Gewalt gegen Frauen: Hier gibt es Hilfe für Betroffene
Gewalt gegen Frauen. Eigentlich sollte es kein Thema sein: Gewalt gegen Frauen und Mädchen sollte es nicht geben. Doch leider ist das Gegenteil der Fall: Gewalt gegen Frauen und Mädchen, ob im privaten Umfeld oder im öffentlichen Raum, ist weiterhin kein Einzelfall. Immer wieder ist in den Medien von Übergriffen bis hin zur Tötung zu hören. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Bafza) informiert auf seiner Internetseite, dass jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt erlebt hat. Und das in Deutschland. Dabei gibt es die Gewalt in den unterschiedlichsten Formen, von psychisch, über körperliche bis hin zu sexueller Gewalt in der Partnerschaft, aber auch im öffentlichen Raum. Ganz hart: weibliche Genitalverstümmelung oder der Tod.
Die Digitalisierung hat noch ein weiteres Gebiet hervorgebracht, in dem Mann Gewalt auslebt: die Digitale Gewalt. Zum Beispiel in Form von Handykontrolle, Ortung, Kontrolle der Sozialen Medien, aber auch das Versenden von intimen Fotos, um Druck auszuüben – gefühlt gibt es in allen Facetten des täglichen Lebens Gewalt. Laut einer Statistik von Statista sind 98,1 Prozent der Opfer von Vergewaltigung oder sexueller Nötigung in der Partnerschaft weiblich. Traurig und erschreckend zu gleich. Deutschlandweit wurden 113 Frauen im Rahmen einer Partnerschaft ermordet, 8 in Rheinland-Pfalz und das nur im Jahr 2021!
Sichtbar geworden
Ob die Gewalt gegen Frauen im Iran, die #metoo Bewegung: Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist an vielen Punkten sichtbar geworden. Es zeigt, dass das Thema Gleichberechtigung und Frauenrechte eben nicht selbstverständlich ist. Aber gerade Iran oder #metoo sind nur die Spitze des Eisbergs, viel mehr Menschen sind im häuslichen oder familiären Umfeld betroffen, sie erleben häusliche Gewalt. Diese Partnerinnen schweigen, gehen damit nicht in die Öffentlichkeit, obwohl das so wichtig wäre. Man schämt sich, hat Angst vor Repressalien, auch innerhalb der Gesellschaft. Und: Häusliche Gewalt, Vergewaltigung oder sexualisierte Gewalt ist keine Frage der sozialen Schicht, es kann jede treffen.
Enttabuisieren, schützen bekannt machen und das Schweigen brechen, das haben sich zahlreiche Verbände und Institutionen zur Aufgabe gemacht. Ob Vereine wie Frauen e.V., Terre des Femmes, WEISSER RING oder Soroptimist International: Sie informieren regelmäßig, starten Kampagnen, um Frauen eine Stimme zu geben. Sie zeigen Wege auf, wie man dieser Gewalt entgehen kann, geben Tipps und beraten. Vergangenes Jahr startete das Projekt „achtet auf Warnzeichen“. Denn wer die ersten Zeichen sieht, der kann dieser Gewalt entgehen, sich selbst schützen und anderen helfen!
Achtet auf die Warnzeichen!
Soroptimist International – eine weltweite Stimme für Frauen, hat mit der Aktion „Read the Signs“ – achtet auf die Warnzeichen, im November 2022 es sich zur Aufgabe gemacht, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren. Geschlechtsspezifische Gewalt braucht Unterstützung und Hilfe.
Es gibt acht Warnzeichen für toxische Beziehungen. Es sind die ersten Anzeichen, vielleicht auch irgendwo der Anfang der Gewalt.
Folgende Warnzeichen gibt es:
1. Intensität: Sind die Anfragen und Anforderungen des Mannes zu hoch? Wirkt alles übertrieben, kommen zu viele Anrufe, Nachrichten oder E-Mails? Hier ist Vorsicht geboten.
2. Eifersucht: Eigentlich ist dieses Zeichen wahrlich bekannt. Sagt der Täter an, dass man niemanden mehr treffen darf, weder Personen des anderen Geschlechts noch Freunde oder will jemand viel zu viele Details, überschreitet auch die persönlichen Grenzen (kommt zu nah, macht ständig sexuelle Anspielungen), dann sollten alle Alarmglocken anspringen!
