BriMel unterwegs
Genusstour per Oldtimerbus im nördlichen Landkreis
Bobenheim-Roxheim. Am Donnerstag, dem 6. September, fanden sich etliche „Genusssüchtige“ am Bobenheimer Bahnhof ein, um mit dem Oldtimerbus aus dem Jahre 1954 in den nördlichen Landkreis zu fahren. Angeboten wurde diese Tour von der Kreisvolkshochschule gemeinsam mit dem Tourismusverein Rhein-Pfalz-Kreis. Das Schöne an den Touren ist, dass sie Kulinarisches mit kultur- und naturkundlichen Besonderheiten im Rhein-Pfalz-Kreis verbinden. Frau Ackermann-Schneider von der VHS begrüßte uns und stellte den Buseigentümer Leo Klassen, der gleichzeitig Chauffeur, Entertainer, Koch und Kurpfalzspezialist ist, vor. Dieser unterhielt uns auf einzigartige Weise, später mehr dazu (info@klassen-reisen-heidelberg.de).
Unser voll besetzter Bus schlug alsdann den Weg nach Kleinniedesheim ein. Der einheimische Herr Reiß kennt sich mit der Geschichte des Ortes und Schlosses gut aus und führte uns zuerst am Weinberg vorbei zum Pavillon im Schlossgarten, wo bereits Vorbereitungen für eine anstehende Hochzeit liefen. Die Geländer wurden mit herzförmigen Luftballons geschmückt und auch das Innere sah einladend aus. Der Schlosspavillon, der heute Wahrzeichen des Ortes ist, war viele Jahre im Privatbesitz, wurde restauriert, und heute finden hier etliche Trauungen statt oder man mietet die Räume für andere Events an. Das spätbarocke Schloss wurde in den Jahren 1733 bis 1735 vom kurkölnischen Geheimen Rat von Steffne erbaut und von dessen Sohn an Carl Christoph von Gagern verkauft. Im Schloss, das teils in Privatbesitz ist und teils der Gemeinde gehört, schauen wir uns die naturgetreuen Modelle auf einem Tisch an, die auch gerne bei Umzügen benutzt werden. Im Ratssaal finden Gemeinderatssitzungen, Bilderausstellungen sowie kulturelle Veranstaltungen statt. Unter der Woche in den Wintermonaten finden auch manchmal Musiknachmittage statt. Früher nutzte mal die Säle als Schulsäle. Wir gehen in den großen Gewölbekeller, wo 50 bis 60 Gäste Platz finden. Der Landrat macht hier auch schon mal gerne eine Weinprobe. Zum Abschluss lässt uns Herr Reiß noch wissen, dass ausgerechnet in diesem kleinen Ort Kleinniedesheim Johannes Mehring 1849 die Kunstwabe erfunden hat.
Wir gehen zum gegenüberliegenden Weingut Merkel, wo wir von der Schwiegertochter des Hauses herzlich begrüßt werden. Uns erwartet im wunderschönen Hof eine Sektprobe mit drei verschiedenen Sorten. Dazu gibt es den ersten Gang unserer Genusstour: Kanapees mit Lachs. Während Frau Merkel mit ihrer kompetenten Art die Sektsorten erklärt, sorgen zwei fleißige Mitarbeiter dafür, dass jeder ein Glas erhält. Auch für diejenigen, die keinen Alkohol wollen, ist gesorgt, denn sie erhalten einen Traubensaft der besonderen Art “unverdächtig” mit zugesetzter Kohlensäure. Der erste Sekt ist ein Spätburgunder Blanc de Noir (für mich zu brut), der zweite ist ein Sauvignon Blanc, der mir sehr gut schmeckt, und zum Schluss folgt ein Rosécco Secco Rosé, in den ich mich glatt verlieben könnte. Man arbeitet hier mit Liebe zum Detail und hält nichts von Massenproduktion. Das sieht man auch an den dargebotenen leckeren handgemachten Pralinen mit Erdbeerfüllung, die es auch mit Sauvignon-Blanc-Geschmack und Maracujafüllung gibt. wein@weingut-merkel.de
Die Fahrt geht zurück nach Bobenheim-Roxheim durch eine Allee hindurch, die früher deshalb angelegt wurde, damit die Soldaten im Schatten laufen konnten. Wir kommen zur nächsten Station, nämlich dem wunderschön am Altrhein gelegenen Seehotel Restaurant Bader. Als Hauptspeise für alle gibt es Lachs auf Risotto mit Pfifferlingen. Ich denke, an dieser Form der Verköstigung muss noch ein wenig gearbeitet werden, denn nicht alle mögen Fisch oder Fleisch und so blieben am Ende ein paar wenige Lachsstücke auf dem Teller. Unser Busfahrer-Entertainer unterhält uns mit Witzen von dem Mundartdichter Paul Tremmel.
