Mindesthebesätze
Die Landesregierung geht unschön mit uns um
Hauenstein (Südwestpfalz). Die Regierung von Rheinland-Pfalz drängt derzeit die Gemeinden in ihrem Land massiv zur Erhöhung von Steuern und Abgaben. Die meisten davon haben sich mittlerweile in Ratsbeschlüssen diesem Druck gebeugt, in der Regel mit Begründungen wie „unausweichlich“ und Zusätzen wie „nur zähneknirschend“. Hauensteins Ortsbürgermeister Michael Zimmermann fand am Montagabend (30. Jan. 2023) beim Jahresempfang seiner Gemeinde diesbezüglich deutliche Worte: „Das ist ein starkes Stück!“.
Die Bürgerschaft stelle sich zu Recht die Frage, „warum sind die Steuern so hoch“, anerkannte Michael Zimmermann mit Bezug auf die jüngste Erhöhung von Gewerbe- und Grundsteuern. Hintergrund sei, dass vom Verfassungsgericht des Landes das Finanzausgleichsgesetz für verfassungswidrig erklärt wurde. „Da hat sich die Landesregierung gedacht, das Geld, das ihr (die Gemeinden) von uns bekommt, müsst ihr zuerst euren Bürgerinnen und Bürgern aus der Tasche ziehen. Tun wir das nicht, behandelt uns das Land als ob wir höhere Einnahmen hätten. Auch die Umlagen, die wir an die Verbandsgemeinde sowie den Landkreis abführen, werden entsprechend berechnet.“
Hintergrund sei der vom Landtag mit Regierungsmehrheit und gegen die Stimmen der Opposition gefasste Beschluss, die „Mindesthebesätze“ für Gewerbe- und Grundsteuern deutlich zu erhöhen, führte Michael Zimmermann im nachfolgenden Gespräch mit dem Verfasser aus. „Wir sind am untersten Rand geblieben“, betonte er. „Diese Einnahmen sind umlagepflichtig. Über drei Viertel des Geldes gehen an den Landkreis und die Verbandsgemeinde. Dabei werden wir nach dem Willen des Landes in jedem Fall so behandelt, als ob wir die Mindestsätze erheben würden. Wenn wir das nicht tun, und das ist die große Gemeinheit, wird so getan als ob wir das Geld hätten, und wir müssen auch von dem Geld das wir nicht haben Umlagen bezahlen - und mit dem Rest sollen wir dann auskommen. Das kann sich eine Ortschaft natürlich nicht leisten. Wir würden auch keine Zuschüsse bekommen, weil die daran gebunden sind, dass Gemeinden ihre Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen.“ Auch könne dann die Kommunalaufsicht alles aus dem Gemeindehaushalt streichen was nicht zu den „Pflichtaufgaben“ gehört, zur „elementaren Daseinsfürsorge“. Es bliebe nichts übrig, von Gemeinschaftsleben bis Blumenschmuck. „Die Landesregierung geht unschön mit uns um“, kommentiert Michael Zimmermann.
In seiner Ansprache im gut besuchten Bürgersaal bedauerte der Ortsbürgermeister auch die zusätzlichen Belastungen der Bürgerschaft durch allgemeine Preissteigerungen. Zudem habe die Corona-Pandemie „komplett beeinträchtigt“. Erfreut verwies er auf die gestiegenen Einwohnerzahlen und dass es gelungen sei, „das (gemeindeeigene) E-Werk auf neue Füße zu stellen“ (wir berichteten).
Dank dem Neubaugebiet „Am Sonnenhang“ seien viele junge Familien gekommen oder in Hauenstein geblieben, berichtete er weiter. Man habe die Flächen zu relativ günstigem Preis anbieten können. Auf dem Gelände der früheren Friedenskirche sollen bis zu elf Bauplätze entstehen. Auch das Interkommunale Gewerbegebiet „Neufeld“ habe sich als „Erfolgsmodell“ erwiesen. Fast alle Parzellen seien verkauft und es sei gelungen mit „Stabila“ (Annweiler) eine Weltfirma zu gewinnen (wir berichteten).
Das Deutsche Schuhmuseum sei saniert und neu gestaltet worden (wir berichteten). „Mit dem Glas-Anbau sind wir allerdings in die Phase der Preisexplosion geraten“. Beim Kindergarten-Neubau sei man im veranschlagten Rahmen geblieben, was „eher ungewöhnlich bei öffentlichen Bauten“ sei. Man habe auch dort auf Ökologie geachtet, von Zisterne zur Regenwassernutzung bis Photovoltaik auf dem Dach. Wanderwege seien verbessert und vieles anderes gemacht worden.
„Dass wir in unserem schönen Ort noch eine so gute Infrastruktur haben, ist nicht selbstverständlich für einen Ort dieser Größe. Die kann nur Bestand haben, wenn sie genutzt wird“, appellierte Michael Zimmermann, der auch das regelmäßige Programmangebot von „Kultur im Dorf“ ansprach und den dafür engagierten dankte.
Die touristische Infrastruktur hingegen sei „etwas unser Sorgenkind“, seit ein großes Hotel geschlossen hat. Wenn ein geeignetes Konzept vorgelegt wird, könnte die dort gültige Veränderungssperre aufgehoben werden, offerierte der Ortsbürgermeister.
Man wolle als Gemeinde zusätzliche Photovoltaikanlagen errichten sowie der Bürgerschaft durch Sammelkauf zu erwerbende „Balkonkraftwerke“ vergünstigt anbieten, einschließlich fachlicher Unterstützung. Das Freibad soll mit energiesparender Technik ausgestattet werden. Mit der (gleichnamigen) Verbandsgemeinde spreche man derzeit über die Errichtung einer Außenstelle des Standesamtes im Schuhmuseum.
Das in Hauenstein (seit 1958) bestehende bislang aktive Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen werde aufgehoben, sprach Michael Zimmermann bedauernd an. Man wisse noch nicht, was die Diözese mit dem Gelände beabsichtige.
Autor:Werner G. Stähle aus Hauenstein |
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