BriMel trifft
Olympische Bronze-Medaillen-Gewinnerin Jasmin Grabowski
Böhl-Iggelheim. Am 12. August traf ich mich mit der frisch gekürten Bronze-Medaillen-Gewinnerin der Olympischen Spiele von Tokyo Jasmin Grabowski, geborene Külbs, in ihrem Heimatort Böhl-Iggelheim. Die 29-Jährige trat in der Disziplin Judo an. Der 31. Juli war wohl der größte Tag im Leben der 178 cm großen Jasmin Grabowski vom 1. JC Zweibrücken, die allerdings beim Olympiastützpunkt in Köln trainiert. Sie hat bereits bei der Europameisterschaft 2020 in Prag den 5. Platz erreicht und nun als Krönung Bronze bei den Olympischen Spielen. In einem der beiden kleinen Finals besiegten sie am Samstag die Niederlande mit 4:2. Insgesamt war es die dritte Medaille für den Deutschen Judo-Bund (DJB) – zwei mehr als bei den Spielen 2016 in Rio.
Die erfolgreichen Teammitglieder des Wettbewerbes Judoka Mixed-Team bei dieser Olympiade waren Martyna Trajdos, Anna-Maria Wagner, Karl-Richard Frey, Igor Wandtke, Katharina Menz, Sebastian Seidl, Giovanna Scoccimarro, Theresa Stoll, Dominic Ressel, Johannes Frey, Eduard Trippel
???: Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zur Bronzemedaille! Die Böhl-Iggelheimer und ganz Deutschland sind stolz auf dich und das Team. Du kannst es wahrscheinlich auch kaum fassen oder?
Jasmin: So langsam setzt sich das ein bisschen, aber manchmal ist es so, dass ich einfach auf die Medaille gucke und denke „Jo, jetzt hast du es geschafft“. Es ist manchmal noch wie ein Traum, weil es genau das ist, wofür ich die letzten 15 Jahre gearbeitet hab. Ist schon cool, denn so eine Medaille bleibt für immer.
???: Da diese Sportart nicht nur Hobby sondern Dein Hauptberuf ist, stehst und liegst du
wahrscheinlich ziemlich viel auf der Matte beim Training. Wie oft trainierst du in der Woche und wie lange?
Jasmin: Ich habe am Tag zwischen zwei und drei Einheiten, die im Schnitt so 1,5 bis 2 Stunden dauern. Wenn ich drei Einheiten a 1,5 bis 2 Stunden am Tag mache, komme ich auch auf meine 6 Stunden. Dazu kommt noch die An- und Rückfahrt, Physiotherapie, Rehatraining, das ist nicht so wenig, das ist ein Hochleistungssport. Das ist nicht „Ich kick da mal ein bisschen den Fußball auf der Matte zum Aufwärmen“. Ich fahr da hin, ich mach mich warm, ich mache 1,5 Stunden Hardcore-Training und fahr dann nach Hause. Das ist kein „lari fari“, das ist schon ein hartes Stück Arbeit.
???: Wer sind Deine Trainer? Immer die gleichen oder schon Wechsel gehabt?
Jasmin: Ich war früher in Speyer im Verein, jetzt bin ich in Zweibrücken, dieser Wechsel ist aber auch schon 10 Jahre her. Die Bundestrainer und der Stützpunkttrainer haben einmal gewechselt, das war 2016 nach den ersten Spielen. Jetzt ist mein Stützpunkttrainer Costel Danculea und mein Bundestrainer Claudiu Pusa.
???: Bekommst Du noch Deine Vita im Sport zusammen oder verlierst Du bereits den Überblick? Olympia, WM und EM?
Jasmin: Also jedes einzelne würde ich jetzt nicht mehr zusammen kriegen, muss ich tatsächlich zugeben, weil es über die letzten 10 Jahre schon sehr viele waren, auch quer durch die Welt. WM und EM würde ich schon noch aufzählen können. Olympia habe ich zweimal erreicht, einmal in Rio und jetzt in Tokyo. Meine erste EM habe ich 2013 in Budapest gekämpft, im gleichen Jahr kämpfte ich auch meine erste Weltmeisterschaft, die damals in Rio stattfand.
???: Die Olympischen Spiele sollten ja eigentlich 2020 in Tokyo stattfinden. Wegen Corona hat sich das nun auf 2021 verschoben. Training war ja wegen Corona entsprechend weniger gewesen. Hast Du für Dich alleine oder sogar mit Partner in dieser Zeit trainiert, um fit zu bleiben?
Jasmin: Um diesem Vorurteil mal direkt entgegenzutreten; Training war wegen Corona nicht weniger. Die Trainingsumstände mussten angepasst werden. Normalerweise trainieren wir in einer Gruppe von 30 bis 40 Leuten. Das hat man den Bestimmungen gerecht reduziert. Aber weniger trainiert haben wir nicht. Das funktioniert auch gar nicht. Du kannst nicht weniger trainieren, wenn du dich auf Olympia vorbereitest. Also ich hab vom Umfang ähnlich trainiert wie vorher. Unsere Halle war Gott sei Dank für uns nur 4 Wochen zu, danach gab es von der Landesregierung eine Verordnung, dass der Profisport weiter trainieren darf, unter gewissen Voraussetzungen. Ich hatte meine feste Trainingspartnerin, die mich auf dem Weg aber auch schon seit ein paar Jahren begleitet hat. Wir hatten auch alleine unsere Mattenzeit, es waren also wirklich nur wir beide plus ein Trainer, ansonsten Krafttraining, Zirkel und Lauf waren unverändert, dieser Teil des Trainings lief normal weiter. Wir hatten noch Geräte aus dem Kraftraum geholt, Scheiben, Stangen, Gewichte. Dies lag dann bei uns im Büro, so konnte ich auch zu Hause trainieren.
