Die derzeitige Weltordnung wird gerade massiv herausgefordert. Diese Tageskonferenz beschäftigt sich mit Putins Russland und seinem Angriffskrieg, mit trägen Narrativen und unscharfen Analysen, die uns relativ unvorbereitet in die derzeitige Situation haben taumeln lassen. Wie sieht ein möglicher Frieden aus und welche Rolle wird der Westen dabei einnehmen? Außerdem schauen wir auf die Bedeutung von Desinformation in der Steuerung politischer Interessen. Programm und Gäste: Gesine Dornblüth Wie tickt die russische Gesellschaft? Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine angriff, schien das dem größten Teil der russischen Gesellschaft egal zu sein. Das ist nicht überraschend. Seit Jahren wird das russische Expansionsstreben von der Überzeugung geleitet, dass gesellschaftlich das Recht des Stärkeren gilt. Gewalt wird von vielen als Mittel der Politik akzeptiert. Jahrzehntelang haben sich nationalistische Kräfte gegenüber Verfechtern demokratischer Werte durchgesetzt. Nur, wenn wir Russlands Gesellschaft richtig verstehen und einschätzen und auch entsprechend handeln, haben wir künftig eine Chance auf Frieden in Europa. Gesine Dornblüth, geboren 1969, ist promovierte Slavistin und Hörfunkjournalistin und war 5 Jahre lang Deutschlandfunk-Korrespondentin in Moskau. Seit Beginn der 1990er Jahre unternahm sie zahlreiche Recherchereisen nach Russland und den gesamten postsowjetischen Raum. Zuletzt schrieb sie gemeinsam mit Thomas Franke das Buch Jenseits von Putin. Russlands toxische Gesellschaft (2023). Katja Gloger Kommunikation als Waffe Russland setzt neben konventionellen Waffen auf ein breites Spektrum an hybriden Bedrohungen, u. a. auch auf Desinformation. Das Verdrehen von Fakten sowie Ablenkung und Verunsicherung sind dabei wiederkehrende Muster – das geht sowohl gegen die eigene Bevölkerung als auch gegen die Menschen in der Ukraine und deren UnterstützerInnen. Gleichzeitig wird die Pressefreiheit innerhalb des Landes bereits seit vielen Jahren immer stärker eingeschränkt, in mehreren Fällen wurden kritische JournalistInnen ermordet. Können die sozialen Medien hier entgegenwirken und was bedeutet diese Thematik für die Chance auf eine demokratische Zukunft in Russland? Katja Gloger, geboren 1960, ist Osteuropahistorikerin und war Russland-Korrespondentin des Stern, wo sie den Zusammenbruch der Sowjetunion und den Aufstieg des neuen Russlands erlebte. Als erste westliche Korrespondentin konnte sie Putin über Monate hinweg begleiten. 2010 erhielt sie den Henri-Nannen-Preis in der Kategorie „Dokumentation“. Heute arbeitet Gloger als freie Journalistin und Autorin mit den Schwerpunkten Russland und Sicherheitspolitik und ist Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen. Nico Lange Zeitenwende Bereits im Herbst 2020 prognostizierte die Münchner Sicherheitskonferenz, dass die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik Gefahr laufe, bei der Geschwindigkeit der globalen Veränderungen nicht mithalten zu können. Mit der Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Februar 2022 im Deutschen Bundestag waren dieser Prognose neue Optionen entgegengesetzt worden, ein Richtungswechsel schien greifbar nahe. In vielen Punkten steht die Umsetzung jedoch bislang noch aus. Wie steht es gegenwärtig mit dem „Sonderfall Deutschland“, und wie können wir stärkere Zeichen setzen, ohne der russischen Elite einen Vorwand für weitere Eskalation zu geben? Nico Lange, ist Politik- und Kommunikationswissenschaftler und seit Juli 2022 Senior Fellow für die Zeitenwende-Initiative bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung leitete er das Auslandsbüro Ukraine in Kiew und später das Auslandsbüro USA in Washington. Er war stellvertretender Bundesgeschäftsführer der CDU und bis 2022 Leiter des Leitungsstabes im Bundesministerium für Verteidigung. Stefanie Babst Der Westen unter Druck Den völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine konnte der Westen nicht verhindern. Die Folgen des Krieges werden Europa und die Welt noch jahrelang erschüttern. Nicht nur Russland, auch sein enger Partner China stellt die NATO vor enorme strategische Herausforderungen. Die NATO-Expertin Stefanie Babst gewährt Einblicke in das Innere des Bündnisses. Ihre packende Analyse zeigt nicht nur, wie wir sehenden Auges in die Katastrophe gesteuert sind, sondern öffnet auch den Blick für einen notwendigen Kurswechsel: Der Westen muss endlich eine klare eigene Haltung entwickeln – und den Mut aufbringen, Russland und seinen Unterstützern mit Geschlossenheit und Stärke zu begegnen. Dr. Stefanie Babst arbeitete 22 Jahre in Führungspositionen in der NATO, u.a. als stellvertretende beigeordnete Generalsekretärin. Sie galt zu dieser Zeit als ranghöchste Deutsche im NATO-Generalsekretariat. Zuletzt war sie für die globale Kommunikation und Krisenvorausschau verantwortlich. Seit 2020 ist sie als strategische Beraterin tätig und unterstützt das European Leadership Network in London. Catherine Belton Putins Netz Mit Putins Netz (2022) hat die britische Investigativ-Journalistin Catherine Belton einen erschreckenden Bericht über die Funktionsweise des Kreml vorgelegt. Sie zeigt Putin als KGB-Mafiaboss, der Anschläge fingiert und Kriege anzettelt, um sich den Rückhalt der Bevölkerung zu sichern, der Oligarchen steuert und riesige Mengen von Schwarzgeld verschiebt, um die westlichen Demokratien zu destabilisieren. Wir leben in einer „Welt im Umbruch“, die derzeitige Weltordnung wird massiv herausgefordert. Der Vortrag beschäftigt sich mit Putins Russland, seinem Angriffskrieg und mit der Bedeutung von Desinformation in der Steuerung politischer Interessen. Catherine Belton berichtet seit 1998 aus Moskau, war Korrespondentin der Financial Times und arbeitet nun für die Washington Post. Nach der Veröffentlichung ihres Buches wurde sie von dem russischen Mineralölunternehmen Rosneft und vier Oligarchen verklagt. Sprachen: Deutsch / Englisch | Ticketshop: Ticket kaufen
Autor:Terminredaktion Rhein-Neckar aus Wochenblatt Rhein-Neckar |
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