1500 Menschen im Kreis Germersheim arbeiten im Gastgewerbe
Fachkräfte fehlen auch im Gastgewerbe
Pfalz. Touristen zieht es in heimische Betten: Die Pfalz verzeichnete im vergangenen Jahr 4,48 Millionen Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland. Das sind 5,7 Prozent mehr als im Vorjahr – und 19 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG Pfalz beruft sich dabei auf Angaben des Statistischen Bundesamtes, das die Beherbergungszahlen der deutschen Reisegebiete ausgewertet hat. NGG-Geschäftsführer Holger Winkow spricht von einer „starken Bilanz – die jedoch nur mit dem starken Engagement der Beschäftigten überhaupt möglich ist“.
Allein im Landkreis Germersheim beschäftigt das Gastgewerbe nach Angaben der Arbeitsagentur rund 1.500 Menschen. „Allerdings fehlen hier zunehmend Fachkräfte – auch, weil die Branche ein waschechtes Image-Problem hat“, ist Winkow überzeugt. Ein Hauptgrund: immer extremere Arbeitszeiten. Zwar gehöre das Arbeiten am Abend oder am Sonntag für Hotelfachleute und Kellner fest zum Job. „Aber in den vergangenen Jahren sind die Schichten deutlich länger und die Erholungszeiten kürzer geworden. Das macht nicht jeder ewig mit“, so der Geschäftsführer der NGG-Region Pfalz.
Winkow kritisiert insbesondere die Forderungen von Unternehmern, das Arbeitszeitgesetz zu lockern. „Geht es nach dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), dann sollen 13-Stunden-Arbeitstage bald zum Normalfall werden. Aber hier steht die Gesundheit der Beschäftigten auf dem Spiel. Nicht umsonst gibt es gesetzliche Grenzen“, so Winkow. Das Arbeitszeitgesetz schreibt eine Regelarbeitszeit von acht Stunden täglich vor. In Ausnahmefällen kann sie auf zehn Stunden ausgedehnt werden.
NGG warnt vor ausufernden Arbeitszeiten
„Die guten Übernachtungszahlen und steigende Umsätze zeigen, wie groß der Einsatz der Beschäftigten in der Gastronomie und Hotellerie ist“, sagt Winkow. Im Kreis Germersheim arbeiteten gerade gelernte Fachkräfte „längst am Limit“. Die dürfe man nicht mit „Horror-Arbeitszeiten“ verprellen. Schon jetzt falle es der Branche schwer genug, Schulabgänger für eine Ausbildung zu gewinnen.
Die NGG warnt davor, das Gastgewerbe zum „Vorreiter für ausufernde Arbeitszeiten“ zu machen. Bei einer aktuellen Branchenumfrage der Gewerkschaft gaben 81 Prozent der Befragten an, ihre Arbeitsbelastung habe in den letzten Jahren zugenommen. Fast jeder Zweite muss demnach in der Freizeit für den Betrieb einspringen.
Dabei betreffen ungewöhnliche Arbeitszeiten auch viele andere Wirtschaftsbereiche. Bundesweit arbeitet mittlerweile jeder vierte Beschäftigte regelmäßig am Wochenende, so der aktuelle Mikrozensus. Das sind rund neun Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und 700.000 mehr als noch im Jahr 2010. In der Hotellerie und Gastronomie liegt die Quote der Wochenendarbeiter sogar bei 86 Prozent, hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ermittelt. ps
Autor:Wochenblatt Archiv aus Germersheim |
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