Impulsreferat, Musik und Blitzlichtzitate - am 30. November in Ettlingen
Der lange Weg zum Frauenwahlrecht
Ettlingen. Als erste Frau überhaupt ergriff Marianne Weber (DDP) bei der konstituierenden Sitzung am 15. Januar 1919 im Karlsruher Ständehaus das Wort. "Wir Frauen können nur unserer hohen Freude und Befriedigung darüber Ausdruck geben, dass wir zu dieser Aufgabe mitberufen sind, und ich glaube, sagen zu dürfen, dass wir besser für sie vorbereitet sind, als vielleicht die meisten von Ihnen glauben", so wandte sie sich an ihre männlichen Kollegen.
Der Weg zum Frauenwahlrecht war lang und beschwerlich und ist eng verknüpft mit den Wellen der Emanzipationsbewegung seit der Französischen Revolution. Das Stimmrecht wurde letztlich von Akteurinnen der Frauenbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts erstritten und ertrotzt. Als Blaustrümpfe, Suffragetten und später als Emanzen geschmäht legten die Frauen einen wichtigen Grundstein für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Am 19. Januar 1919 fanden deutschlandweit die ersten Wahlen statt, an denen die Frauen als Wählerinnen und Kandidatinnen teilnahmen; auf Landesebene geschah dies sogar noch früher: in Baden konnten Frauen erstmals am 5. Januar 1919 und in Württemberg erstmals am 12. Januar 1919 ihr demokratisches Grundrecht ausüben.
Als Geburtsstunde des Frauenwahlrechts gilt hingegen der 12. November 1918. Philipp Scheidemann hatte wenige Tage zuvor die Republik ausgerufen, im Regierungsprogramm des Rats der Volksbeauftragten, das am 12. November vorgestellt wurde, war auch eine Wahlrechtsreform enthalten, die unter anderem das Frauenwahlrecht enthielt. Mit diesem Mosaikstein war schon sehr viel erreicht worden, doch in der Folgezeit waren viele weitere dicke Bretter zu bohren.
Eines davon wurde von der Juristin Elisabeth Selbert, eine der vier "Mütter des Grundgesetzes", bearbeitet. Sie erreichte, dass der Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" am 23. Mai 1949 im Artikel 3, Abs. 2 unseres Grundgesetzes als Verfassungsgrundsatz aufgenommen wurde. Doch selbst heute, 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts, gibt es für Frauen nach wie vor eine unsichtbare Barriere. In gesellschaftlichen Führungspositionen sind sie noch immer unterrepräsentiert. Ein Beispiel ist der Anteil der Parlamentarierinnen im Deutschen Bundestag: er beläuft sich aktuell auf 31 Prozent.
Zahlreiche Veranstaltungen
Trotzdem wird gefeiert: Bundesweit gibt es zahllose Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema. In Ettlingen findet am Freitag, 30. November, im Schloss eine Veranstaltung statt, organisiert von den Vertreterinnen aller Parteien und Wählervereinigungen im Gemeinderat in Kooperation mit der Stadt Ettlingen. Ab 16.30 Uhr kann man sich im Schloss die Ausstellung über bekannte Ettlingerinnen und das Umfrageergebnis des Jugendgemeinderats zum Thema Gleichstellung von Mann und Frau ansehen, bevor dann ab 17 Uhr das eigentliche Programm beginnt, moderiert von Cornelia Tomaschko.
Blitzlichtzitate rund um den Grundstein der gesetzlichen Gleichberechtigung, rezitiert von der Schlossfestspielintendantin Solvejg Bauer, werden umrahmt von ausgesuchten Musikbeiträgen der Komponistinnen Pauline Viardot, Johanne Kinkel und selbstredend Ethel Smyth. Die englische Komponistin Ethel Smyth war aktive Suffragette; den „March oft the woman“ schrieb sie 1910 für die Londoner Demonstrationen. Diese Hymne der Frauenbewegung wird am Ende der Veranstaltung gemeinsam gesunden. Für den richtigen Ton sorgen an diesem den Frauen gewidmeten Nachmittag und Abend Denise Seyhan, Mezzosopran, Utae Nakagawa-Herbst, Violine, sowie Maho Kaneko, und Heike Bleckmann, Klavier; letztere zeichnet für die musikalische Konzeption der Feier verantwortlich.
Kernstück der Veranstaltung im Asamsaal am 30. November ist ein zweiteiliges Impulsreferat der Historikerin Prof. Sylvia Schraut. Teil 1 ist ein historischer Abriss zu 100 Jahren Frauenwahlrecht, Teil 2 leitet über zur aktuellen und künftigen Situation der Frauen in unserer Gesellschaft. Den Schlussakkord setzt ein Interview zwischen der Referentin und Moderatorin Cornelia Tomaschko. Eintritt frei! Einlasskarten sind ab sofort bei der Stadtinformation erhältlich.
Wer sich zudem selbst über Frauenwahlrecht und Frauenrechte informieren möchte, kann dies in der Stadtbibliothek tun: ab Dienstag, 27. November, gibt es dort einen Büchertisch zum Thema. (sh)
Infos: www.ettlingen.de
Autor:Jo Wagner |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.