Westwallmuseum Bad Bergzabern: Otterbach-Abschnitt des Westwalls

Artillerie-Geschütz im Westwallmuseum in Bad Bergzabern. | Foto: Roland Kohls
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Bad Bergzabern. Auch wenn der Krieg erst 1945 in die Südpfalz kam, war die Bevölkerung schon vorher vielfältig betroffen. Beim Bau der Bunker- und Sperranlagen für den sogenannten Westwall ab 1938 gab es Leidtragende und Profiteure.

Zwischen den Bäumen ragen dicke moosbewachsene Betonplatten in den Himmel. Noch heute zeugen zahlreiche gesprengte Bunkeranlagen, Panzergräben und Felder mit Panzersperren zwischen Oberotterbach und Steinfeld vom sogenannten Westwall – Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg in der Südpfalz. Der Westwall war ein Verteidigungssystem von der Schweizer Grenze im Süden bis zum Niederrhein im Norden, das die Westgrenze gegen Angriffe der alliierten Westmächte sicherte, damit die Wehrmacht ihre Kräfte im Osten konzentrieren kann. Das Westwallmuseum in Bad Bergzabern betreut die drei letzten erhaltenen Bunker in der Südpfalz und erinnert dort an die Schrecken des Krieges und die Verbrechen des NS-Unrechtsregimes.

900 Bunker zwischen Oberotterbach und Steinfeld

Insgesamt wurden zwischen 1936 und 1940 auf einer Länge von 630 Kilometern über 10.000 Bunkeranlagen, mehrere hundert Kilometer Panzerhindernisse, unzählige Stacheldrahtverhaue sowie ein komplettes Telefonnetz neu errichtet, schreibt Werner Schmachtenberg in seinem Buch „Der Westwall in Rheinland-Pfalz“. Allein in der Südpfalz entstanden im sogenannten „Otterbach-Abschnitt“ zwischen Oberotterbach und Steinfeld knapp 900 Bunker. Es ging um die Sicherung des Gebiets zwischen Bienwald und Pfälzerwald, sagt Martin Galle, ehrenamtlicher Verwaltungsleiter des Westwallmuseums. Ab 1938 waren teilweise hunderttausende Arbeiter für den Bau der Anlagen im Einsatz. Arbeiter wurden vom Reicharbeitsdienst zwangsverpflichtet. Außerdem wurden mehr als 10.000 Männer durch die sogenannte Aktion „Arbeitsscheu“ in Konzentrationslager eingewiesen und für die Herstellung der Baustoffe eingesetzt. Hierfür wurde eigens das SS-Sonderlager „KZ Hinzert“ errichtet.
Für die Südpfälzer Bevölkerung war der Bau zwiespältig. Einerseits profitierten viele von dem Bau: die vielen Arbeiter mussten ernährt werden, brauchten Unterkünfte und besuchten die Kneipen. Auch musste das Baumaterial heran geschafft werden. „Zu dieser Zeit wurden viele neue Fuhrunternehmen gegründet“, heißt es in einem Zeitzeugenbericht in dem Buch über den Westwall. Die Fahrten wurden gut bezahlt. Andererseits wurden Grundstücke ohne Entschädigung zwangsenteignet, auf denen Anlagen errichtet wurden. Steinfeld war in besonderer Weise betroffen, da der Abwehrwall direkt durch den Ort verlief. Bunker wurden hier auch im Ort gebaut und als Bauerhöfe oder Tabakschuppen getarnt, so Galle. Zwischen Arbeitern und Dorfbewohnern kam es durchaus zu Konflikten. Denn die Arbeiter – meist Städter, die zu großen Teilen in improvisierten Massenunterkünften lebten – waren ohnehin über ihre Situation unglücklich und verstanden das karge Leben der armen Dorfbevölkerung nicht und umgekehrt. Und die Evakuierung zu Kriegsbeginn, entwurzelte etliche Bauern und Handwerker und entzog ihnen die Lebensgrundlage.

