Glückliche Schweine
Edinger Bauer schwört auf natürliche Haltungsform
Edingen. Zu den sicher kuriosesten tierischen Feier- und Aktionstagen gehört der „Tag des Schweins“, der in den USA am 1. März gefeiert wird. Die Schwestern Ellen Stanley und Mary Lynne Rave haben den Aktionstag 1972 im kleinen Rahmen initiiert, bevor er dann als „National Pig Day“ seine Kreise zog. Der Kerngedanke des Aktionstages ist dabei dieser: Dem Schwein als einem der intelligentesten Haustiere des Menschen, die ihm angemessene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
„Schwein gehabt“, ist bei den Glücksfällen des Lebens der gängige Ausspruch. Das Schwein hatte schon in einigen alten Kulturen eine besondere Bedeutung und ein solches Tier im Stall zu haben, bedeutete in früheren Zeiten, gut versorgt zu sein. Kein Wunder, dass das Schwein beispielsweise auch zum Jahreswechsel als Glückssymbol gilt, das vorrangig in rosa Marzipan Gestalt annimmt. Das Borstenvieh als solches fristet oftmals kein allzu rosiges Dasein, die meisten von uns haben nur in Form von Schnitzeln und Schinken mit ihm Kontakt.
Abgesehen von diesem Ende gibt es aber auch glückliche Schweine, zu denen Helmut Kochs braune, rosige und gescheckte Exemplare zählen, die artgerecht gehalten werden und sich dabei „sauwohl“ fühlen. Nach der Umsiedlung des Hofs hinaus in die Feldflur, trieb Koch 2004 das letzte Schwein buchstäblich zum Dorf hinaus. „Ich wollte den Tieren schon damals zu mehr Licht, Luft und Sonne verhelfen“, begründete er den Schritt zur artgerechten Tier-Haltung und fügte an: „Schweine sind nämlich intelligente und von Ausnahmen einmal abgesehen, reinliche Tiere.“
Allerdings bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel. Derzeit hat er in einer seiner vier Herden, mit jeweils zwölfköpfiger Besatzung, zwei richtige „Dreckschweine“. Die kleinen Säue halten sich laut ihrem Besitzer „nicht an die Ordnung.“ Diese besagt, dass Schweine ihr Geschäft immer am gleichen Ort verrichten, und nicht gerade dort, wo sie sich zum Fressen aufhalten oder zum Schlafen hinlegen. Aber in seltenen Fällen sorgen eben auch Schweine für eine echte Sauerei in ihrer Schlafkoje, die ihr Halter dann regelmäßig zu entfernen hat. Gehalten wird Kochs Borstenvieh in isolierten Boxen, die an einen Außenbereich angeschlossen sind. Auf diese Weise können sich die Tiere von drinnen nach draußen frei bewegen und haben genügend Auslauf für den „Morgensport“, wie Koch den munteren Schweinsgalopp bezeichnet. Außerdem stehen die Tiere hier nicht auf Spaltböden, sondern auf Stroh.
Nach der Umsiedlung des Hofs hinaus in die Feldflur habe er sich bewusst gegen den Massenbetrieb und die geschlossene Haltungsform entschieden. „Für meinen Bedarf im eigenen Hofladen reicht diese Art der Schweinehaltung, wie ich sie betreibe, völlig aus“, erläutert der Landwirt. Letztlich bestimmt der Verbraucher Kochs Auffassung nach durch seinen Einkauf auch darüber mit, inwiefern die Tiere artgerecht gehalten werden. Inzwischen gebe es bei den Fleisch-Erzeugern, insbesondere bei den kleineren und mittleren Betrieben ein Umdenken hin zu mehr Tierwohl, aber das habe nun mal auch seinen Preis. „Es ist doch auch was Gutes, wenn qualitativ hochwertiges Fleisch zwei oder drei Mal die Woche auf den Tisch kommt, als sein Billig-Schnitzel aus der sogenannten Nutztierindustrie täglich auf dem Teller zu haben“, ist Koch überzeugt. Dass die Schweine in der natürlichen Haltungsform ein besseres Immunsystem entwickeln, so dass sie kaum den Tierarzt benötigen, ist ein weiterer Pluspunkt. Klar, dass dabei auch die Ernährung eine Rolle spielt. Vorrangig futtern Kochs Schweine geschrotete Gerste, Weizen sowie genfreie Sojabohnen aus eigenem Anbau.
Hinzu kommen gekochte Kartoffeln, die ebenfalls von den eigenen Äckern stammen und ab und an mal ein paar Äpfel als Leckerli. Gefüttert werden sie täglich vom Chef. Ihn erkennen sie schon an seiner Stimme und entsprechend zutraulich verhalten sich die Tiere. „Hallo zusammen, aufstehen, jetzt gibt's Futter“, lautet das kommunikative Morgen-Ritual zwischen Mensch und Tier. Während der Landwirt schon berufsbedingt Frühaufsteher ist, zählen seine Schweine eher zu den Langschläfern. Dabei bleibt der Schweine-Traum von einem langen Leben allerdings unerfüllt. Koch bezieht die Tiere als Ferkel und nach rund einem halben Jahr Aufzucht sind sie dann schlachtreif. Hält man sie länger, setzen sie vor allem Fett an, und fettes Fleisch ist bei den Verbrauchern nicht mehr gefragt. Nachdem der Mannheimer Schlachthof geschlossen hat, dauert Kochs Fahrt zu einem anderen Schlachtbetrieb rund eine Stunde länger. Er chauffiert selbst, damit die Schweine „auf ihrem letzten Weg“, keinen Stress haben. Auch das zutraulichste Schwein bekommt bei Koch keinen Namen: „Dann hätten die Tiere ja so etwas wie Familienanschluss und dann kann man sie nicht mehr schlachten und essen.“ Neben den Duroc-Schweinen, einer alten Rasse, die ursprünglich aus den USA stammt, zählt auch das Schwäbisch-Hällische Landschwein bei Koch zur Stammbesetzung. ha
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.