Weihnachten in der Coronazeit - zum Nachdenken
Eine Superkraft für Familien
Von Pfarrer Stefan Mendling
Weihnachten. „Papa, Corona hat alles verändert!“, sagt Theo. Es war sein erstes Schuljahr, das „Corona-Jahr“. Die ersten Wochen waren noch normal. Ab März ist auf einmal alles anders. Alles richtet sich nach diesem „blöden Corona“. Alle reden immer davon, was alles anders ist. Kein Wunder, dass Theo sagt: „Corona hat alles verändert!“
Dabei ist vieles wie immer: Wir haben wieder einen Adventskranz; wir dürfen die Kerzen sogar anstecken. An den Türchen vom Adventskalender sind keine Masken-Hinweisschilder. Einfach öffnen ohne drüber nachzudenken: Welche Regeln gelten hier? Hier gilt nur: Es ist Schokolade drin. Wie immer.
Und einiges, was sich dieses Jahr ungewohnt anfühlt, gab es schon mal: Für Maria und Josef war es wie ein Lockdown in Bethlehem. Alle Hotels, Herbergen und Gastronomiebetriebe waren dicht. Und sie feiern Weihnachten im kleinsten Kreis zu zweit, im Laufe der Nacht dann zu dritt – alle aus einem Hausstand, besser gesagt: Stall-Stand. Und der Stall ist natürlich gut gelüftet, allein schon wegen der Tiere. Und die Engel, die in der Nacht dazukommen, schweben über dem Stall – mit Abstand. Alles so, als hätte es Corona schon gegeben. Und kurz nach Weihnachten müssen Maria und Josef fliehen – und sind in Ägypten quasi in Quarantäne. Die heilige Familie erlebt das alles als persönliche Krise! Maria und Josef haben sich das bestimmt auch anders vorgestellt. Wie peinlich, dass sie ihrem Baby nichts Besseres bieten können als eine Futterkrippe und ein Leben auf der Flucht. Gut möglich, dass Josef gedacht hat: Hoffentlich kriegt das keiner mit! Was sie sich vielleicht wünschen, ist ein Gott, der auf den Tisch haut und die Welt verändert. Das würde auch Theo gefallen: Gott als eine Mischung aus Superman und Weihnachtsmann, der Corona besiegt und diesem Virus endlich mal zeigt, wo“s langgeht!
„Papa, was bringt es denn, dass Gott als Baby auf die Welt kommt?“ Gute Frage! Maria und Josef spüren nicht unbedingt die große Macht Gottes, aber sie spüren sein großes Vertrauen. Gott traut Maria und Josef das zu – mit dem Kind. Gott glaubt an sie. In dieser Nacht hat sich etwas verändert: Gott gehört ab sofort zur Familie. Maria und Josef würden sagen: „Weihnachten hat alles verändert!“
Theo nimmt die kleine Familie aus dem Stall, betrachtet sie genau und sagt: „Ich glaube, die brauchen gar keinen Weihnachts-Superman. Vertrauen, das ist auch eine Superkraft!“ Dann stellt er die heilige Familie behutsam wieder zurück zur Krippe. „Weißt du, was ich glaube? Nächstes Jahr feiern wir Weihnachten ohne Corona.“
Und bis dahin wünsche ich uns diese Superkraft: Vertrauen, Hoffnung, Zuversicht. Weihnachten ist immer noch das Fest der Familie, bei dem Gott uns sagt: „Ich glaube an euch!“ Frohe Weihnachten! Denn Weihnachten ist schon immer krisenerprobt.
Ihr Pfarrer Stefan Mendling, Speyer
Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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