Ein Schluck, ein Glas, eine Flasche – wenn Alkohol das Leben beherrscht
Eine Krankheit, die durch alle gesellschaftlichen Klassen zieht
Metropolregion. Rund 134 Liter Alkohol trinken die Deutschen pro Kopf. Etwa 1,61 Millionen Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren trinken missbräuchlich. Sie nehmen körperliche, psychische und soziale Folgen in Kauf. Und rund 1,77 Millionen Männer und sind alkoholabhängig. Das besagt eine Statistik der Aktionswoche Alkohol. Das ist viel.„Statistisch gesehen ist jeder dritte Mann und jede siebte Frau irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal gefährdet, Alkoholiker zu werden“, berichtet Hermann, ein Betroffener.„Wer in seinem Freundeskreis das Thema Alkoholproblem anspricht, der kennt immer irgendeinen, der zu viel trinkt.“ Alkohol wird oftmals eingesetzt, um Probleme zu verdrängen und im Anschluss, im nüchternen Zustand, ist alles wieder da, nur noch viel schlimmer. Wer denkt, die meisten Alkoholiker sieht man auf Straßen herumliegen, der täuscht sich : Die meisten Alkoholiker trinken allein zu Hause. Sie haben bereits das Unrechtsbewusstsein, dass etwas mit ihrem Trinkverhalten nicht stimmt. Und woran erkennt man, dass man ein Alkoholproblem hat? „Hier gibt es keine klare Linie“, berichtet Hermann, „nach außen fällt es erst auf, wenn jemand aufgrund von zu viel Alkohol Ausfallerscheinungen hat oder auch den Führerschein verliert. Ich habe irgendwann jeden Abend getrunken. Eigentlich habe ich mir gesagt: Nur ein Schluck, dann wurde ein Glas draus und am Ende eine Flasche. Mit dem ersten Schluck fängt Alkohol an zu wirken, das Denken verändert sich“. Er selbst hat erst verstanden, was vor sich geht, als schon viel in seinem Leben schiefgelaufen ist. „Ich habe die ganze Nacht getrunken und morgens bin ich ins Bad gewankt und habe im Spiegel diese Visage gesehen – da bin ich so erschrocken und habe gewusst: ich bin Alkoholiker“. Er hat sich einen Therapieplatz gesucht, ist Teil der Anonymen Alkoholiker geworden und hat ein Leben ohne Alkohol begonnen. Alkoholismus ist seit 50 Jahren eine anerkannte Krankheit. Nur unsere Gesellschaft, die lässt diese Perspektive selten zu. Hier wird man oft abgestempelt als Alki. „In der Anfangszeit war es auch nicht einfach darüber zu reden. Viele meinen, ein Glas schadet doch nicht. Das mag auf die Person zutreffen, aber bei einem Alkoholiker reicht der erste Schluck. Wir Anonymen Alkoholiker sind keine Abstinenzler, die den Alkohol verteufeln. Wir wissen, dass wir davon krank werden. Es ist wie bei einem Allergiker: Dieser wird niemals die Allergie auslösenden Nahrungsmittel zu sich nehmen. So trinken wir keinen Alkohol mehr“. Und es wird Zeit, dass dieser Alki-Stempel aus den Köpfen der Gesellschaft verschwindet. Viele Ex-Trinker haben erfolgreich ihren Weg zurückgefunden. Das sind keine Alkis, die am Boden liegen, sie sind ehrenwert und liebenswert. Eine Anlaufstelle, für Alkoholiker als auch ihre Familien, sind die Anonymen Alkoholiker. „Bei diesen Treffen wird aber nicht ständig über Alkohol gesprochen. Wir reden über alles. Es werden auch keine klaren Lösungsvorschläge gemacht, es geht immer darum, dass derjenige seinen eigenen Weg findet. Und die anderen erzählen nur, wie sie ihren Weg gemacht haben. Es gibt bei den Anonymen Alkoholikern ein 12-Schritte Genesungsprogramm. Neben den Schritten zu erkennen, dass man Alkoholiker ist, gehört auch dazu, dass man selbst daran glaubt, durch die Hilfe einer „ Höheren Macht “ genesen zu können. Dankbarkeit, Selbstreflexion und einem Hilfesuchenden zu helfen, das sind unsere Ziele.