3. Kontrolle: Wenn der Täter das Handy abhört, geheime Spionage-Apps installiert, die Mails mitliest oder in den Sozialen Medien zu sehr schnüffelt, dann wird es kritisch. Es gehört aber auch beispielsweise dazu, wenn der Täter einem vorschreibt, was man anziehen soll, wie man sich sozial zu verhalten hat.
4. Isolation: Verbot aussprechen, Freunde und Familie zu treffen. Soziale Kontakte schlechtreden gehört hier aber ebenso dazu, wie eben die komplette Zeit mit der Frau in Anspruch zu nehmen, ohne den persönlichen Freiraum zu akzeptieren.
5. Kritik: Ist das Aussehen nie gut genug, gibt es böse Kommentare über Kleidung, Volumen, Haare? Wird Deine Meinung immer missachtet oder Deine eigene Persönlichkeit in Frage gestellt (Du kannst das nicht, Du bist zu dumm…)? Das sind alles erste Anzeichen für eine toxische Beziehung, die schnell in Gewalt gegen Frauen umschlagen kann.
6. Sabotage: Wird Dir das Gefühl vermittelt, dass Du verrückt bist? Sachen versteckt? Wirst Du angelogen?
7. Wut: Unkontrollierte Wutausbrüche zu Lasten der Frau, sexueller Druck, Überreaktion auf Probleme – es gibt viele Wege, wie sich Wut zeigt. Es ist darauf zu achten, dass diese nicht umschlägt
Auch können liebe Menschen in der Umgebung die ersten Anzeichen vielleicht erkennen. Ist die beste Freundin in letzter Zeit sehr ängstlich und verschüchtert? Darf sie nicht mehr so abends weggehen oder verschließt sie sich, bittet sie darum, keine besonderen Nachrichten mehr zu schicken? Wenn man das in seinem sozialen Umfeld merkt, dann kann man sich vorab schon beim Hilfetelefon beraten und informieren. Vielleicht findet man mit den professionell geschulten Mitarbeitern eine Lösung, um der Freundin zu helfen?
Keine Gewalt gegen Frauen
Ein Drittel aller Frauen wird in ihrem Leben Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt, ein Viertel davon trifft beim Täter auf ihren aktuellen oder ehemaligen Partner. Was viele nicht bedenken: Bei häuslicher Gewalt kann es auch um Gewalt gegen das eigene Kind gehen. Umso wichtiger ist es, dass man sich nach einer Beratung umsieht und Unterstützung erhält. Jede Beratungsstelle hilft den Opfern aus der Situation herauszukommen. Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist schlimm, aber es darf noch weniger weggesehen werden, wenn das eigene Kind Opfer von Gewalt wird.
Leider zeigt die Statistik, dass Betroffene selten ihren Fall anzeigen oder melden. Nur wenige nehmen Unterstützung an, was darauf deutet, dass die Dunkelziffer derer, die betroffen sind, weitaus höher ist.
Viele Länder, die UN und Verbände wie Frauen e. V., Frauenhäuser, Clubs wie Soroptimist haben sich einer Konvention angeschlossen, vertreten diese. Sie machen mit Veranstaltungen, Projekten und Aktionen auf diese aufmerksam, setzen sich dafür ein, dass man gemeinsam sexualisierte Gewalt verhindert. Es handelt sich hierbei um die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt: die Istanbul-Konvention. Auch die Orange Days sollen Mut machen, auf die häusliche Gewalt hinweisen und Opfer dazu ermutigen, sich beispielsweise an eine Beratungsstelle oder das Hilfetelefon zu wenden.
Wo gibt es Hilfe?
Eigentlich wäre es ganz einfach: Frauen, die von Gewalt betroffen sind, sollen sich an das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen (Nummer 08000 116 016) wenden. Doch wie? Wenn man ständig vom Partner kontrolliert wird? Wenn man nie allein ist oder das Handy überwacht wird?
