Letzter Milchbauer der VG Alsenz-Obermoschel gibt auf
Enormer Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe zu beklagen

Niedermoschel. Was eigentlich vor Jahrzehnten noch völlig undenkbar erschien, ist auf Grund des enormen Strukturwandels und der damit verbundenen Aufgabe vieler landwirtschaftlicher Betriebe -was auch für die betroffenen Gemeinden nicht einfach ist- dennoch Realität geworden: Der letzte milchviehhaltende und -vermarktende Betrieb in der VG Alsenz-Obermoschel hat aufgegeben: Am Samstagmorgen, 5. Oktober wurden die Kühe im Landwirtschaftsbetrieb von Sebastian und Walter Mündel in der Amtsgasse in Niedermoschel zum letzten Mal gemolken und noch am selben Tag von den Käufern abgeholt. Die Milchaufgabe hat sich nochmals um ein paar Tage hinausgeschoben, weil für Kälber, die mitverkauft werden sollten, tatsächlich nur 15 Euro Kaufpreis geboten wurden, was für die Familie absout nicht akzeptabel war. Mündels waren die letzte Landwirtschaftsfamilie, die in der VG Alsenz-Obermoschel Milchkühe hielten und über die Hochwald-Molkerei vermarktete. Damit schloß sich wieder ein Kreis, wie Sebastian und Walter Mündel im Gespräch erwähnen. Es war nämlich der Urgroßvater von Sebastian und Großvater von Walter Mündel, Otto Mündel, der am 2o März 1934 zum einen Mitinitiator der erstmals gegründeten Milchlieferungsgenossen-
schaft Niedermoschel war und auch zum ersten Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde. Aufsichtsratsvorsitzender war Mathias Becker und Rechner Wilhelm Greth, dem am 2o.3.1936 Ludwig Hofmann folgte, der das Rechneramt einige Jahrzehnte noch bis ins Jahr 1979 inne hatte, während die Aufsichtsräte  und Vorstände öfter wechselten. Die monatliche Vergütung des Rechners betrug 1o Reichsmark. Damals wurde die Milch noch an die Molkerei in Rockenhausen, die auch schon lange nicht mehr besteht, geliefert, später nach Albisheim, danach Kaiserslautern. Auch die Albisheimer Molkerei gibt es schon lange nicht mehr. Die im Jahr 1936 aus Niedermoschel gelieferte Jahresmilchmenge belief sich auf immerhin 66.942 Liter Vollmilch, die von 21 Bauernfamilien in einem Raum im Anwesen Alexander in der Hauptstraße gesammelt und dann von der Molkerei abgeholt wurde. Der Ertrag für die Niedermoscheler Milchbauern betrug im gesamten Jahr 1936 genau 1o.25o,85 Reichsmark (RM). Der Verkaufspreis lag 1936 für ein Pfund Butter bei 1,5o RM, für den Liter Vollmilch bei o,2o RM, für den Liter Mager- und Buttermilch bei o,o5 RM und für die Rolle Kümmelkäse bei o,35 RM, wie einem Artikel von Helmut Brenzel in der Niedermoscheler Ortschronik entnommen werden kann.
1945 hatte die Milchgenossenschaft mit 41 Lieferanten und Mitgliedern ihren höchsten Mitgliederstand in ihrer Geschichte.
Erste Milchsammlerin in der Gemeinde war Katherine Rothenberger, die im Ort nur "Botter-Katherin" genannt wurde. Sie erhielt
im Jahr 1935 pro gesammeltem Liter Milch 4/1o Pfennig. Rothenberger wurde von von Emma Hoch unterstützt. Beide Frauen
teilten sich den vereinbarten Lohn. Für die Bereitstellung von kochendem Spülwasser -mittels eines Ofens, der mit Holz be-
feuert werden musste- wurden monatlich nochmal drei RM zusätzlich gezahlt, ab 1938 gab es Weihnachtsgeld in Höhe von
drei RM. Auch für den Verkauf der Milchprodukte im Sammelraum waren die beiden Frauen zuständig.

