Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde
Pfälzisch – Vortrag von Dr. Post
Kaiserslautern. Das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde (ipgv) lud am 21. Juni zu einem Vortrag von Dr. Rudolf Post ein, assistiert wurde er dabei von Dr. Walter Sauer, seinem Verleger von der Edition Tintenfaß (seit 2001) aus Neckarsteinach. Trotz der großen, schwülen Hitze kamen rund 50 Gäste.
Vor kurzem erschien das rundum überarbeitete Werk „Pfälzisch – Sprachkultur in der Pfalz und der Kurpfalz“ in der dritten Auflage. Dr. Sabine Klapp moderierte an und lobte das Buch, es werde ein „Standard“ sein, wie auch die Rheinpfalz berichtete – womöglich für die nächsten Jahrzehnte, ergänzte sie.
Post definierte ausgehend von großräumigen Klassifizierungen wie Ober-, Mittel- und Niederdeutsch, was pfälzisch bedeutet, wo es landschaftlich verortet ist und begründete seine Aussagen mit vielen Karten, die von Sprachgrenzen durchzogen sind, wie Perd/Gaul/Ross oder die Zeh/der Zeh/der Zehb/der Zehwe. Man kann selbstverständlich auch erkennen, wo jemand herkommt , z. B. am Wort Kaufen: in der Südpfalz und nördlich der Linie Kusel/Rockenhausen kääfe, ansonsten verbreitet kaafe, das nahmen denn auch die Emigranten mit, was sich dergestalt in Karten der Neuen Heimat spiegeln lässt.
In Randzonen wie südöstliches Saarland oder Gebiete in Rheinhessen verwehren sich so manche, auch mit Sachliteratur, "pfälzisch" zu sein, gehören aber laut Post dazu.
Post zeigte den Gästen Karten aus Pennsylvania und Osteuropa, mit Schwerpunkten Banat oder die Wolgadeutschen, deren Sprache sich fast unverändert 200 Jahre hielt. Stalin deportierte diese Ethnien z. B. nach Kasachstan. Nach dem Ende der Sowjetunion setzte wie bekannt eine große Auswanderungswelle an, wobei die Mundart bis auf Reste verschwand. Im dritten Teil der Filmreihe „Heimat“ von Edgar Reitz wird das thematisiert.
Post benannte Beispiele für den Einfluss des Jiddischen, Wörter wie Schlamassel oder Moos sind jedem geläufig. Natürlich kommen rein von der Historie viele französische Lehnwörter vor, da sei jetzt nur mal das allseits beliebte "Allez hopp" erwähnt.
Der Dozent kam auf die Geschichte der Sprachforschung zu sprechen, wies auf engagierte Menschen wie Theodor Zink oder Ernst Christmann hin, die sich Mundartwörter und ‑sätze auf (Kartei-)zettelchen notierten, diese wurden in einem großen Schrank im Vorläufer des Instituts gesammelt, um dann später zusammen mit Tonbändern u. a. Dokumenten ausgewertet zu werden. Post war langjährig als Leiter in der Arbeitsstelle des „Pfälzischen Wörterbuchs“ tätig. Nach Vollendung des 6‑bändigen Werks (mit Beiheft) wandte er sich dem Badischen zu.
Die Mundartdichter, insofern sie eigene Werke publizierten, wurden vielfach genannt, auch ihre Verdienste in Mundartwettbewerben. Paul Münch aus Kaiserslautern (Die pälzisch Weltgeschicht) durfte selbstverständlich nicht fehlen. In einer projizierten Namensliste waren Frauen grün markiert und in der Minderheit.
Sehr schön, dass er Gäste zum Lesen von Gedichten einlud, z. B. von Franz von Kobell und Karl Gottfried Nadler, und die konnten das so richtig gut. Wichtige Kriterien sind lautgetreue Wiedergabe und leichte Lesbarkeit.
Unter den Gästen war die sehr erfolgreiche Mundartdichterin Helga Schneider, welche Post in seiner Laudatio zum Preis der Emichsburg 2020 würdigte, denn sie hat „durch ihre Sprach- und Formkunst mit dazu beigetragen, dass heute Gedichte und Texte in Pfälzisch gleichberechtigt neben solchen in der Standardsprache akzeptiert werden und bestehen können“.
Am Schluss ein Appell, das Pfälzische als immaterielles Kulturerbe zu erhalten, es lebendig wirken zu lassen und an die nächsten Generationen weiterzugeben. Die Dichterin Renate Demuth aus Hohenecken betont in ihren Mundart-Lesungen immer wieder, das Rheinfränkische zu bewahren und zu fördern.
Bei der abschließenden Fragerunde erzählte ein Gast von der damaligen Unterdrückung der Mundart im Schulunterricht, was er sehr bedauerte. Jemand anderes spekulierte, wann das Pfälzisch im allgemeinen „Einheitsbrei“ untergehen würde – in 3, 4 oder 5 Generationen? Ein weiterer Besucher stellte fest, dass in Mundartwettbewerben erfolgreiche Personen ohne Solo-Publikation nicht im Buch vorkamen, er nannte exemplarisch Manfred Dechert, geb. in Kaiserslautern.
Drei Tage später, am 24. Juni, verstarb überraschend im Alter von 72 Jahren Roland Paul, vormaliger Direktor des ipgv und der Pfalzbibliothek. Seine Verdienste lagen schwerpunktmäßig in der Forschung über die Auswanderungsbewegungen der Pfälzer sowie Naziverbrechen gegenüber den Juden.
Autor:Peter Herzer aus Kaiserslautern |
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