Schulmuseum zeigt Unterricht vor 100 Jahren / Eselsmaske & Haselnussstock
„Schwarze Pädagogik“ war weit verbreitet
Palmbach. Trudel Zimmermann ist eine resolute Frau. Wenn sie in ihrem altmodischen Kleid und ihrem hölzernen Stock auf die Tafel deutet, könnte man sich durchaus in vergangene Zeiten zurückversetzt fühlen.
Die 67-Jährige ist „Lehrerin“ im „Badischen Schulmuseum“ – und hier in den Räumen im Bergdorf Palmbach bei Karlsruhe scheint die Zeit geradezu vor etwa 100 Jahren stehen geblieben zu sein.
Die alten Schulbänke, ausgestopfte Tiere an der Wand, historische Karten und Schautafeln: Man wähnt sich wie in einem Zeittunnel, als „schwarze Pädagogik“ bevorzugt mit dem Rohrstock praktiziert wurde.
Rund 3.700 Personen besuchen das Museum pro Jahr. „Historischer Schulunterricht“ steht dann auf dem Lehrplan. „Hier lernen Kinder, wie der Schulunterricht vor vielen Jahrzehnten war“, erklärt Zimmermann: „Sie können dabei Vergleiche mit der heutigen Zeit anstellen.“
Mancher Besucher wird wohl heilfroh über die Gnade der späten Geburt sein. Denn was die Frau, die aus Graben-Neudorf stammt, hervorholt, lässt Besucher erschaudern. „Das hier ist ein Haselnussstock zur Züchtigung, ab etwa 1940 kam der Rohrstock zum Einsatz.“
Ein besonders perfides Instrument kramt sie aus einer Schublade hervor: die „Eselsmaske“, die ein wenig an alte Horror-Streifen erinnert. „Die mussten die Kinder auf dem Heimweg von der Schule aufbehalten, wenn sie unartig waren. Begleitet wurden sie von einer johlenden Meute von Mitschülern, die sie hänselten. Und zu Hause gab es noch einmal Dresche“, berichtet Zimmermann.
Die Mädchen hatten es nur ein bisschen leichter, sie trugen eine Eselsmütze. Auch war die Bestechung des Lehrers offensichtlich weit verbreitet. „Nicht umsonst hieß es: Speck und Eier geben einen Zweier“, so Zimmermann mit einem Schmunzeln.
Zu den Schwerpunkten des „Historischen Unterrichts“ zählt beispielsweise auch das Kennenlernen der Sütterlin-Schrift respektive des Altdeutschen. Stolz ist die Leiterin auf die Ausstellung mit Schulbüchern aus aller Welt. Selbst aus Tunesien, Kasachstan, Japan oder Nigeria gibt’s Bücher. Auch eine Schulfibel von 1804 kann man begutachten oder einen 130 Jahre alten Spickzettel. Zudem sind etliche altertümliche Instrumente wie eine Bleistiftspitzmaschine oder ein Diaprojektor um 1900 zu bestaunen. voko
Infos: Regelmäßig gibt es in dem akribisch zusammengestellten Museum obendrein Klassentreffen oder auch Seniorennachmittage, www.badisches-schulmuseum.de
Autor:Jo Wagner |
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