im Advent – wichtig ist. Über-Engagierte wirken oft müde und erschöpft, sind gereizt und haben wenig bis kein Privatleben. Wer dauernd arbeitet, hat keine Zeit, um mit Freunden Glühwein oder Kinderpunsch zu trinken, die schönen Pfälzer Weihnachtsmärkte zu besuchen oder einfach mal einen Weihnachtsfilm zu schauen. Leider haben Menschen, die zu viel arbeiten, oft keine Freunde und Kontakte außerhalb der Arbeit. Sie haben niemandem mit dem sie spontan einen Kaffee trinken gehen können. Wer dauernd arbeitet, zieht sein ganzes Dasein, sein Selbstbewusstsein, aus der Arbeit und kann nicht abschalten. Das sind arme Menschen, die unsere aller Unterstützung benötigen. Sie sind oft dünnhäutig, glauben, sie sind besser als „normale“ Kollegen und ecken damit ständig an. Sind Menschen erst einmal in diesem Teufelskreis, fehlt ihnen selbst die Energie für Veränderungen. Und sie erkennen nicht, wie schön das Leben ist, dass es eigene Lebenszeit ist. Gerade deshalb ist es wichtig, ein gesunder Ausgleich in der Arbeitswelt zu finden. Gute Arbeitsleistung und Freizeit schließen sich nicht aus. Wer pünktlich Feierabend macht, am Wochenende nicht erreichbar ist und das Handy mal Handy sein lässt, ist nicht mehr oder weniger wert als der Kollege, der auch noch sonntags arbeitet. Für diese Menschen ist eine Psychotherapie notwendig, denn oft liegen einem übersteigerten Arbeitsverhalten tiefe Ursachen zugrunde. Das sollte man auch als Kollege wissen und cool bleiben, wenn der Kollege mal wieder glänzt, während man sich selbst im Mittelfeld der Leistung befindet.
Die Lebenszeit kommt nicht zurück. Genießen wir lieber den zweiten Advent und besuchen ein Konzert, eine schöne Ausstellung oder einen Weihnachtsmarkt. Denn auch die Arbeitgeber profitieren von ausgeglichenen, motitiverten Mitarbeitern, die montags erholt zur Arbeit erscheinen.
Einen schönen zweiten Advent !
Autor:Nina Lorentz aus Albersweiler |
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