???: Hast du noch Hobbies nebenbei oder besteht Dein Leben nur aus Judo?
Jasmin: Zum Großteil JA, aber ich brauche auch ein bisschen Abwechslung, weil nur Judo wäre nicht so gut. Ich backe leidenschaftlich gerne. Ich versuche mich auch immer an neuen Dingen. Ich lese auch super gerne. Ein super Ausgleich für mich ist es auch zu meiner Familie oder zu meinen Schwiegereltern zu fahren. Da kann ich einfach mal runterkommen.
???: Wie oft bist Du noch bei Deinen Eltern Petra und Udo Külbs in Böhl-Iggelheim nachdem du wohl irgendwann geheiratet hast, wie ich Deinem Namen entnehmen darf?
Jasmin: Wir fahren so oft es die Zeit zulässt zu meinen Eltern in die Heimat. Das letzte Jahr war es etwas weniger, weil die Olympiavorbereitung engmaschiger wurde. Wir hatten mehr Lehrgänge, mehr Wettkämpfe; da haben wir es leider nur so alle 8 bis 10 Wochen geschafft, das wird jetzt wieder öfter. Zu den Schwiegereltern ist es nur eine dreiviertel Stunde Autofahrt, da ist man schnell mal am Nachmittag hingefahren, 2,5 oder 3 Stunden Fahrt hier runter dagegen, lohnt sich für eine Tasse Kaffee nicht. Aber wir sind schon regelmäßig bei meinen Eltern, auch nach der Hochzeit.
???: Welche Sportarten hättest Du Dir persönlich gerne während der Olympischen Spiele angeschaut? Und wie lange warst du jetzt in Tokyo?
Jasmin: Ich war 10 Tage in Tokyo. Wir sind 2 Tage vor der Eröffnungsfeier angereist und wir mussten leider am 01.08., also direkt nach dem Teamwettkampf, zurückfliegen. Ich hatte da tatsächlich gar keine Zeit, mir andere Sportarten anzugucken, weil wir, Corona bedingt, nicht in die Hallen oder Stadien durften. Da wäre nur das Anschauen per Fernseher gewesen. Und da ich vor Ort mein normales Training gemacht habe, wo ich mich auf meinen Wettkampf fokussieren musste, war dafür leider nicht wirklich Zeit. In Rio war es auch so, dass ich mir erst danach andere Sportarten angeguckt habe, weil man davor noch so in seinem Fokus ist, dass nicht so viel Zeit dafür bleibt.
???: War Judo schon immer Deine Sportart gewesen? Hast Du als Heranwachsende nie mit dem Gedanken gespielt, eine andere Sportart zu wählen?
Jasmin: Nein, ich fand Judo immer schon gut. Ich habe da, glaube ich, ganz gutes Talent zu. Judo hat mir immer viel Spaß gemacht. Ich bin durch meinen Papa zum Judo gekommen und er musste auch eine Zeit lang als Trainingspartner herhalten bis er mal gesagt „Nein, es reicht mir jetzt, wir machen das jetzt anders.“ Mich hat auch nie eine andere Sportart so gereizt, dass ich vom Judo weggegangen wäre. Die Sportart hat mich immer glücklich gemacht, ich hatte immer Spaß, deshalb kam etwas anderes einfach nicht in Frage. Ich war mal beim Kinderturnen, aber ich war nicht gut. Mit 4 Jahren bin ich das erste Mal auf der Matte herumgeturnt, Papa war selbst beim Training und hat mich mitgenommen. So kam eins zu anderen.
???: Bei der Sportlerehrung der Gemeinde fällt jedes Jahr Dein Name? Dieses Jahr gehe ich sogar davon aus, dass Du Dich ins Goldene Buch eintragen darfst. Oder stehst du da bereits drin?
Jasmin: Jedes Jahr ist nicht korrekt. Letztes Jahr hat die Gemeinde den Antrag auf die Sportlerehrung nicht angenommen, da wegen Corona die Richtlinien geändert wurden, was ich persönlich sehr schade finde. Warten wir mal ab, ob es sich dieses Jahr wieder ändert!
Im goldenen Buch stehe Ich bereits, nach Olympia in Rio durfte ich dort meine Unterschrift setzen. Wobei ich finde, nach einer Bronzemedaille könnte man dies nochmal wiederholen.
???: Egal, wie Dein weiterer beruflicher Weg laufen wird. Ich wünsche Dir viel Erfolg und alles Gute. Vielen Dank für das nette Gespräch!
Jasmin: Gerne. Mal schauen, was die Zukunft so bringt!
(mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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