BriMel unterwegs
Tine Wittler im Boulevardtheater und die „halbnackten Bauarbeiter“

Foto: Agentur
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Deidesheim. Am 2. Oktober machte ich mich auf den Weg ins beschauliche Deidesheim, um mir den TV-Star Tine Wittler in einer ganz anderen Rolle anzuschauen. Etliche Jahre sind vergangen seit ihrem letzten „Einsatz in vier Wänden“, für den sie den Deutschen Fernsehpreis erhielt. Was sie wohl in der Zwischenzeit gemacht hat? Ich sollte es später in einem kurzen Gespräch in ihrer Garderobe erfahren.

Das große Theater war ziemlich voll und auffallend war die Mehrzahl an Frauen. Aber auch ein paar Männer sichtete ich, entweder wurden sie „verpflichtet“ oder waren freiwillig da. Ich hatte meinen Platz am Tisch von drei Schifferstadter Damen, die zum ersten Mal das Boulevardtheater besuchten. Auf meine Frage, wie sie darauf aufmerksam geworden seien, antworteten sie, dass sie auf Facebooks Veranstaltungsseite darauf gestoßen wären. Es sollte ein vergnüglicher Abend mit meinen Tischgenossinnen werden. Aber auf die halbnackten Bauarbeiter warteten wir vergeblich ;-)

Stefan Beyer in schickem Schwarz mit rosafarbenen Accessoires (Krawatte, Mundschutz, Kugelschreiber und Stringtanga, den er dem Publikum allerdings vorenthielt) begrüßte das Publikum und freute sich über mein Mitbringsel in Form eines rosafarbenen Gartenzwerges. Er offerierte eine ganz besonderes Angebot, nämlich dass an diesem Abend nach der Vorstellung eine Eintrittskarte bezahlt und man die zweite gratis dazu bekommen würde.

Auf der Bühne stand nicht viel Mobiliar, lediglich zwei Tische, Laptop, Lampe, zwei Stühle, Radio, ein paar Aktenordner und ein „Fahrstuhl“. Die blonde Tine Wittler - in diesem Stück hieß sie Ute - erschien im geblümten Kleid und Overknee Stiefeln. Sie denke gerne an die Cola-Werbung der 90er Jahre als halbnackte Bauarbeiter die Kiste auf ihren gut gebauten Schultern trugen. Aber was nütze es, wenn so ein gut gebauter Bauarbeiter nur gut aussieht, jedoch kein Benehmen hat und rülpst? Dann sei die ganze Schönheit dahin.

Ute erzählte ein bisschen aus ihrem Leben, dass sie von Pinneberg komme und nun in Berlin wohne. Sie sei Single und Kontrollfreak, so seien die Leitz-Ordner exakt ausgerichtet. Sie ließ das Publikum wissen, was alles in ihrem Rucksack verstaut sei, unter anderem eine Wurst bei Unterzuckerung. Sie wohne in einer Zweier-WG und traf auf einen Mann, der wie Johnny Depp aussah. Ute geriet ins Schwärmen, dass der Mann sogar erotische Zähne habe. Während der Show imitierte sie mehrmals ihre Mitbewohnerin Kirsten und ihre Mutter und musste ihre Stimme verstellen. Das Publikum fühlte sich sehr unterhalten, wenn Ute zum Beispiel fragte, warum Veganer so gerne Möhren mögen? Antwort: Weil Möhren keine Batterien brauchen. Oder warum Sex mit sich alleine zwei Vorteile habe, nämlich dass man vorher nichts erklären müsse und zweitens man müsse nicht lügen. Toll, wie eine einzige Person ein Publikum über 2 Stunden bestens unterhalten kann.

Auf einer Party lernte Ute zwei Männer kennen. Der eine war der attraktive Schweizer und der andere der eher unscheinbare Michael. Sie war erfüllt von Beutestolz als beide ihre Telefonnummer wollten. Sie spielte mit einer hervorragenden Mimik als sie die Begebenheiten mit den beiden erzählte, imitierte sogar den Schweizer Dialekt. Ute mokierte sich in der erhaltenen Mail über Michaels Ausdrucksweise „Chillen“ (wie alt ist er denn?) und Rechtschreibfehler. „Liest er denn seine Mails nicht durch bevor er sie abschickt?“ Sie antwortete ihm und beendete mit „Alles Gute – Ute“. Michael schrieb, er sei schwer beeindruckt von ihr. Sie fragte sich nun, wieso er wohl von ihr beeindruckt sei. Mit grübelndem Gesichtsausdruck und einer Wurst in der Hand ging sie in die Pause.
Nach der Pause erschien Ute mit einer Gurkenmaske, Jeansjacke und gemütlichen Plüschhausschuhen. Sie sinnierte, dass sie mit über 40 Jahren seit 3 Jahren keinen Sex mehr hatte und wenn, dann nur im Bett. Sie traf sich mit Michael. Er bedankte sich per Mail, dass es sehr schön gewesen sei, wie sie die Dinge in die Hand genommen habe. Auch "Johnny Depp" bekundete Interesse und bestellte sie in die Hotelbar, glänzte jedoch dann durch Abwesenheit. Sie musste feststellen, dass Michael doch ein Traummann sei. Nach einer Nacht mit viel Alkohol ging es ihr sehr schlecht. Und was macht Frau nach so einer Enttäuschung? Sie musste Eis essen. Schlussendlich gestand ihr Michael, dass er sich in sie verliebt habe und ob sie damit klar käme. Das Leben muss nicht perfekt sein, es reicht, wenn man sich wohl fühlt! Unter tosendem Applaus ging Tine Wittler als Ute von der Bühne.

Ich durfte anschließend noch zu einem kurzen Gespräch in ihre Garderobe. Die Künstlerin war immer fleißig als Schriftstellerin, Filmproduzentin, Schauspielerin, Sängerin und Fernsehmoderatorin. Sie schrieb nicht nur Chansons, sondern sang sie auch und veröffentlichte sie auf einem Album. Ein Dokumentarfilm von ihr wurde mit dem Prädikat „Wertvoll“ ausgezeichnet. Sie passe nicht in ein Genre. Auch mit der Schauspielerei zeige sie, dass sie immer wieder versuche vielseitig zu sein. Dieses Einpersonenstück hatte letzte Woche hier im Boulevardtheater Premiere. Sie sei damit in Deutschland unterwegs; am 3. Oktober um 20.00 Uhr und Ende Oktober spielt sie wieder hier. Ab Januar hoffe sie auf bundesweite Touren. Das Deidesheimer Boulevardtheater habe Hausrecht. Mit dem Satz „Ich fühle mich sehr Ute“ verabschiedeten wir uns. (mel)

Nachtrag: Meine Fotos von ihrem Auftritt gelöscht. Wurden durch Agenturfotos ersetzt.

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Autor:

Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim

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