Der enorme Strukturwandel in der Landwirtschaft führt nun nach knapp 8o Jahren zur Aufgabe des letzten Milchbauern in Nieder-
moschel und in der VG Alsenz-Obermoschel.Mit Bernd Spieß gibt es derzeit auch nur noch einen landwirtschaftlichen Vollerwerbs-
betrieb in der Moscheltalgemeinde. In anderen früher von der Landwirtschaft vielfach dominierten Ortsgemeinden in der gesamten Nordpfalz ist derzeit oftmals gar kein aktiver Landwirt mehr zu finden. Der 35jährige Sebastian Mündel, gelernter Bauzeichner, absolvierte 2o15 die Technikerprüfung in der Landwirtschaft und führt seitdem den Betrieb in der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit der Familie. Obwohl von Kind an mit der Landwirtschaft groß geworden sowie eng verwurzelt und auch bislang engagiert im Beirat der Hochwald Molkerei entschied er sich 2o16, eine ihm angebotene Stelle bei dem Dienstleistungs-
zentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach anzunehmen, wo er in der EDV unter anderem Förderanträge seiner Berufskollegen mitbearbeitet. Nach seinem dortigen Feierabend half er bislang abends beim Melken der rund 35 Milchkühe, deren Zahl in letzter Zeit kontinuierlich wegen der geplanten Aufgabe der Milchproduktion zurückging und übernahm federführend die Bewirtschaftung der weiteren Felder des Betriebes, der mehr als 15o Hektar umfasst. Da der bisherige Stall -obwohl ein Freilauf der Mutterkühe und der trocken stehenden Kühe und des Nachwuchses möglich ist- nicht den modernen Anforderungen gerecht wird, hätten sechs- bis siebenstellige Eurosummen in einen neuen Stall investiert werden müssen, um überhaupt zukunftsfähig zu sein. Und da die Preislage bei der Milch zu unsicher ist und quasi von den Discountern den Molkereien letztlich diktiert werde, wurde im Familienrat entschieden, aus der Milchproduktion jetzt auszusteigen, obwohl das nicht einfach war, wie alle gestehen.
Keine Besserung in Sicht
Sebastian Mündel selbst glaubt auch nicht, dass die Situation für die ländliche Landwirtschaft besser wird. Deshalb sei auch die Entscheidung gefallen, die Ackerflächen im Nebenerwerb künftig zuerst einmal weiter mit Unterstützung des Vaters und der Mutter zu bewirtschaften. Mit einem geregelten Einkommen im Nebenerwerb sei die Lage für den Betrieb künftig doch entspannter. Investiert wurde nun in einen Traktor mit allem "Drum und Dran", wie es Sebastian Mündel beschreibt, das 22o PS-Gefährt ist auch bestens für die kommende Digitalsierung in der Landwirtschaft geeignet. Die derzeitige Kritik in einigen Teilen der Gesellschaft und in den Medien an der Arbeit der Landwirtschaft hält er für völlig überzogen und ungerecht. Gerade die jüngere Generation in der Landwirtschaft sei bestens ausgebildet und produziere auch auf höchstem Niveau und mit hohem Arbeitsein- satz beste Lebensmittel, die wir auch gerne selbst essen. Die zentrale Aufgabe der Landwirtschaft, ausreichend und für alle bezahlbare Nahrungsmittel zu erzeugen, damit niemand hungern muss, wird derzeit in der Diskussion völlig ausgeblendet und hat auch keine gesellschaftliche Wertschätzung mehr. Die Discounter trügen ein Großteil Mitschuld an der Misere, weil Lebensmittel so billig als nur möglich den Verbrauchern offeriert würden. Dies sei aber keinesfalls der richtige Weg, weil immer mehr kleinere Landwirtschaftsbetriebe deswegen auch aufgeben müssten. Naturschutz könne doch nicht nur in Deutschland in allen Facetten betrieben werden und in einigen anderen Ländern, selbst in der EU, wo Landwirtschaft auch sehr intensiv betrieben würde, störe sich niemand dran. Und diese Erzeugnisse landeten auch in Deutschland auf den Tellern.  Und gut ist es auch nicht, wenn wir nur noch Landschaftspfleger sind, so der junge Mündel. Neue Gülle- und Düngeverordnung, die Kürzung der Direktzahungen durch die EU, weitgehende Auflagen zum Insektenschutz und die Restriktionen beim Pflanzenschutz sowie umfangreiche administrative Aufgaben am Schreibtisch tun ein übriges, damit der Spaß und die Freude an der landwirtschaftlichen Arbeit "nicht zu groß" werde, wie es Mündel schmunzelnd umschreibt. Das neue Klimapaket der Bundesregierung werde auch die Landwirtschaft ebenfalls noch belasten und einiges kosten. Das wird weitere kleinere und familiengeführte Bauernbetriebe, wie wir sie heute noch kennen, ebenfalls zur Aufgabe zwingen, so die Meinung des Junglandwirtes.
