Pfalztheater-Schauspiel im Zirkuszelt
Das Licht im Kasten
Hereinspaziert und Vorhang auf! Nach einer langen Durststrecke hat das Pfalztheater endlich wieder eine große Bühne, etwas anders als gewohnt: Sie ist im Zirkuszelt. Und so schwebte über der ersten Zelt-Premiere ein Hauch von Spannung, Vorfreude und der Geruch von frischem Popcorn. Am Ende war es ein gelungener Neustart mit begeistertem Applaus für die wochenlange Arbeit des Teams hinter den Kulissen der Zirkusbühne und die großartige Leistung des Schauspielensembles für den Modezirkus auf der Bühne.
Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen - unter diesem Motto hat das Pfalztheater diesen außergewöhnlichen Spielort am östlichen Stadtrand gefunden. 410 Plätze bietet das Zelt und fast alle waren am Premierenabend besetzt. Auf dem Programm: Das Schauspiel „Das Licht im Kasten“ von Elfriede Jelinek. Die Texte der provozierenden Literaturnobelpreisträgerin sind eine Herausforderung für alle Schauspieler und Schauspielerinnen. Die Bühne wird zum Laufsteg, aber auch zu einer rasenden Drehscheibe. Eindringlich, bunt, nachdenklich, tragisch und zugleich humorvoll und lustig ist das Stück. Es geht um das, was wir sind und dem, was wir darstellen wollen. Und nichts dient mehr der Darstellung als Mode, zumindest dann, wenn wir uns von anderen abgrenzen wollen. Die Erkenntnis, dass Konsum nicht glücklich, und schon gar nicht unsterblich macht, hält uns noch lange nicht davon ab, immer weiter zu kaufen. Und da kommt auch schon der blaue Paketbote ins Spiel, dem partout keiner der Nachbarn die zig Pakete abnehmen möchte. Und so hat der Modezirkus viele Facetten: Jesus trägt stylische Boxershorts mit der Aufschrift „Emporio Christo“, Miss Piggy erscheint gewohnt in Pink mit Federboa und auch die sehr auf ihr Äußeres bedachte Sisi ist mit bekannter Flechtfrisur und prächtigem Kleid auf der Modebühne. Durch alle Jahrhunderte bis zu H&M und „Chill“ Sander, von Armani zu billiger Massenware, vom Laufsteg bis in die katastrophalen Produktionsstätten und absurder Preispolitik lässt das Stück keine Facette des schönen Scheins außen vor. Doch die Glücksgefühle nach dem Kaufrausch halten nicht lange an, denn dummerweise lügt der Spiegel nicht. Die Ernüchterung nach dem Kauf folgt schnell: Man ist selbst nicht der oder die Schönste im Land, sondern immer die in der Werbung. Und so bringt die Mode mit Sicherheit eines ans Licht: die eigene Vergänglichkeit.
Das Highlight des Abends ist das gesamte Schauspielensemble, das eine unglaubliche Präsenz auf die Bühne bringt. Hannelore Bähr ist so wunderbar schrecklich konfrontiert mit dem Älterwerden, und das Publikum leidet unsäglich mit, wenn sie schluchzend ihren Mantel beerdigt. Und auch Tausendsassa Oliver Burkia kostet seinen Facettenreichtum voll aus. Die meisten Lachtränen fließen wohl, wenn er als amerikanisch sprechende Baumwolle auf der Bühne erscheint. Was macht eigentlich der Maulwurf an der Bar? Viele weitere Aha-Effekte des temporeichen und spielfreudigen Ensembles seien hier nicht verraten. Das Stück ansehen kann man nur empfehlen.
Trotz einer neuen Bühne, eines völlig anderen Aktionsraumes, einem anderen Klang und Mikrofonen zur besseren Akustik in dem großen Zelt zünden alle Schauspielerinnen und Schauspieler in zig Kostümen und schnellen Wechseln ein Feuerwerk der Texte ab und halten der Modewelt den Spiegel vor. Einen solchen gibt es an diesem Abend als Geschenk für die Gäste. Darauf steht: Schauen Sie mal rein! Dem ist nichts hinzuzufügen.
Weitere Infos und Karten gibt es hier.
Autor:Petra Rödler aus Kaiserslautern |
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