Sitzkrieg in der Südpfalz

Nach dem Überfall Hitlers auf Polen ab 1. September 1939 erklärten Frankreich und Großbritannien am 3. September, Deutschland den Krieg. Die französische Armee besetzte die Maginot-Linie, das Festungssystem auf der französischen Seite und es geschah: nichts. Lediglich im Saarland gab es einige Vorstöße der Franzosen, um zu schauen, wie der Westwall funktioniert. Es folgte der sogenannte „Sitzkrieg“. Zwar gab es gelegentliche Artillerieduelle, bei denen Gebäude in Dörfern beschädigt wurden, aber größeren Schaden richteten die Deutschen selbst an: So wurden Gebäude, an denen sich der Gegner orientieren konnte wie etwa Kirchtürme, von der Wehrmacht gesprengt. Die Soldaten plünderten die Häuser der Evakuierten und beschädigte Häuser wurden nicht repariert und verfielen. Und in der Pfalz wurden insgesamt über 2000 Häuser für die „Wiederaufbauaktion“ abgerissen. Ein Teil der evakuierten Bevölkerung sollten im besetzten Lothrigen angesiedelt werden und für die verbleibende Bevölkerung waren Musterdörfer nach der nationalsozialistischen Ideologie geplant. Alleine in Steinfeld wurden 136 meist unbeschädigte Gebäude abgerissen, berichtet der Historiker Rolf Übel in seinem Buch „Evakuierung im südpfälzischen Westwallbereich: Das Beispiel Steinfeld“. Aufgebaut wurden zwei Häuser und eine Baracke.
Der Krieg gegen Polen war schnell gewonnen. Nach der Kapitulation Polens konnten die Kräfte nach Westen verlegt werden. Am 10. Mai 1940 erfolgte dann der Angriff auf Frankreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg aus dem Westwall heraus. Bereits am 25. Juni 1940 endeten die Kampfhandlungen im Westen nach der Besetzung und dem erzwungenen Waffenstillstand. Die kompletten Einrichtungen der vorhandenen Bunker wurden demontiert und für den Atlantikwall weiterverwendet.

Höckerlinie bei Steinfeld.  | Foto: VG-Archiv Bad Bergzabern, Bildarchiv
  • Höckerlinie bei Steinfeld.
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Wiederaufbau des Westwalls

So herrscht in der Südpfalz Ruhe bis 1944. Am 6. Juni 1944 landeten die Alliierte in der Normandie und schafften es am 30. Juli 1944 aus dem Landungskopf auszubrechen. Bereits am 2. August ergeht der Befehl, den Westwall wieder zu aktivieren. Über eine halbe Millionen Menschen arbeiten zeitweise daran, die mit der Zeit geschliffenen Panzersperren wieder herzustellen, allerdings ohne schweres gerät, nur mit selbst mitgebrachten Spaten und Schaufeln und teilweise unter Beschuss von Tieffliegern. Im Einsatz sind neben Frauen und Männern, Kriegsgefangene sowie Kinder und Jugendliche. Die hohe Zahl der Kräfte ist jedoch nicht lange zu halten. Die Ernte musste eingefahren werden, Krankheiten grassierten, Männer zwischen 16 und 60 Jahren wurden zum sogenannten Volkssturm einberufen und die Kriegsgefangenen waren häufig zu schwach zum Arbeiten, weil sie schlecht versorgt wurden. Die Bunkeranlagen waren in der Zwischenzeit veraltet. Die Panzerabwehrgeschütze, die in die Anlagen passten, waren gegen die neuen schweren Panzer der Alliierten nicht mehr ausreichend, stärkere Geschütze passten aber nur in wenige Geschützstände. Dennoch schafften es die Alliierten anfangs kaum, den Westwall zu überwinden. Bis Ende 1944 hielt der Westwall. Bis dahin hatten die alliierten Truppen gelernt, die Anlagen zu überwinden. Auf den Ottersbach-Abschnitt in der Südpfalz erfolgte der Hauptangriff vom 19. bis 22. März 1945. Drei US-Divisionen und ein französische Division schafften den Durchbruch, sagt Galle. Da in Steinfeld Bunker auch mitten im Dorf standen, wurde dort von Haus zu Haus gekämpft und entsprechende Schäden angerichtet, berichtet er.

Westwallmuseum Bad Bergzabern zeigt NS-Unrechtsstaat

„An dem Westwall können wir viele Aspekte des nationalsozialistischen Unrechtsstaats zeigen“, sagt Galle vom Westwallmuseum. Und das ist auch sein Anliegen. So zeigt Galle ein Plakat, auf dem bekanntgegeben wird, dass Heinrich Hubert zum Tode wegen Plünderung verurteilt wurde. Der Mann, der am 4. November 1939 enthauptet wurde, hatte einige Wäschestücke gestohlen.
Die meist gesprengten Bunker in der Südpfalz hat sich die Natur. So haben sich auf den Betonresten seltene Moose und Flechten, Insekten, Vögel und Eidechsen angesiedelt und bieten heute wieder Schutz, beispielsweise den Wildkatzen, die seit einigen Jahren in die Südpfalz zurückgekehrt sind, sagt Galle. Auch die nassen Panzergräben sind inzwischen Biotope. Und die Bunkerbauten widersetzten sich auch der Feldbereinigung und sind seltene Biotope in einer Landschaft, die kaum noch Platz für Hecken und Sträucher bietet. Und das Westwallmuseum in Bad Bergzabern macht die Geschichte erlebbar. 

Informationen

Informationen zum Westwallmuseum in Bad Bergzabern findet man online unter www.otterbachabschnitt.de.
Das Buch „Der Westwall in Rheinland-Pfalz“ von Werner Schmachtenberg ist bei der Landeszentral für politische Bildung Rheinland-Pfalz erschienen. Informationen unter www.politische-bildung-rlp.de.  [rko]

Zweiter Weltkrieg in der Südpfalz

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