Der Heddesheimer Kurt Klemm hört auf
Der Tierpapa geht in „Rente“

Immer wieder waren auch junge Eichhörnchen bei Klemm „Gastkinder“.  | Foto: ha
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  • Immer wieder waren auch junge Eichhörnchen bei Klemm „Gastkinder“.
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Heddesheim. Er war mit seinen Schützlingen ein gerngesehener Gast auf den Titelseiten unseres WOCHENBLATTS. Kurt Klemm hat sich über 60 Jahre um verwaiste und verletzte Vögel, Eichhörnchen, Hasen, Igeln und was sonst noch fleucht und kreucht gekümmert. Immer wenn „Not am Tier“ war, war der Heddesheimer ein gefragter Ansprechpartner und Helfer. Der Mann mit dem „Herz für Tiere“ leidet inzwischen selbst unter Herzproblemen und kann daher die zeitaufwendige Pflege hilfebedürftiger Feder-, Fell und Stachelträger nicht mehr leisten.

„Mit großem Bedauern und schweren Herzens, muss ich Euch leider mitteilen, dass ich aus gesundheitlichen Gründen in Zukunft keine Tiere mehr aufpäppeln kann“, teilte Kurt Klemm auf seiner Facebook-Seite mit und fügte an: „Dieser Entschluss ist mir bestimmt nicht leicht gefallen, habe ich doch in den über 60 Jahren ehrenamtlicher Arbeit unzählige Vögel sowie andere Wildtiere der Natur zurückgeben können.“ Die Liebe zu den Tieren steckt bei der Familie Klemm in den Genen. Bereits sein Vater Karl hatte das richtige Händchen im Umgang mit wuscheligen Vier- und gefiederten Zweibeinern, die Hilfe benötigten. „Schon im Alter von zwölf Jahren durfte ich meinem Papa helfen diese hilflosen und verletzten Tiere zu pflegen“, lässt Kurt Klemm wissen.

„Da mein Vater berufstätig war und Schüler in der damaligen Zeit noch nicht so verplant waren wie heutzutage, fiel mir recht bald tagsüber die Pflege der Findlinge zu“, berichtete der Heddesheimer. Mit der Zeit habe er sich immer mehr von seinem Vater abgeschaut und bald darauf die ersten tierischen Päppelkinder in eigener Verantwortung übernommen. „Ich war 15 Jahre alt, als ich die ersten Füchse aufgezogen habe“, erzählt der Natur- und Tierfreund. Per Zufall sei er einem Landwirt begegnet, der mit einem seiner Traktorräder in einem Fuchsbau eingebrochen war. „Der Bauer hatte es nicht so mit den Füchsen gehabt, und wollte dem winzigen Nachwuchs-Quartett den Garaus machen“, erinnert sich Klemm. Ihm taten die Tierchen leid und deshalb bat er darum, sie mitnehmen zu dürfen. Die Bitte wurde dem Buben gewährt, die Aufzucht gelang und die vier Mini-Reinecke durften mit ihrem „Herrchen“ an der Hundeleine spazieren gehen. Später wurde das Quartett an einem geschützten Ort in die Freiheit entlassen.

Immer wieder waren auch junge Eichhörnchen bei Klemm „Gastkinder“. „Wenn ein Sturm bläst und der Kobel, wie das Nest der Eichhörnchen bezeichnet wird, nicht richtig befestigt ist, fegt es das Jungvolk schon einmal aus der Behausung“, weiß Klemm. Die Aufzucht erfolgt heutzutage mit fertiger Katzenmilch aus den Tierfutter-Regalen. „Bevor man die wieselflinken Kletterkünstler in die Natur entlässt, muss man ihnen allerdings erst einmal ihr zukünftiges Futterangebot, wie beispielsweise Wal- und Haselnüsse zeigen. Nur so bekommen sie auf ihrem Weg zurück in die Natur mit, was sie „da draußen“ an Knabberzeug erwartet“, lässt Klemm wissen.

Gern erinnert sich der Heddesheimer auch an eine Rabenkrähe, die er aufgepäppelt hatte. „Wenn ich morgens zur Schule ging, war der Vogel mein fliegender Begleiter und setzte sich im Schulhof auf einen Baum. Der Rückweg erfolgte auf die gleiche Weise“, erzählt Klemm und fügte schmunzelnd an: „Der Lehrer war von meinem rabenschwarzen Freund nicht sehr begeistert, für die Schüler war unsere Ankunft nämlich stets ein Hingucker.“

Nach rund zwei Jahren entdeckte der Rabe allerdings eine neue Liebe und wandte sich einer Partnerin zu. „Mitunter entstehen auf diese Weise „herzliche Verbindungen“, räumt der Tierfreund ein, deshalb muss man rechtzeitig etwas auf Distanz gehen, wenn die Tiere in ihr natürliches Lebensumfeld zurückkehren sollen.“ Von einigen Vögeln wurde der Ersatz-Papa aber auch schon mal „angebalzt“. „Sie hatten halt Ihresgleichen noch nicht entdeckt und sahen in mir wohl eine Art Verehrer und Ernährer“, scherzte Klemm. Ein besonderes Vertrauensverhältnis hat ein Sperling zu seinem Ziehvater entwickelt. „Den habe ich vor vier Jahren aufgezogen und er besucht mich noch heute. Wenn die Tür zum Garten offensteht, fliegt er ins Wohnzimmer und schilpt vor sich hin.“

Den Vögeln widmete sich Klemm insbesondere, seit er ins Rentenalter gekommen war. Sie zählen nämlich zum anspruchsvollsten Klientel an Pfleglingen, da geht die Arbeit morgens los und endet erst am Abend. Insbesondere Mauersegler und Schwalben sind keine einfachen Kostgänger. „Unter den Dächern herrscht oft unerträgliche Hitze, so dass der Nachwuchs, noch nicht flügge, aus den Nestern springt“, weiß Klemm. Ohne die Unterstützung seiner Ehefrau Inge hätte er das Pensum zeitweise nicht gepackt. „Sicher war das Aufpäppeln der Tiere oftmals mit sehr viel Mühe und Arbeit verbunden, aber sie haben mir auch sehr viel zurückgegeben und ich habe in dieser Zeit viel über die Natur und ihre Zusammenhänge gelernt – ein Wissen, das mir keine Universität mit auf meinen Lebensweg hätte geben können. Tipps gibt Kurt Klemm weiterhin gerne weiter. Aktuell berät er den Tennisclub Großsachsen bei der naturnahen Gestaltung des Außengeländes. ha

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Kurt Klemm war 15, als er die ersten Füchse aufzog.   | Foto: ha
Autor:

Christian Gaier aus Mannheim

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