Bäume für die Zukunft: Arboretum in Edenkoben macht den Klimawandel sichtbar
Edenkoben. Die zunehmende Urbanisierung und das Baumsterben in städtischen Gebieten sind alarmierende Trends, die weitreichende Auswirkungen auf unsere Lebensqualität und Umwelt haben. Studien zeigen, dass Bäume in Städten eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Luftverschmutzung, Hitzeinseln und dem Verlust von Biodiversität spielen. Angesichts dieser Herausforderungen ist das Klima-Arboretum in der Verbandsgemeinde Edenkoben ein wegweisendes Projekt. Als erstes seiner Art in Deutschland dient es nicht nur als wichtiger Forschungs- und Bildungsort, sondern auch als lebendiges Beispiel für die Bedeutung von städtischer Begrünung im Kampf gegen den Klimawandel.
von Katharina Schmitt
52 Bäume, 21 Arten
Den Begriff des Arboretums lernte Projektleiter Bernhard Bäcker bereits in seinem Forstwirtschaftsstudium kennen. Ein Arboretum ist eine Sammlung verschiedenartiger Gehölze und wird meistens mit dem Wald oder botanischen Gärten in Verbindung gesetzt. In einem Wald muss ein Arboretum jedoch autochthon sein, darf also nur einheimisches Pflanzgut beinhalten. Das ist in Kommunen anders geregelt: In Flemlingen ist das erste kommunale Arboretum, das sich der Stadtbegrünung widmet; die Verbandsgemeinde Edenkoben pflanzte gemeinsam mit den 16 Ortsgemeinden 52 Bäume, 21 einheimische und auswärtige Baumarten, auf einem Hektar. „Die Baumarten wurden danach ausgewählt, wie gut sie mit Hitze, Trockenheit, Starkregen, Überschwemmungen und anderen Umweltbelastungen zurechtkommen“, erklärt Bäcker. Die VG Edenkoben eröffnete das Klima-Arboretum auf dem ehemaligen Sportplatz in Flemlingen am 8. Oktober 2022. Die Ortsgemeinden der VG konnten Flächen für das Projekt vorschlagen, Flemlingens Sportplatz überzeugte durch seine Lage, besonders auch als Aussichtspunkt. Ziel der Baumpflanzungen ist es, „der Natur etwas zurückzugeben“, so Verbandsgemeindebürgermeister Daniel Salm.
Ein Generationenprojekt
Über diese Aspekte hinaus, dient die Anlage dazu, zukünftigen Generationen die Möglichkeit zu geben, sich kostenfrei über das Wuchsverhalten der „Klima-Bäume“ zu informieren. Bänke und Wege machen das Arboretum begehbar und aus ihm eine Begegnungsstätte, die nicht nur zum Lernen, sondern auch als touristischer Aussichtspunkt relevant ist. Die Bänke und die Steine sind aus natürlichem „Recycling-Material“ – das Holz für die Bänke ist aus Bäumen, die im Rahmen der Verkehrssicherung gefällt werden mussten, die Steine zur Abgrenzung der Wege sind aus Baustellen bei den Renaturierungsprojekten.
Salm erklärt: „Junge Generationen und deren Eltern für den Klimawandel zu sensibilisieren und ihn ihnen sichtbar zu machen, ist unser Ziel." An den Bäumen sind verschiedene Schilder mit Informationen zu dem jeweiligen Baum angebracht, mit einem QR-Code können diese Informationen zusätzlich angehört werden. In diesem Jahr beginnen Gästeführungen und Besuche von Schulklassen, in der Vergangenheit feierte die VG bereits ein Kinderfest. Ein Booklet soll Flyer und QR-Codes ergänzen.
Die Verbandsgemeinde versucht seit vielen Jahrzehnten den Naturschutz voranzutreiben, dazu zählen beispielsweise die Renaturierung von Gewässern oder das Projekt "Blühende Landschaften" mit zwölf Hektar eigenen Blühflächen. Die Idee zum Arboretum mit dem Anlass der 50-Jahr-Feier der VG Edenkoben stammt vom früheren VG-Bürgermeister Olaf Gouasé. Gesucht wurde ein nachhaltiges Projekt, das gleichzeitig ein Zukunftsprojekt sein kann, das über Generationen hinweg wirkt.