“ So viele Alkoholiker es gibt, so viele Familien leiden auch darunter. Wenn die eigene Welt zerbricht, kann man Rat bei den Al-Anon, der Gruppe für Angehörige und Freunde von Alkoholikern, suchen. Dort erfahren die Angehörigen, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Damit auch: Dass sie nichts für den Alkoholkonsum des Partners können. Alkoholismus ist eine Krankheit, die unglaublich schwer für alle Beteiligten ist. Wie gut, dass es hier in der Region seit 40 Jahren Menschen gibt, die Hilfesuchenden einen Ort bieten, an denen man ihnen zuhört und für sie da ist. Weitere Informationen unter www.anonyme-alkoholiker.de oder www.al-anon.de, www.alateen.de. gib
Termine
Anonyme Alkoholiker
Bad Dürkheim Montag, 20 Uhr, Dr. Kaufmann Straße 2, Bad Dürkheim, Evangelisches Krankenhaus, 1. Montag im Monat offen*
Mittwoch, 20 Uhr, Beethovenstraße 10, katholischer Kindergarten, Bad Dürkheim, 2. Mittwoch im Monat offen*
Ludwigshafen Montag, 19 Uhr, Wredestraße 24, Pfarrzentrum St. Ludwig, Ludwigshafen, 4. Montag im Monat offen*
Mittwoch, 19 Uhr, Wredestraße 24, Pfarrzentrum St. Ludwig, Ludwigshafen, 2. Mittwoch im Monat offen*
Speyer Montag, 20 Uhr, Gilgenstraße 17, Speyer, Ägidienhaus
Donnerstag, 20 Uhr, Johannesstraße 6a, Speyer, Trinitatishaus, letzter Donnerstag im Quartal offen*
Frankenthal Dienstag, 19 Uhr, Elsa-Brandström-Straße 1, Frankenthal, Städtisches Krankenhaus
Dienstag, 20 Uhr, Von-Hartmann-Straße 11, Neustadt, Mehrgenerationenhaus. Letzter Dienstag im Quartal offen*
Donnerstag, 19.30 Uhr, Wormser Straße 41, Frankenthal, Im Turm der St. Ludwigskirche
Sonntag, 9.30 Uhr, Jakobsplatz 1, Gemeindezentrum, Frankenthal, 2. Sonntag im Monat offen*
Hotline für Hilfesuchende 0621 19295, täglich von 7 bis 23 Uhr, www.anonyme-alkoholiker.de
Al-Anon – Familiengruppen
Bad Dürkheim
Freitag, 20 Uhr, Dr. Kaufmann-Straße 2, Krankenhaus, 3. Freitag im Monat offen*
Frankenthal
Donnerstag, 19.30 Uhr, Vierlingstraße 2, Eingang Wormser Straße, offen jeden vierten Donnerstag im Monat*
Germersheim Dienstag, 20 Uhr, Klosterstraße 13, Kath. Pfarrerei St. Jakobus
Heidelberg Montag, 20 Uhr, Bergheimer Straße 108, St. Albert
Ludwigshafen Montag, 19 Uhr, Wredestraße 24, Gemeindehaus St. Ludwig, 4. Montag im Monat offen*
Mannheim Samstag, 17 Uhr, F2, 6, Nebeneingang, 2. OG, Mannheim, Familienbildungsstätte, bei FBS klingeln
Neustadt Dienstag, 20 Uhr, Von-Hartmann-Straße 11, Mehrgenerationenhaus, 2. Dienstag im Monat offen
Speyer Donnerstag, 20 Uhr, Johannesstraße 6a, Gemeindehaus, „Trinitatis“
Freitag, 18 Uhr, 1.,3.,5. Freitag im Monat, Burgstraße 34, AWO Seniorenhaus
MannheimMeetings für Al-Anon Erwachsene Kinder
Mannheim, Freitag, 19 Uhr, Theodor-Kutzer-Ufer 1-3, Uniklinikum Mannheim, Ostflügel Altbau, Haus 8, Ebene 4, Bibliothek, Zi. 116
Kontakttelefon Al-Anon Familiengruppen, 0201 773007, www.al-anon.de und www.alateen.de
Bei den Anonymen Alkoholikern gibt es keine Feiertage. Die Meetings finden immer statt.
*offen bedeutet, dass diese Meetings für alle Angehörigen und Interessierten frei zugänglich sind.
Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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