BriMel unterwegs
Weck, Worschd unn Krimi bei TonArt
Böhl-Iggelheim, OT Böhl. Am Abend des 18. März war es endlich so weit, die Karten schon vor langer Zeit reserviert und nun sollte es losgehen. Im protestantischen Gemeindehaus in Böhl wurde von „TonArt“ ein ganz besonderer Pfälzer Abend zelebriert. Unter dem Motto „Weck, Worschd unn Krimi“ wurden Pfälzer Spezialitäten aus der Küche und Weine vom Weingut Kreiselmaier in Neustadt hervorgezaubert. Das i-Tüpfelchen stellte die Lesung des bekannten Speyerer Krimiautors Uwe Ittensohn mit seinem Erstlingswerk „Requiem für den Kanzler“ dar, da dies am besten zum heutigen Abend passte. Da ich den literarischen Werdegang von Uwe Ittensohn seit seinem ersten Buch begleite, wusste ich, was mich erwartete, nämlich ein sehr kurzweiliger, fast schon schauspielerischer Auftritt. Uwe Ittensohn liest nicht nur, er spielt jeweils die vorgetragenen Figuren in Mimik, Gestik und mehrerer Dialekte mächtig in faszinierender Art und Weise. Er ist ein eher unkonventioneller Krimiautor, kommt aus der Finanzbranche und lebt in einem alten Kloster. Er hat sehr viele Interessen und ist vor ein paar Jahren dem Wein und seinem Ursprung zu Leibe zu rücken.
Er schlüpft in jede Rolle seiner Protagonisten wie heute als russischer Zuhälter, awwer a die Pälzer Sprooch kummt net zu korz. Er ist der Meister des Recherchierens! Mit Halbwahrheiten gibt er sich nicht zufrieden, alles hatte Hand und Fuß, naja, was das Wissen angeht, aber es kommt schon mal vor, dass man eine Hand oder einen Fuß in seinen Krimis vorfindet.
In dem für die heutige Lesung ausgewählten Buch ging es um einen Sprengstoffanschlag und Einbrecher. Die Protagonisten finden sich in jedem seiner Bücher wieder. Ein Kriminalbeamter, eine Kriminalbeamtin, ein Fremdenführer mit Ambitionen zum Privatdetektiv und seiner aus Russland stammenden Untermieterin, die kess ist und ihn bei seinen Fällen auch schon mal unterstützt.
Kurze Inhaltsangabe: Altbundeskanzler Helmut Kohl soll, nach einem Requiem im Dom, in Speyer beigesetzt werden. Kriminalhauptkommissar Frank Achill koordiniert den Hintergrundeinsatz der örtlichen Polizeikräfte und bittet seinen Freund André Sartorius als ortskundigen Stadtführer um Unterstützung. Alles sieht nach einem harmlosen Freundschaftsdienst aus. Dann mehren sich die Zeichen, dass Extremisten dem Ereignis ihren kaltblütigen Stempel aufdrücken wollen. Ein spannender Wettlauf gegen die Zeit hinter der Kulisse der Trauerfeierlichkeiten beginnt.
Der Leiter von „TonArt“ Karsten Klehr war nicht nur der Organisator des Abends sondern auch ehemaliger Kollege von Ittensohn bei der Bank. So schloss sich also der Kreis. Zuerst fand die Verköstigung statt, denn mit leerem Magen hört man nicht gut. An der Pfälzer Spezialitäten-Ausgabe bildete sich eine nicht enden wollende Schlange. Karsten Klehr begrüßte zur Lesung das Ehepaar Ittensohn, Jutta Saalfrank vom Weingut Kreiselmaier und bedankte sich bei seinen Helfern und Helferinnen. Seit Donnerstag seien sie am herumrennen, damit auch ja alles klappt. Wegen Corona habe bisher nichts vor Ort gemacht werden können, deshalb sei dies etwas ganz Besonderes und auch sehr gut angenommen, denn bis auf den letzten Platz war der Raum gefüllt. Ittensohn begann damit, zu erklären, wie er auf das Thema des Buches kam. Ganz einfach, er kann von seinem Haus aus auf das Grab von Helmut Kohl gucken. Die Handlung sei frei erfunden, aber der Rahmen stimme immer. Sogar die Fließgeschwindigkeit vom Speyerbach habe er berechnet. Zuerst kam das „Vorspiel“, ja so hieß das erste Kapitel. Mit viel Hingabe las er den Part zum morgendlichen Zelebrieren seines perfekten Cappuccinos. Er schilderte die russische Mentalität so wie sie ist und momentan also auch brandaktuell, obwohl vor 5 Jahren geschrieben. Nach jedem Kapitel folgte eine Pause, in der der Getränkenachschub organisiert wurde und Uwe Ittensohn Bücher ohne Ende signierte, die gingen weg wie warme Semmeln.
Das nächste Kapitel kündigte er an mit „Jetzt wird’s derb! Ich entführe Sie ins Bordell. Sie lernen einen der Bösewichte aus der Halbwelt kennen.“ Und er war wieder in seinem Element, wo er sich richtig auslebte. Im Buch ging es ja auch um einen Bombenanschlag. Er erzählte locker vom Hocker, dass man sich ganz einfach selbst eine Bombe basteln könne, Anleitungen gäbe es genug. Er hatte selbst einmal an einer Kriminale-Führung teilgenommen, wo man auch die Kunst des Türschlossöffnens gezeigt bekam. Falls also jemand Hilfe bräuchte ……!
Nachdem diese Lesung zu Ende war wollte man mit einem Gläschen Sekt anstoßen. Uwe Ittensohn zauberte nicht nur eine Flasche Sekt, sondern auch einen Säbel hervor. Nanu? Ja, das war dann die Überleitung zu seinem brandneuen Buch „Winzerblut“, wo es unter anderem darum geht, die Sektflasche fachgerecht zu köpfen. Man lernte, was eine Agraffe (Drahtkörbchen) ist und dass sie zuerst hochgesetzt werden muss, außerdem ginge das nur mit einer Flaschengärung wegen dem Innendruck und der Sollbruchstelle als Naht, damit die Flasche nicht zersplittert. Lesungen bilden! Also sollte Karsten Klehr sein erstes Mal haben und mit dem Säbel die Sektflasche köpfen. Zack, schoss der Flaschenkopf in den Garten (der Fluchtweg wurde extra hierfür geöffnet). Dafür gab es dann auch noch eine kleine Zugabe aus dem „Winzerblut“, wie alles begann, nämlich vor dem Saalbau in Neustadt als aus der angetrunkenen feiernden Menge ein Toter genau wegen dieses Flaschenhalses hervorging. Für diesen langen, aber kurzweiligen Abend gab es dann noch für den Autor ein Weinpräsent und viel Applaus. (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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