Wir erfuhren, dass in dieser rheinischen Tiefebene 50 verschiedene Obst- und Gemüsesorten wachsen. Links von uns ist der Pfälzer Wald und rechts von uns der Odenwald. Früher ist hier ein Eismeer durchgezogen, deshalb haben wir hier diesen fruchtbaren mineralischen Boden, den es nur noch in der Dominikanischen Republik gibt.
Uns erwartet Herr Marx vom Verein für Naturschutz und Heimatpflege Bobenheim-Roxheim e.V. (www.namu-borox.de) auf uns, um uns die Besonderheiten rund um den Altrhein zu erläutern. Mit 10 % Wasserfläche hat Bobenheim-Roxheim ziemlich nah am Wasser gebaut, denn es gibt ja hier auch noch den Silbersee. So wird sie auch als Wassergemeinde bezeichnet. Er erzählt, dass man hier sehr gut fotografieren könne wie z. B. Sonnenaufgänge oder Feuerwerk, das zum Gondelfest immer Tradition ist und sich wundervoll im Wasser spiegeln würde. Das Gerüst des Festes steht noch und stellte die Rialtobrücke dar. In der schön angelegten Altrheinanlage befindet sich auch ein Kriegerdenkmal, das wir allerdings nur von hinten sehen. Der Ortsteil Roxheim heißt auch Altroxheim, wo sich die Anlegestelle zur Wasserprozession an der Promenade befindet. Es gibt hier jede Menge Fischarten, deshalb versucht man durch Wassermessungen den Sauerstoff auf einem Level zu halten und hat auch eine leistungsstarke Pumpe laufen. Es ist kein Fließgewässer und wir haben zu wenig Regen und Wind, der das natürlich regulieren würde. Durch ein Jahrhunderthochwasser 1882-1883 war auch Bobenheim-Roxheim überschwemmt worden und eine Markierung am Restaurant zeigt das auch an. Interessant war auch zu sehen, dass der europäische Jakobsweg hier entlang führt. Herr Marx macht ganz viele unterschiedliche Führungen in der Gegend, sei es zu den Fledermäusen oder Biebern. Er erzählt uns dann eine haarsträubende Geschichte von einem im Altrhein gefangenen Schlammbrummer, der 4 kg schwer werden könne und das Maskottchen von Bobenheim-Roxheim sei. Aus Dankbarkeit für unseren Besuch überreicht er ein Exemplar aus Ton unserer Initiatorin Frau Ackermann-Schneider.
Es fängt zu regnen an und wir begeben uns zur Nachspeise wieder ins Restaurant. Der Nachtisch ist ein Träumchen. Unser Chauffeur gab zum Abschluss dann noch mal alles aus seinem Witzerepertoire. Er erzählte, dass Paul Tremmel einmal mit ihm gefahren sei und er sich noch ganz viele Witze und Anekdoten gemerkt hätte. Es folgte noch ein Bratkartoffelrezept mit wertvollen Tipps rund um die Kartoffel und dann ging es auch schon wieder Richtung Bus. Auf Nachfrage erzählt Herr Klassen, dass er den Bus aus der Schweiz habe, sozusagen vorm Friedhof gerettet, ihn mit viel Sorgfalt wieder hergerichtet hat und er der letzte seiner Art sei. Sogar die Reifen gäbe es nicht mehr in Deutschland, nur noch in China.
Es war wieder ein schöner Ausflug und etliche Handys wurden während der Tour gezückt. Wer noch einen Platz bei der nächsten Tour ergattern will, muss schnell sein, denn diese Touren sind sehr rasch ausgebucht. Ich hatte Glück, dass jemand abgesprungen war. (www.vhs-rpk.de). (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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