Nachmachen erwünscht
Das Arboretum soll dabei nicht nur für die Bürger da sein, sondern auch über Gemeindegrenzen hinweg zum Nachmachen animieren. „Wir haben den Klimawandel wahrgenommen, wollen etwas dagegen tun und uns vorbereiten“, erklärt Salm die Grundlage der Überlegungen. „Wir mussten viele Bäumen aufgrund von Schädlingen und Krankheiten fällen“, erklärt Bäcker weiter. „Es stellte sich darüber hinaus die Frage, wie wir die Kommunen zur Weiterentwicklung des Stadtgrüns beraten können.“ Bäcker selbst ist gelernter Förster und hilft weiter, wenn die Ortsgemeinden fragen, was sie in Anbetracht des Klimawandels anpflanzen sollen. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Klima-Arboretum nutzte beispielsweise auch eine Delegation aus Kassel, die extra mit einem Bus nach Flemlingen reiste und sich von Bäcker durch das Arboretum führen ließ. Dass Bäckers Arbeit fruchtet, sieht er beispielsweise an den Anfragen von Schulen, die als Reaktion auf das Arboretum Bäcker um Beratung bitten, was sie am besten pflanzen sollen, so auch bei spontanen Baumspenden wie bei der Alla-Hopp-Anlage in Edenkoben. „Wir haben die VG mit Klimabäumen infiziert“, sagt Salm mit einem Lächeln im Gesicht. In der Zukunft rechnet Bäcker damit, dass sich die Bäume des Arboretums zu einem lichten Wald entwickeln. „Nachfolgende Generationen werden den Spaß haben, das zu beobachten“, freut sich Bäcker, „ich selbst werde die langfristigen Ergebnisse nicht mehr sehen können.“
Sorgfältige Baumauswahl
Für die Baumauswahl nutzten Bäcker und das Planungsteam die sogenannte „GALK-Straßenbaumliste“- eine Liste von 160 Baumarten, die auf der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz zusammengestellt wurde, um Kommunen und Planungsbüros bei der Auswahl von Bäumen für Straßen und Plätzen zu unterstützen. Einzige Einschränkung: Die ausgewählten Arten bilden ab, was am Markt verfügbar war. Bundesweit habe sich das Umdenken beispielsweise bei Straßenbegleitgrün schon herumgesprochen, so Bäcker. Die früheren Ahornarten schaffen den Klimawandel nicht, Wasser fehlt ihnen und sie bekommen Pilze; stattdessen pflanzt man mit heutigem Wissen Silber-Linden und Hopfenbuchen an – genau diese Arten waren daher ausverkauft. Innerhalb von acht Monaten Planung und sechs Wochen Bauzeit wollte die VG das Arboretum fertigstellen. Fehlender Niederschlag und extreme Sahara-ähnliche Trockenheit in der Bauphase forderten die Planer heraus. „Bäume müssen bewässert werden, bis sie sich etabliert haben und das Wurzelwerk sich ausgebildet hat“, erklärt Bäcker. Doch nicht alles lief nach Plan: Von den gepflanzten Baumarten waren drei Arten Totalausfälle, Bäcker vermutet, dass der Ausfall durch Beschädigungen, die schon vorher da waren, bedingt war. Weitere Überraschungen sind die Sumpf-Eiche, Späths Erle und generell die Eichenarten, die allesamt besonders gut funktionieren. Sponsoren und die VG tragen die Kosten für die Instandhaltung: Die Notwendigkeit der Bewässerung wird ständig beobachtet und angepasst, gemäht wird insofern, dass die Konzeption begehbar bleibt, der größte Teil bleibt jedoch für die Insektenentwicklung bestehen.
Weiter hinterfragen
Wieso andere Gemeinden noch kein Klima-Arboretum haben, kann Salm nicht beantworten. Meist pflanzen die Gemeinden das, was schon immer gepflanzt wurde. Auch dank Bäcker würde die VG Edenkoben ihr Verhalten ständig hinterfragen: „Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Sind die Bäume, die wir vor 20 Jahren gepflanzt haben noch die richtigen?“ Salm betont: „Wir müssen selbst als Kommune Dinge ausprobieren, wie wir in den nächsten zehn, 20 Jahren Stadtbegrünung herstellen.“ Das sei am Anfang zwar in Form der Baumpflanzungen eine Investition, aber das Arboretum biete als Lehrplatz, Platz der Generationen und touristischer Hotspot einen Mehrwert.
Was die Planung weiterer nachhaltiger Projekte betrifft, sei man in einem "dynamischen Prozess". Nur so viel will Salm verraten: Man stehe nicht still. Als nächstes Projekt steht die Renaturierung des 607 Meter langen Kaltenbachs neben dem Klima-Arboretum an.
Lage des Arboretums
Das Arboretum in Flemlingen ist das ganze Jahr über geöffnet.
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Autor:Katharina Wirth aus Herxheim |
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