Den Kreislauf zu durchbrechen ist dann sehr schwer, dennoch versucht das bundesweite Hilfetelefon Mittel und Wege zu finden, wie man mit ihnen Kontakt aufnehmen kann. Ob telefonisch oder eine Online-Beratung, es gibt Wege.
Neben dem eigentlichen Anruf gibt es auch die Möglichkeit mit einem Sofort-Chat, der von 12 bis 20 Uhr verfügbar ist, Kontakt aufzunehmen. So könnte eine betroffene Frau bei einem Stadtbummel vielleicht mal ins Internet-Café gehen? Die Internetseite www.hilfetelefon.de hat auch einen Notausstiegbutton. Sollte der Partner oder Ex-Partner urplötzlich in den Raum kommen, kann man mit nur einem Klick die Seite schließen. Auch wird die Beratung in 18 Sprachen, in leichter Sprache und in Gebärdensprache angeboten.
Wenn das Hilfetelefon aber egal wie nicht erreicht werden kann (Partner hat die völlige Kontrolle)?
Eine weitere Option ist eine E-Mail zu schrieben. Da man über ein Benutzer-Konto beim Hilfetelefon aktiv werden kann, muss man nicht fürchten, dass im heimischen Rechner eine E-Mail auftaucht. Oder: Wie wäre es mit einem Brief? Der besten Freundin schriftlich mitteilen, was zu Hause passiert, sie kann dann Hilfe holen.
Ein wichtiger Zufluchtsort bei geschlechtsspezifischer Gewalt ist immer die Polizei. Sie kann Schutz vermitteln. Entweder direkt zur ortsansässigen Polizeidienststelle fahren oder unter dem Notruf 110 sich melden.
Natürlich helfen auch das Frauenhaus, der weiße Ring oder weitere Beratungsstellen. Sie können gewaltbetroffene Frauen unterstützen und ihnen in ihrer Situation helfen.
Es gibt ein großes bundesweites Beratungsangebot. Kein Mädchen, kein Kind sollte je körperliche Gewalt erfahren müssen.
Jede, die sich bedroht fühlt, bereits einen sexuellen Übergriff, psychische Gewalt oder eine sexuelle Belästigung erlebt hat, sollte handeln. Jede dritte Frau ist viel zu viel. Gemeinsam mit den Beratungsstellen kann ihnen geholfen werden. Wichtig ist dabei, dass man auf sich und das Thema aufmerksam macht, sich Schutz holt und eben nicht die Situation so akzeptiert.
Orange Days - was ist das?
Die orangenen Tage – Orange Days – ein eigenartiger Begriff. Laut Wikipedia ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen der 25. November, einer der Orange Days. Es ist ein Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. 1981 wurde durch lateinamerikanische und karibische Frauen der 25. November als Gedenktag der Opfer von Gewalt an Frauen ausgerufen, auch die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes unterstützt diesen Tag, 1999 wurde dieser dann auch von den Vereinten Nationen (UN) anerkannt und übernommen. Orange Days ist aber plural – also nicht ein einziger Tag. Das liegt daran, dass Women's Global Leadership Institute 1991 eine Kampagne über 16 Tage damals ins Leben gerufen hatte. Der Aktionszeitraum wurde erweitert bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte. Viele Städte und Kommunen setzen in dieser Zeit ein Zeichen: Gebäude und Wahrzeichen der Stadt werden in Orange angestrahlt, um weltweit ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen. Unter dem Motto "Orange The Word" wird diese Orange Beleuchtung genutzt. Weltweit ist die Aktion auch unter dem Namen "Orange your City" bekannt geworden. Diese Aktion wird, so Wikipedia, von Zonta International unterstützt.
Und warum die Farbe Orange?
Der Farbe Orange werden zahlreiche Eigenschaften zugewiesen: Wärme und Licht, Mut und Stärke. Orange ist aber als Kombination aus den Farben rot und gelb auch eine Warnfarbe – so passt es genau zu dem Thema Gewalt gegen Frauen. Sie warnt vor häuslicher Gewalt an Frauen und Mädchen, aber genau diesen soll sie auch Mut zusprechen – Mut und Kraft geben, dass sie da wieder herauskommen. gib
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Autor:Gisela Böhmer aus Frankenthal |
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