Die Zeit zwischen den Jahren besonders gestalten
Einem Mythos auf der Spur
Frankenthal. Wer kennt sie nicht: Mythen rund um Weihnachten und Silvester. So besagt ein Mythos, dass man zwischen den Jahren keine weiße Wäsche auf die Leine hängen oder allgemein Wäsche gewaschen werden darf. Ein weiterer Aberglaube besagt, dass Unordnung und Dreck in dieser Zeit Krankheit und negative Gefühle verursachen würden, also ist gerade an Weihnachten das Haus besonders gut geputzt.
Viele wissen nicht, woher dies kommt, nehmen es als Tradition in der Familie hin. Genau diese Mythen kommen aus der Zeit, in der man noch in Europa die Raunächte gefeiert hat. Die Raunächte, oder auch Glöckelnächte, insgesamt zwölf Nächte, sind die Nächte „zwischen den Jahren“ – also um den Jahreswechsel.
Im europäischen Brauchtum wurde dieser Zeit eine besondere Bedeutung zugemessen. Die Zahl der Raunächte variiert in der Überlieferung von drei bis zwölf Nächten, von Weihnachten bis zum Dreikönigstag am 6. Januar.
Ursprünglich kommen die insgesamt zwölf Nächte aus der Zeitrechnung eines Mondjahres. Ein Jahr aus zwölf Mondmonaten umfasst 354 Tage. Diese fehlenden elf Tage (und damit zwölf Nächte) zu unserem jetzigen Kalender sind demnach die toten Tage oder auch „außerhalb der Zeit“.
Man sagt dieser magischen Zeit die Chance zu, sich selbst zu reflektieren und neu auszurichten. Allerdings kommen hier auch die Mythen und der Aberglaube her….ein Beispiel: Eine gespannte Wäscheleine mit weißer Wäsche dran soll den bösen Reitern den Weg versperren und damit Unheil bringen. Wenn dann im Laufe des Jahres ein Unglück passierte, wurde dies auf die weiße Wäsche und die Raunächte geschoben. In manch einer Tradition kommt auch die Wintersonnenwende als heilige Nacht hinzu. Ab der Wintersonnenwende wird es jeden Tag wieder etwas heller – so wie man „Midsommar“ feiert, gibt es viele Bräuche, die sich auch um diesen Tag drehen.
Egal ob man daran glaubt oder nicht – gerade die dunkle Jahreszeit ist die Zeit, in der man mehr nachdenkt, sich besinnt. Wir sind mehr zuhause, haben mehr Zeit für Freunde und Familie. Deswegen ist es vielleicht auch eine schöne Zeit mit Licht und Gerüchen das Triste des Winters zu „vertreiben“? Das positive aus dem Mythos herausholen?
Rituale der Raunächte
Das wohl bekannteste Ritual ist sicherlich das Räuchern. Früher wurde die Glut aus dem Herd in ein feuerfestes Gefäß gelegt – heute gibt es spezielle Räucherkohle. Im Anschluss werden unterschiedliche Räucherstoffe, wie Gewürze, Weihrauch oder auch Rosenblätter auf die Glut gelegt. Nun geht man mit dem Gefäß durch jedes Zimmer im Haus und „räuchert“. Aber Achtung: Zu viel Rauch löst den Rauchmelder aus!
Sinn und Zweck ist es, böse Geister aus dem Haus zu vertreiben - geht man nach den Mythen. Es hat einen Vorteil - wer nicht an so etwas glaubt: Im ganzen Haus duftet es winterlich/weihnachtlich nach den Gewürzen.
Traditionen rund um den Jahreswechsel und die dunkle Jahreszeit
Es ist völlig unabhängig, ob man an irgendwelche mystischen Rituale glaubt oder nicht. Es ist eine wundervolle Art und Weise, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, in sich zu kehren und die Zeit gemeinsam mit der Familie zu verbringen. Eine Duftlampe, eine Kerze, gemeinsam am Tisch sitzen und erzählen und lachen – das sind wundervolle Momente der Weihnachtszeit, die man genießen kann. Es muss nicht immer gleich mystisch werden, auch andere Traditionen gibt es: So kann man beispielsweise auch zwischen den Jahren draußen im Freien ein Feuer in einer Feuerschale machen. Wenn das Feuer brennt, wird auf einen Zettel ein Wunsch geschrieben und dann ins Feuer geworfen. So soll der Wunsch sich im neuen Jahr erfüllen.
Licht vor der Tür
Gerade in den nördlichen Ländern Europas gibt es ebenfalls eine Tradition, die mittlerweile für viele den ganzen Winter durch zelebriert wird: Es wird an die Haustür oder an ein Fenster ein Licht gestellt. Jeder kennt es, es wird früh dunkel, wer dann abends auf den Straßen unterwegs ist, der fühlt sich allein – kaum jemand auf der Straße, die Häuser verschlossen, Rollläden geschlossen, als wäre hier niemand mehr.
Die Skandinavier stellen ein Licht ins Fenster oder an die Tür. Es soll zeigen: Du bist nicht allein da draußen, wir sind da. Es gibt das Gefühl eines kleinen Lichtblicks in dieser dunklen Zeit. Und wer eine LED-Kerze mit Timer-Funktion aufstellt, der muss hierfür nicht jeden Abend an das Licht denken.
Ein neuer Zauber
Es geht hier nicht darum, an irgendwelche Geister oder Mythen zu glauben. Es geht darum, in die düstere und zu Unrecht verrufene dunkle Jahreszeit einen neuen Zauber zu bringen. Mit Licht und angenehmen Gerüchen kann man diese Zeit erstrahlen lassen und alte europäische Bräuche ohne böse Gedanken, einfach wieder in die Tradition der Familie einpflegen. gib
Autor:Stadtmagazin Frankenthaler aus Frankenthal |
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