Neue Wege in der Künstlerszene
Künstler in der Krise
Es sind kulturelle Highlights, sie lassen aus dem Alltag entfliehen, bieten Abwechslung und sind – jede Veranstaltung für sich – absolute Highlights. Es geht um Kunst- und Kulturveranstaltungen. Musiker, Tänzer, Maler – freischaffende Künstler sind von der Krise ebenso hart getroffen, wie die Schausteller. Und im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen: für die Künstler ist das Ende noch gar nicht abzusehen.
Von Gisela Böhmer
„Das Schlimmste ist zurzeit die Ungewissheit und die Perspektivlosigkeit. Keine festen Auftritte und Projekte zu haben, wirkt sich auf Dauer in Punkto Kreativität lähmend aus. Wir Künstler sind zwar gewohnt, uns selbst immer wieder zu motivieren und neu zu erfinden, doch Kreativität funktioniert nicht linear, sondern "in Wellen" und - zumindest bei mir - am besten in einem positiv gestimmten Umfeld und bei Aussicht auf Projekte“, berichtet Semira B. Karg. Sie ist freischaffende Tanzpädagogin. Bekannt ist sie spätestens vergangenes Jahr durch Auftritte wie Carmina Burana auf dem Rathausplatz während des Mittelaltermarktes oder das Projekt „heim@tanzen“, geworden.
Am Anfang der Krise hatte sie sich früh Gedanken gemacht, Nähanleitungen online gestellt, sich selbst an die Nähmaschine gesetzt und Masken gefertigt. Doch sie lebt von ihren Einnahmen auf Veranstaltungen und aus Kursen. „Es wurden alle Tanzkurse abgesagt, private Kunden sind ebenfalls zurückhaltend beim Buchen von Auftritten“, berichtet sie. „Ob wir dieses Jahr noch einmal vor großer Kulisse tanzen werden – beispielsweise beim internationalen Fest oder auf dem Weihnachtsmarkt – das steht in den Sternen“, berichtet Semira.
Doch untätig oder unkreativ ist die Künstlerin nicht: „Im eigenen Studio in Frankenthal und in der Südpfalz unterrichte ich zurzeit Kleingruppen. Auftritte möchte ich gerne machen, etwa in privaten Gärten, Höfen und Parks. Meine Programme als Showtänzerin und Performancekünstlerin funktionieren (dank mobiler Technik) bestens im Freien. Die Idee einer "Soirée im Hof" habe ich vom Heylshofpark Worms übernommen und bin gespannt, wie es in Frankenthal funktioniert. Das Kulturamt begrüßt meine Eigeninitiative. Wird unser Projekt ein Erfolg, so möchten wir passend zum Jahreslauf weitere Themen-Soirées anbieten“.
Gut unterstützt wurde sie aber nicht während der Krise. So berichtet sie weiter: „Vom Land Rheinland-Pfalz fühle ich mich im Stich gelassen: Würde ich in Baden-Württemberg wohnen, hätte ich monatlich 1180 Euro Soforthilfe für den Lebensunterhalt bekommen. In Rheinland-Pfalz bekommen Künstler zum Überleben null, es gibt nur Soforthilfe in Höhe von circa 60 Prozent der laufenden Betriebskosten, und das nur als Kredit. Aber welcher Künstler hat 3.000 Euro Betriebskosten im Monat? Und wer hat Lust, aus Corona mit einem Schuldenberg herauszukommen? Es heißt dann, man könnte Hartz IV beantragen, doch das widerspricht dem Selbstverständnis vieler Künstler als selbstwirksame frei Individuen. Außerdem würde man die private Altersvorsorge in den Sand setzen“.
Sie vermisst Kommunikation und Mut. „Und einen Runden Tisch der Stadt mit uns Künstlern, an dem - ähnlich wie im Pilgerpfad - gemeinsam kreative Lösungen ersonnen werden“, berichtet sie. „Es gilt, den urbanen Raum als Spielfläche für die Kunst neu zu entdecken. Formate wie "Musik im Park" oder meine "Soirée im Hof" sind erste Ansätze.
Informationen:
Am Sonntag, 6. September, 18 Uhr, findet die Soirée im Hof statt. Melanie Gaug wird literarische Texte lesen und Semira präsentiert dazu Tänze aus fernen Ländern. Die Veranstaltung findet in der Heßheimer Straße 38 in Frankenthal statt. Der Eintritt ist frei, Spenden für die Künstler sind erwünscht. Weitere Informationen gibt es beim Veranstalter Tanzstudio Semira, semira@semira-oriental.de, Telefon 0157 34494775.
Autor:Stadtmagazin Frankenthaler aus Frankenthal |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.