Glaube: Eine Frage der Perspektive
Gedanken rund um Ostern von Pfarrer Martin Henninger
Frankenthal. Ostern steht vor der Tür. Auch dieses Jahr wird es anders sein als gewohnt. Doch ist anders auch nicht einfach eine Frage der Perspektive? Ostern ist das Fest der Auferstehung. Schon damals gab es unterschiedliche Perspektiven – eine österliche Geschichte von Pfarrer Martin Henninger:
Der Gottesdienst im Jahr, der mich am meisten bewegt, ist die Feier der Osternacht. Sie beginnt im Dunkeln der Kirche und endet im hellen Licht des Ostermorgens. Der Weg führt vom Dunkel ins Licht – das ist für mich das Versprechen von Ostern.
Allerdings wurde auch schon damals Ostern ganz unterschiedlich gesehen.
Drei Frauen, Maria, Maria Magdalena und Salome, gingen damals zum Grab, erzählt die Bibel. Es war noch dunkel. Sie wollten Abschied nehmen. Sie wollten noch einmal weinen. Sie wollen dem Toten noch einen letzten Liebesdienst erweisen. Sie wollen noch einmal Danke sagen. Was man eben so tut an einem Grab. Doch es hat nicht sollen sein. Sie sind zwar zur rechten Zeit am rechten Ort und doch an der falschen Adresse. Nach dem Tod wollten sie sehen, aber es ist das Leben, das ihnen begegnet. Sie suchen einen Gekreuzigten, und finden einen Auferstandenen. Darum ist das große Osterbeben, das die drei miterleben, so vielsagend: Nicht nur die Erde bebt. Sondern das Einzige, was sicher ist, wovon wir alle ausgehen: der Tod, ist ins Wanken geraten. Um zu verstehen braucht es einen, der den Überblick hat, in diesem Fall einen Engel. Für die schönsten Nachrichten der Weltgeschichte müssen einfach Engel her, in der Weihnachtsgeschichte wie in der Ostergeschichte. „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ fragt er. Und kaum haben die Frauen sich wieder auf den Heimweg gemacht, zweifelnd noch, mit vielen Fragen im Hinterkopf, ungläubig und doch hoffnungsvoll, begegnet ihnen der Auferstandene selbst.
Nun gibt es aber noch eine 2. Gruppe, die Zeuge der Auferstehung wird: die Wachen am Grab. Die Wächter des Todes. Auch sie erleben das Osterbeben und den Engel. Doch im Unterschied zu den Frauen stellen sie sich lieber tot als dass sie sich der Auferstehung stellen. Besser nichts sehen, nichts hören oder zumindest so tun als ob. Sie halten ganz still bis die Frauen wieder weg sind und Normalität eingekehrt ist. Dann machen sich auch die Wachmänner auf den Weg. Meldung an den Auftraggeber. Aber während die Frauen eine Bewegung ins Rollen bringen, die bis heute andauert, hält der Hohe Rat eine Krisensitzung und erledigt die Sache, wie man schon immer solch unbequeme Dinge erledigt: mit Geld. Der Hohe Rat lässt es sich etwas kosten, dass das leere Grab eine natürliche einsichtige Erklärung findet: Der Leichnam wurde gestohlen. Ach so! Klar. Dann brauche ich mir weiter keine Gedanken mehr zu machen. Alles in Ordnung. Tot bleibt tot.
Kein Mensch muss glauben, wenn er das nicht will. Ja, kein Mensch kann glauben, wenn er das nicht will! Der auferstandene Jesus ist nur Menschen begegnet, die sich das sehnlichst gewünscht haben, dass er lebt.
Die Soldaten haben ihren Job gemacht. Mehr nicht. Sie haben zwar alles erlebt, was auch die Frauen erlebt haben, aber letztlich war ihnen egal, was mit diesem Jesus passiert ist. Darum hat das Erlebnis der Auferstehung ihr Leben auch nicht verändert.
Maria Magdalena, die andere Maria und Salome dagegen haben mit allen Fasern ihres Herzens gehofft, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Sie sehen das leere Grab, sie hören die Botschaft des Engels, sie machen sich hoffnungsvoll auf den Weg – und sie begegnen Jesus, wie es der Engel versprochen hatte.
Es gibt ein Bilderbuch von Regine Schindler und Ivan Gantschev mit einem wunderbar vielsagenden Schlussbild. Es zeigt die drei Frauen mittendrin in einem großen Licht, dem Licht der Auferstehung. Das ist Osterglaube: Da geht es nicht um eine rationale Diskussion für und gegen die Auferstehung und wer die besseren Argumente hat. Sondern darum, ob wir im Licht des Auferstandenen leben wollen. Ob wir – auch wenn nicht alle Zweifel ausgeräumt sind - vertrauen, dass der Auferstandene unter uns ist, damals in Jerusalem, heute bei uns in Frankenthal.
Frohe Ostern!
Ihr Martin Henninger
Autor:Stadtmagazin Frankenthaler aus Frankenthal |
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