Jeden Tag um 6.15  Uhr Melken angesagt
Das morgendliche Melken übernahmen bisher ab 6.15 Uhr Tag für Tag -nachdem der Molkereilaster den vorgehaltenen und gekühlten Milchtank vom Vortag leergepumpt hatte- schon Jahrzehnte seine Eltern, Walter (67) sowie Ilse Mündel (64), die durch die Heirat 1975 nach Niedermoschel kam und ausgebildete Hauswirtschafterin ist. Zudem musste auch der weitere rund 50 Köpfe zählende Tierbestand gefüttert und versorgt werden. Früher wurden auch noch rund eineinhalb Hektar Weinbau mitbearbeitet, dies wurde wegen der Arbeitsintensität und der schlechten Weinpreise allerdings aufgegeben, so Walter Mündel.
Trotz der vielen Arbeit und der Tag für Tag -auch an Sonntagen und allen Feiertagen- zweimal anfallenden Melkarbeit wurde einmal im Jahr für bis zu zehn Tagen an die Nordsee in den Urlaub gefahren, so Ilse und Walter Mündel. Das musste einfach einmal sein, wenigstens einmal im Jahr, so das Landwirtsehepaar. Eingesprungen in dieser Zeit ist dabei meistens -und dafür sind die Mündels auch im Rückblick sehr dankbar- Walter Mündels Schwester Gerlinde Renner, die ebenfalls in Niedermoschel wohnt und auch mal bei Erkrankungen aushalf. 
Schon lange Landwirte
Die Landwirtschaft wird in der Familie Mündel schon sehr lange betrieben. Im Jahr 19oo, so berichtet Walter Mündel, hätten die Vorfahren einen schweren Schlag verkaften müssen: Scheune und Wohnhaus brannten bis auf die Grundmauern nieder, dabei seien zwei Brüder seines Urgroßvaters ums Leben gekommen. 19o5 sei dann das Wohnhaus neu errichtet worden, 1918 dann Stallungen und Scheune. Eigentlich, so Walter Mündel, wollte mein Vater haben, dass ich auf keinen Fall die Landwirtschaft übernehme und etwas anderes lerne, weil schon in den sechsziger Jahren für seinen Vater der Rückgang und Niedergang der Landwirtschaft absehbar war. Ich habe aber 1967 selbst entschieden, dass ich eine Landwirtschaftslehre absolviere und den Betrieb danach weiterführe. 197o wurde der Betrieb dann von ihm übernommen und auch die zu bewirtschafteten Flächen doch stetig vergrößert. Die erste Melkmaschine wurde 1957 noch von seinen Eltern Emma und Werner Mündel angeschafft. Ab 1992 verfügte der Betrieb über eine Absauganlage, zuletzt konnten damit fünf Kühe auf einmal gleichzeitig gemolken werden konnten. Das ist nun alles vorbei, einiges an Rindern und Nachwuchs steht noch in den Stallungen, die zwei Räume der Kühe sind leer.
Kühe landen auch im Ausland
Und wo sind die Niedermoscheler Kühe hingekommen ? Wie Walter Mündel berichtet, sind sie jetzt in Russland, Marokko und Ägypten, vom letzt genannten Land reisten sogar zwei Personen persönlich an, um sich vor Ort die Kühe zuerst einmal anzusehen, bevor dann gekauft wurde. Die letzten am Montag, 5. Oktober abgeholten Tiere landeten in Landwirtschaftsbetrieben in Nordrhein-Westfalen und im Saarland und geben dort weiterhin wie bei uns ihre Milch, so Mündel.
Tägliches Melken jetzt abgehakt
Das Ehepaar Mündel hat das Thema Milchkühe und Melken jetzt aber abgehakt und schaut nach vorne.Beide freuen sich -Walter Mündel hat 5o Jahre gemolken-auf einen Lebensabschnitt mit mehr Zeit vor allem für ihre beiden Enkel. Das macht auch sehr viel Spaß und bringt richtig Freude und Lebens ins Haus, so die beiden uniso (moh).

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Autor:

Arno Mohr aus Alsenz-Obermoschel

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