Pfalztheater Tanz: Großartiger „Othello“ von James Sutherland
Und das alles für Nichts

Othello (Huy Tien Tran) und der Narr (Luca Zahn) | Foto: Pfalztheater/Etter
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Von Petra Rödler

Kaiserslautern. Stehende Ovationen und lang anhaltender Applaus – das war die Belohnung des Publikums für die meisterlich choreografierte und brillant getanzte Geschichte von Liebe, Leidenschaft, Vertrauen, Neid, Missgunst und Verzweiflung. Mit „Othello“ bringt Chefchoreograf James Sutherland die Geschichte des erfolgreichen Generals, der am Ende an sich selbst und seinem Umfeld scheitert, spannend und emotionsgeladen auf die Bühne des Großen Hauses im Pfalztheater.

Der erfolgreiche General Othello (Huy TienTran) und sein Fähnrich Jago (Ermanno Sbezzo) verbindet eine tiefe Freundschaft und Loyalität. Durch die Liebe zur jungen Senatorentochter Desdemona (Jura Wanga) wird Othello zunehmend ein Teil der Oberschicht. Als er dann auch noch Cassio (Davide Degano), einen unerfahren jungen Militär aus der Oberschicht, zu seinem Stellvertreter macht, keimt in Jago die Eifersucht auf. „Es liegt an uns selber, ob wir so sind oder so“, zitiert der Narr (Luca Zahn). Aber Jago entscheidet sich gegen die Vernunft und gibt enttäuscht und verletzt seinen Trieben nach. Auch seine Frau Emilia (Camilla Marcati) schafft es nicht, ihn zu besänftigen. Nach und nach gelingt es Jago, sein gesamtes Umfeld in seine Intrige einzubinden. So macht er unter anderem Cassio betrunken, was zu dessen Degradierung durch Othello führt. Der dunkelhäutige Othello, der in der Gesellschaft immer noch ein Außenseiter ist, beginnt zunehmend an seiner Frau zu zweifeln. Und Jago treibt ihn immer weiter in die Eifersucht ...
James Sutherlands dramatische Geschichte ist ein meisterhaftes Zusammenspiel von Tanz, Musik und Sprache. Ein Tanzensemble auf höchstem Niveau, das präzise, zart, leise, laut und dann wieder sehr schnell und kraftvoll auf der Bühne agiert. Ein herausragender und athletischer Huy Tien Tran als Othello, ein ausdrucksstarker Ermanno Sbezzo als Jago und eine fantastische Jura Wanga als Desdemona hauchen den Protagonisten Leben ein. Sie tragen das schwarze Tuch, das am Ende zum Verhängnis wird, durch das ganze Stück. Das Wechselbad der Gefühle sind getanzte Emotionen. Beeindruckend ergänzt wird die Leistung des Tanzensembles durch den Schauspieler Luca Zahn, der die Shakespeare-Texte, sowohl in Deutsch als auch im englischen Original hervorragend spricht. Er schafft es, dass die Sprache zur Musik für die Tänzer wird. So zum Beispiel, wenn er schnell und rhythmisch den Kernsatz des Stückes „I will deny thee nothing“ (übersetzt: Ich werde dir nichts verweigern) immer wieder spricht. Genial und überraschend der Effekt, wenn er den Dialog zwischen Jago und Cassio mit „Welcome Jago ...“ beginnt und die komplette gesprochene Szene von den beiden tänzerisch umgesetzt wird.
Die Musik aus verschiedenen Epochen, die das Pfalztheaterorchester auf ebenso höchsten Niveau umsetzt, allen voran die Soloviolinistin Anna Sopie Dauenhauer, hat einen großen Anteil an der Emotionalität des Stückes. Da geht vom wunderschönen liebevollen Pas de deux von Othello und Desdemona, nur begleitet von Klavier, Geige und leisen Glockentönen über Barockmusik, wenn die Gesellschaft in goldener Kleidung (von Rosa Ana Chanzá) tanzt, bis hin zu modernen Klängen, die die Zerrissenheit von Othello so spannungsgeladen erzeugt, dass der Zuschauer über die Musik und den Tanz förmlich in das Stück hineingezogen wird. Spannung pur. Optische Akzente setzt auch das Bühnenbild, das geprägt ist von Stacheln. Sie spiegeln das Innere Othellos wieder, stehen aber wohl auch symbolisch für den Stachel, den Jago immer weiter in Othello treibt, und der diesen am Ende zum Äußersten und in die Katastrophe treibt. Der schwarze Narr tötet seine Frau in rasender Eifersucht. Am Ende klärt Emilia den Irrtum auf. Sie will nicht lügen. „Das Tuch, von dem du sagst, fand ich durch Zufall und gab´s meinem Manne ...“ Die Original-Sätze „spricht“ Tänzerin Macati in Gebärdensprache. Othello hat für nichts getötet. Der Narr bringt es mit seinen letzten Worten auf den Punkt: „For nothing!"
Es ist beeindruckend, wie viel mehr Tanz ausdrücken kann, wenn man nicht nur nach dem Takt tanzt. Viel mehr als es Worte sagen könnten. Und wenn dann noch Worte und Musik dazukommen, wird daraus ein emotional gewaltiges und spannendes Werk. Ein Tanzabend a la James Sutherland, den man erlebt haben muss.

Autor:

Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens

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