Mit anderen Sinnen: „Kultur im Dunkeln“ in der Schloss-Schule Ilvesheim
Von Roland Kohls
Ilvesheim. Hier hört man ein Tuscheln, dort das Rücken eines Stuhls, die kleine Unebenheit im Boden spürt man an den Füßen und dort einen leichten Lufthauch. Die Sinne sind maximal geschärft, aber man sieht nichts: absolute Dunkelheit. Man liefert sich bei „Kultur im Dunkeln“ den Schülerinnen und Schülern der Schloss-Schule Ilvesheim aus, die die Gäste zu ihrem Platz führen. Wenn dann aber die Musik beginnt, ist es ein einmaliges Erlebnis. So intensiv nimmt man die einzelnen Instrumente, ihr Zusammenspiel sonst niemals wahr. Einmal im Monat bietet die Schule für sehbehinderte und blinde Menschen ein Konzert im Dunkeln.
Die Gäste erleben das Konzert, als würden die Musiker nur für sie spielen, berichtet Gunter Bratzel, der als Lehrer an der Schule die Konzerte organisiert. Schnell vergessen sie, dass sie ein öffentliches Konzert besuchen. Die Gäste trauen sich eher mitzusingen oder kommentieren die Show, als würden sie zu Hause auf dem Sofa sitzen. Wer die ersten Minuten in der Dunkelheit aushält, ist begeistert. Die Gäste finden es in der Regel auch toll, von den Schülern an den Platz geführt zu werden. Für die Schülerinnen und Schüler ist es die Umkehrung der Verhältnisse. Während sonst sie darauf angewiesen sind, in ungewohnter Umgebung von anderen geführt zu werden, sind sie es nun, die die Gäste führen. „Unsere Schüler*Innen lieben das“, sagt Bratzel. Entsprechend gut wird die AG „Kultur im Dunkeln“ von den Jugendlichen angenommen. Die einzige Schwierigkeit ist, dass die Schüler auch die Musik „aushalten“ müssen – nur bei experimentellem Jazz erlaubt Bratzel den Schülern draußen zu warten. Aber immer wieder hört er, dass sich die Schüler auch auf Musik einlassen, von der sie vorher nicht so begeistert waren.
Eine besondere Situation ist es auch für die Musiker. Auch sie agieren in absoluter Dunkelheit. Während sie sich normalerweise mit einem Blick verständigen, muss bei den Konzerten in der Schloss-Schule alles vorher abgestimmt und einstudiert sein. Die Musiker müssen für das Konzert intensiv proben, damit alle Einsätze sitzen. Wenn dann während des Konzerts eine Saite reißt, haben die Musiker ein echtes Problem, sagt Bratzel. Aber eigentlich alle Musiker, die sich dieser Herausforderung gestellt haben, sind ebenfalls begeistert. „Für mich ist es immer etwas schwierig, den Bands beizubringen, dass sie weniger bekommen, dafür aber mehr leisten müssen“, sagt Bratzel.
Mit einem Höhepunkt startet die Reihe „Kultur im Dunkeln“ am Donnerstag, 29. September, ab 20 Uhr in die neue Saison. Mit ihrer Mischung von Pop bis klassischer Musik, von Operette bis Barbershop und von Chansons bis Volksliedern aus den Heimatländern der Sänger bietet der „MGV Walhalla zum Seidlwirt“ ein Upgrade des Genres „Männergesangsverein“ für das 21. Jahrhundert. Der Klamauk mit dem Publikum zwischen den Stücken ist Markenzeichen des internationalen Ensembles, das sich auf den Bühnen der großen Konzerthäuser der Welt genauso heimisch fühlt wie in Berliner Szenekneipen und auf Pop-Festivals. Weiter geht es dann am Donnerstag, 6. Oktober, mit „Doghouse Roses“, Alternative Folk Music aus Glasgow und dem „Ditzner/Lömsch Duo“ im Rahmen von Enjoy Jazz, dem internationalen Festival für Jazz und Anderes am Dienstag, 18. Oktober.
Weitere Informationen:
Nähere Informationen und das Programm findet man online unter www.schloss-schule-ilvesheim.de/kultur-im-dunkeln
Autor:Roland Kohls aus Ludwigshafen |
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