Ottersheim und gbs Rhein-Neckar eröffnen den sechsten Evolutionsweg in Deutschland
Ein Jahr von der Idee zum Abschluss
Ottersheim, 28. August 2021. (ho) Der erste Evolutionsweg in Rheinland-Pfalz ist seiner Bestimmung übergeben: In Ottersheim im Donnersbergkreis kamen Politik, Säkulare Humanisten – gbs Rhein-Neckar und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger und weitere Interessierte zusammen, um den Lehrpfad mit 20 Tafeln offiziell zu eröffnen.
Ottersheims Ortsbürgermeister Rüdiger Kragl nannte die Eröffnung „einen besonderen Tag für Ottersheim“ und den Lehrpfad einen „kulturellen und touristischen Zugewinn“ für den zur Verbandsgemeinde Göllheim gehörenden Ort. Dessen Errichtung in nur einem Jahr – von der Idee über die Beschlussfassung im Gemeinderat bis zum praktischen Aufbau – habe deutlich gemacht, was ehrenamtliches Engagement und Gemeinsinn, auch das Ergebnisse der Evolution des Menschen, zustande bringen können.
Wie wir wurden, was wir sind
Dirk Winkler, 1. Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Säkulare Humanisten – gbs Rhein-Neckar, machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass die Unterstützung durch die Freiwillige Feuerwehr sowohl beim Aufbau als auch im Rahmen der Eröffnung ein Novum bei der Errichtung eines Evolutionsweges darstellt.
Winkler wies darauf hin, dass wir heute dank moderner Wissenschaft mehr darüber wissen, wie wir als Menschen wurden, was wir sind. 4,1 Milliarden Jahre zeigten „die Einzigartigkeit unserer Existenz und aller Lebewesen“. Und um diese lange Zeitspanne begreifbar zu machen, wurde dieser Weg entwickelt. Das verband er mit dem Dank an Marianne Mauch, Friedrich Coradill, Stefan Dewald und Dr. Karl-Heinz Büchner, die das Konzept für die inzwischen sechs Evolutionswege in Deutschland entwickelt haben, sowie an Bernd Kammermeier, der die 20 Tafeln gestaltet hat.
Ein Lehrpfad am richtigen Ort
Auch Rainer Guth, Landrat des Donnersbergkreises, freute sich mit der Gemeinde Ottersheim und wünschte, dass viele Schülerinnen und Schüler sowie Touristen hierher kommen ins Violental, um sich die Evolution zu erlaufen. Er verwies auch darauf, dass dieser Weg gewiss nicht am falschen Ort errichtet wurde, schließlich befinde er sich im Schatten des Donnersberges, der vor 250 Millionen Jahren als Perm-Vulkan entstanden und nicht explodiert sei. Gewissermaßen ein Zeuge des evolutionären Prozesses also, zumal er in der Folge von vermutlich rund 6000 Metern auf seine heutige Höhe von gerade mal 684 Meter geschrumpft sei.
Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Göllheim, Steffen Antweiler, sieht im Evolutionsweg einen wichtigen kulturellen Beitrag für die Gesamtgemeinde. „Das Interesse bestätigt, dass es eine gute Idee und hier der richtige Platz ist, einen solchen Weg anzulegen“, sagte Antweiler mit Blick auf die zahlreichen Anwesenden.
Evolutionäre Vorgänge erfordern anderes Denken
Dr. Karl-Heinz Büchner, Vorstandsmitglied der gbs Rhein-Neckar und Gemeinderat in Ottersheim, wies darauf hin, dass man mit Blick auf die Evolution anders denken müsse. „Wir Menschen sind es gewöhnt, ziel-, zweck- und richtungsorientiert zu denken“, so der Mitinitiator des Evolutionsweges. Die Evolution hingegen habe keinen Sinn, keinen Grund, keinen Zweck. Sie bestehe vielmehr aus Kopierfehlern, die irgendetwas bewirkt hätten – etwa einen neuen Stoffwechselprozess“. „Die Evolution“, so sein Fazit, „hat nie aufgehört, die Veränderungen dauern an bis zum heutigen Tag und gehen immer weiter“.
Büchner skizzierte als Vorbereitung auf die Führungen über den Evolutionsweg die Beweggründe für die Entwicklung eines solchen: Viele Menschen glauben nicht an die Evolution. Aber die Evolution ist keine Glaubensfrage, sondern eine wissenschaftliche Tatsache. Und genau das zeigen die jetzt insgesamt sechs Evolutionswege, die die Säkularen Humanisten – gbs Rhein-Neckar nach diesem Konzept bisher deutschlandweit aufgebaut haben.
Der Weg ist das Ziel
Die Stationen richten sich streng an wissenschaftlichen Erkenntnissen aus. Also werden auf den 20 Tafeln nicht unbedingt die wichtigsten Entwicklungsschritte im evolutionären Prozess erklärt, sondern die wissenschaftlich am besten belegten. Dazu gehören natürlich die Entstehung der Erde, aber auch die ersten Spuren von Leben auf der Erde, der Beginn der Photosynthese oder auch die Landgänge von Pflanzen und später Wirbeltieren.
So kommt es, dass, je näher das Ende des Weges rückt, die Abstände zwischen den Schildern immer kürzer werden. Je mehr sich die Jetztzeit nähert, desto mehr Nachweise sind vorhanden.
Wie kurz der Weg des Menschen auf der Erde ist, beschreibt die Tafel über die Hominiden, also die menschartigen Wesen: Zwar sind bereits für uns unvorstellbare 18 Millionen Jahre vergangen, seit sich in Afrika eine Gruppe von Säugetieren zu tagaktiven menschenartigen Affen entwickelt hat. Und doch nimmt die weitere Entwicklung des Menschen auf der Erde auf dem gesamten 1,1 Kilometer langen Weg nur 4 Meter ein. Der „moderne Mensch – Homo sapiens“ umfasst gerade mal die letzten 5 cm des Weges. Nach dieser Rechnung würde die Zeit seit Beginn des Ackerbaus durch den Menschen lediglich 2 Millimeter lang sein. Und der Zeitraum vom Bau der Pyramiden bis heute – das sind etwa 4.100 Jahre – nähme nur 1 Millimeter in Anspruch.
Genug Information und noch mehr offene Fragen, die am Ende des Ottersheimer Evolutionsweges bei einer kleinen Feier diskutiert werden konnten.
Autor:Bernhard Hochlehnert aus Göllheim |
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